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Onkel Horatios 1000 Sünden

Onkel Horatios 1000 Sünden

Titel: Onkel Horatios 1000 Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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im Salon schlug vier. «Wo bleibt nur Alastair mit dem Tee?» fragte er. «Sei ein guter Junge und mach dem Küchenpersonal ein wenig Beine.»
    «Aber du hast den Leuten doch Ausgang gegeben», erinnerte Teddy ihn. «Selbst Dawn ist verschwunden.»
    «Ganz recht, ganz recht. Ich dachte, dadurch würde unsere kleine Abendgesellschaft ungezwungener werden. Natürlich kommen nur ganz wenige Leute - Sir George Peach, der General, und ein oder zwei andere aus dem Club. Ich nehme an, wir können uns an einem kalten Imbiß, bestehend aus pâté de foie gras und Whisky, ausreichend laben. Vielleicht werden die Einsätze ein wenig hoch werden, und ich habe entdeckt, daß es jedem Gentleman lieber ist, beim Verlieren nicht von Dienstboten beobachtet zu werden. Du weißt doch sicher, wie man Fantan spielt?» erkundigte er sich und schüttete einen kleinen Stoß von Reiskörnern auf den vor ihm stehenden Tisch.
    «Ich habe bloß in Romanen davon gelesen, Onkel, und da heißt es immer, daß es von unheimlich aussehenden Chinesen gespielt wird.»
    «Ach, keine Spur! Obwohl sich genügend unheimlich aussehende Chinesen herum treiben, da an jeder Straßenecke die chinesischen Restaurants aus dem Boden schießen. Chop-suey und Chips. Puh!» Er schüttelte sich. «Fantan ist ein Spiel, das großen Scharfsinn und Geschicklichkeit erfordert und das ich sehr liebe. Ich decke eine unbekannte Anzahl von Reiskörnern mit einer umgestülpten silbernen Zuckerdose zu», führte er vor. «Nachdem ich die Dose entfernt habe, schiebe ich nun die Körner zu jeweils vieren mit der Kante dieses elfenbeinernen Brieföffners weg. So...» Teddy sah aufmerksam zu, wie sich der Stoß verringerte. «Wie du rasch begriffen haben wirst, bleibt ein Rest von drei, zwei oder einem Reiskorn zurück, oder gar nichts. Man wettet im vorhinein, wie groß dieser Rest sein wird.»
    «Ja?» fragte Teddy.
    «Das ist das ganze Spiel», sagte sein Onkel ziemlich ungeduldig. «Es ist in den Nachtclubs von Macao ungemein beliebt. Ich habe die Absicht, es binnen kürzester Zeit in London zur großen Mode zu machen.»
    Schweigen. Lord Brickwood hantierte mit dem Reis und seinem Brieföffner herum. In seinem Fauteuil sitzend, ließ Teddy seine Augen wieder zu dem Manuskript eines achthundert Seiten starken Romans über das Liebesieben von Leuten in einer Art Religionsgemeinde in Arizona zurückwandern. Er war bis zu einem interessanten, aber ziemlich verworrenen Abschnitt über eine der Damen und ihren Psychoanalytiker vorgedrungen, aber er starrte die beschriebene Seite an, ohne zu lesen. Ernste Fragen lasteten auf seinem Gemüt. Teddy war ein vertrauensseliger Mann, aber aus dem Nichts hatte sich eine kleine Wolke hervorgeschoben wie die Hand eines Polizisten.
    In der Woche, die seit der Mitteilung über seine Verlobung mit Grace Prothero verstrichen war, hatte sich das Wesen Onkel Horatios verändert. Zwar war er ab und zu noch genauso großmütig und herzlich wie früher, aber er litt unter Niedergeschlagenheit und Launen und floh aus der überfüllten Wohnung, um Dawn in seinem Schlafzimmer zu diktieren. Teddy vermutete zwar, daß diese Wandlung nichts weiter sein mochte als die Akklimatisierung oder auch eine Verdauungsstörung, aber er war doch verwundert, daß ein Mann, der eben den Weg zur lebenslänglichen
    Glückseligkeit eingeschlagen hatte, sich so verhielt. Er erinnerte sich, daß er zu Beginn seiner Bekanntschaft mit Abigail durch die Wohnung getorkelt war, wie ein Hochofen geseufzt und Oden an ihre Augenbrauen geschrieben hatte. Aber vermutlich benahm man sich in vorgeschrittenem Alter gefaßter. Vielleicht sehnte sich der alte Knabe nach Mrs. Prothero, überlegte er, da sie nun wieder nach Edinburgh abgereist war, um alle Vorbereitungen für die Hochzeit zu treffen. Onkel Horatio sparte nicht an kostspieligen Ferngesprächen mit ihr, obwohl es sonderbar war, fand Teddy, der an seine eigenen Ergüsse dachte, daß er nie Anstalten traf, ihr zu schreiben.
    Die nächste Station von Teddys Überlegungen war Abigail. Nach jenem Essen mit McInch war er fest entschlossen gewesen, seinem Onkel reinen Wein einzuschenken, aber irgendwie hatte es stets an der richtigen Gelegenheit dazu gefehlt. Man weiß ja, wie das so geht. Man kann dem nächsten und liebsten Menschen das umfassendste Geständnis machen wollen, aber wenn das Leben heiter dahinfließt, hat man nicht das Herz, die gute Stimmung zu zerstören, und wenn böse Tage kommen, neigt man erst richtig nicht dazu,

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