Onkel ist der Beste
Schafe sie für Gebell halten«, sagte Terry. »Aber für gewöhnlich sehen sie durch mich hindurch und machen gelangweilte Mienen. Alan ist der einzige, der den Hochmut aus ihren albernen Gesichtern vertreibt.«
Aus Terrys Mund bedeutete dies ein Lob, weil er sonst immer geneigt war, jegliche männliche Tüchtigkeit außer seiner eigenen nicht gelten zu lassen. Daraus schloß Robert, daß der junge Mann Alan Winter mochte. Er war froh, daß Terry jetzt die ihm gegenüber zunächst gezeigte mißtrauische Reserviertheit abzulegen begann.
Da die Schur knapp bevorstand, begann man mit dem Zusammentreiben an einem frühen Morgen. Um acht Uhr kamen Judy und Terry in die Küche, gefolgt von einem untersetzten, dunklen jungen Mann, den Judy als Alan Winter vorstellte. Die Mutterschafe waren widerspenstig und der Morgen schon heiß. Judy sah besonders unordentlich aus, doch Alan, der sie nicht aus den Augen ließ, schien daran nichts Schlechtes zu finden. Robert studierte am Frühstückstisch das Gesicht des jungen Mannes. Der feste Mund, die offenen freundlichen Augen gefielen ihm. Von Terrys Charme und gutem Aussehen hatte Alan nichts, doch schien er über wertvollere Eigenschaften zu verfügen.
Die Rede kam auf den zukünftigen Verwalter. Dora meinte: »Alan, wenn du nur frei wärst! Du wärst natürlich ideal. Aber dein Onkel braucht dich ja.«
»Ja, zumindest, bis er wieder bei Kräften ist. Aber Sie werden ganz sicher jemand bekommen. Hoffentlich sehr bald. Judy sieht erschöpft aus.«
Sie sah hastig auf und sagte schnippisch: »Das kann ich nicht mehr hören. Es bedeutet doch nur, daß ich besonders häßlich aussehe.«
Alan sah sie mit komischer Verzweiflung an. »Hab’ ich wieder was Unpassendes gesagt? Mrs. Moore, warum bringen Sie mir nicht mehr Takt bei?«
Am Abend trafen die Schafscherer ein, das Wetter war schön. Das Leben wurde noch anstrengender, wobei der Großteil der Arbeit auf den Schultern eines zwanzigjährigen Mädchens und eines unerfahrenen Jungen lastete. Robert fühlte sich in diesem Bienenstock wie eine Drohne. Auch Dora hatte seiner Ansicht nach zuviel zu tun.
»Du mußt für vier Mann kochen? Und wo essen sie?«
»Für sechs, weil Terry und Judy auch noch da sind, manchmal sogar Alan. Sie essen hier drinnen am Küchentisch. Die Schlafstellen sind außer Haus, aber das Kochen bleibt mir überlassen. Nein, nein, es ist nicht so schwer, wie es aussieht. Judy hat es viel schwerer, weil wir in den Stallungen der Winters scheren. Unsere eigenen Pferche fallen fast zusammen, und zu Reparaturen hat niemand Zeit. Das bedeutet, daß die Schafe eine Meile die Straße hinauf getrieben werden müssen und Judy die Leute im Wagen zum Essen und wieder zurück transportieren muß.«
»Warum nicht Terence? Der könnte doch sicher fahren?«
»Natürlich, er ist ein sehr guter Fahrer, doch zu seinen Bewährungsauflagen gehört, daß er nicht auto- oder motorradfahren darf. Er hat immer schon Judy mit dem Auto beispringen wollen, aber wir können es nicht riskieren, nicht mal für diese Meile, und außerdem habe ich ein Versprechen gegeben.«
»Der Junge muß diesen Teil der Strafe als sehr hart empfinden. Ich habe beobachtet, daß er ein uneigennütziger Mensch ist und Judy gerne helfen würde.«
»Er ist einer der nettesten Menschen, die ich je kennengelernt habe. Judy und er sind wie Bruder und Schwester.«
Während der Schur begann der Tag bereits in der Morgendämmerung, doch Dora wollte, daß ihr Onkel dadurch nicht behelligt werde. Er sollte zur gewohnten Zeit aufstehen und mit ihr gemütlich frühstücken, wenn der Wirbel vorüber war. So kam es, daß er erst um die Mittagszeit gewahr wurde, daß seine Nichte für die Männer nicht nur kochte, sondern ihnen auch das Essen servierte. Die zwei Scherer waren Maoris und die zwei Wollsortierer junge Weiße von armseligem Aussehen. Dora meinte, daß sie die Maoris viel angenehmer und umgänglicher finde.
»Das Aussehen der zwei Weißen hat mir gar nicht gefallen, und Judy nimmt gemeinsam mit ihnen die Mahlzeiten ein. Dabei sehen die zwei nicht einmal reinlich aus«, sagte Robert.
»Lieber Onkel, du wärst auch nicht rein, wenn du aus einem Schurschuppen kommst. Sie tun ihr Möglichstes und waschen und kämmen sich, bevor sie sich zum Essen setzen.«
»Ich verstehe. Mir kommt das alles merkwürdig vor, aber ich bin ja altmodisch. Auf etwas allerdings muß ich bestehen, wenn ich während einer so arbeitsreichen Zeit hier bleiben soll. Du mußt mir
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