Onkel ist der Beste
ihn ein großes Opfer, weil das Leben hier für ihn langweilig und unkomfortabel wäre. Aber wir würden ihn so gern bei uns sehen.«
Ihr bittender Ton weckte Cyril aus seinem unruhigen Schlaf. Der Hund stand auf, blickte erstaunt von einem zum anderen und kam zu dem Schluß, daß Robert der Grund der Störung sei. Er ging auf ihn zu und setzte sich vor ihn. Alle lachten, froh darüber, daß die Spannung gewichen war. Dora sagte: »Siehst du, wie er alles versteht? Ein sehr gescheiter Hund. Lieber Onkel, wie könnten wir glücklich sein, wenn wir uns vorstellen müßten, daß du mutterseelenallein in einer Pension lebst?«
»Gut, ich bleibe«, sagte Robert, der undeutlich fühlte, daß er eine Torheit beging, sich dabei aber in seltsam gehobener Stimmung befand. »Ich bleibe wirklich gern.«
4. Kapitel
Robert erwachte am andern Morgen in niedergeschlagener Stimmung. Unglaublich töricht hatte er sich benommen, als er sich diesem seltsamen fremden Haus für ein Jahr ausgeliefert hatte. Ja, noch ärger, er würde mit zwei Frauen zusammenleben müssen, die er kaum kannte und von denen eine sich ihm gegenüber schon alarmierende Freiheiten herausgenommen hatte, und in engster Tuchfühlung mit einem Jungen aus der Besserungsanstalt. Er mußte total verrückt gewesen sein.
Merkwürdig daran war nur, überlegte er, daß er, nachdem er so überstürzt gehandelt hatte, die ganze Nacht gut und traumlos geschlafen hatte. Kein Zweifel, er fühlte sich so ausgeruht und munter wie seit Monaten nicht mehr. Sein Haus in Christchurch bot zwar unendlich mehr Komfort, es stand aber trotz des großen Gartens direkt an einer Straße. Man wurde vom gedämpften Verkehrslärm geweckt und nicht von Vogelgezwitscher und dem Geplätscher fließenden Wassers wie hier. Man erwachte außerdem mit dem öden Wissen über den genauen Ablauf des Tages.
Als Judy ihm seine Tasse Tee brachte, sagte sie: »Hast du gut geschlafen? Ich war so aufgeregt wegen allem, daß ich sehr lange wachlag, aber das hat mich nicht gestört, weil es so viele nette Dinge zu überlegen gab.«
Er freute sich, und beim Frühstück sagte er: »Ich werde Powell heute schreiben. Dabei weiß ich noch nicht, wie ihr hier eure Post aufgebt.«
»Mit dem Milchwagen. Der Fahrer nimmt um diese Jahreszeit unseren Postsack dreimal in der Woche nach Marston mit. Im Winter nicht so häufig. Aber Johnny nimmt es mit der Post nicht genau. Wenn der Brief wichtig ist, dann gehe ich lieber selbst hin und gebe ihm den Brief persönlich«, bot Judy ihm ihre Hilfe an.
»Ich möchte sicher sein, daß er pünktlich abgeht. John Powell ist ein Freund, der für ein paar Monate ein möbliertes Haus sucht. Seine Schwester kommt mit ihrer Familie nach Christchurch, und mein Haus würde genau passen. Natürlich müßte ich mir monatliche Kündigung ausbedingen, weil es sich als notwendig erweisen könnte, daß ich sofort zurück muß.«
Ruhig sagte Dora: »Sehr vernünftig. Auf diese Weise steht es dir völlig frei, hier zu bleiben, solange du willst.«
Ein wenig verlegen erwiderte er: »Und dir, Dora, mir zu sagen, wann du genug von mir hast.«
Judy lachte. »Ihr seid geradezu übervorsichtig. Jetzt bin ich sicher, daß uns allen eine wunderbare Zeit ins Haus steht.«
Alles in allem erschien es ihm aber klüger zu telegrafieren, nachdem er von Johnnys Eskapaden mit dem Postsack zu hören bekommen hatte. Das Telegramm lautete: »Vermiete das Haus mit monatlicher Kündigungsfrist«, und sein Brief erklärte dann deutlicher: »Meine Nichte hat mir liebenswürdigerweise vorgeschlagen, ich solle eine Zeitlang bei ihr bleiben. Ich halte meine Rückkehr für unnötig, da ich alles in Ordnung zurückgelassen habe. Meine persönlichen Sachen kannst du im kleinen Schlafzimmer abstellen. Ich lege eine Liste jener Dinge bei, die ich dich bitte mir zu schicken.«
Am Abend vorher hatte er einen Brief von Mrs. Mills erhalten. Er schrieb ihr jetzt: »Es freut mich zu hören, daß für Ihre Tochter die Chance einer völligen Heilung besteht und daß die Kinder wohlerzogen sind. Ich meinerseits habe beschlossen, hier zu bleiben, da meine Nichte mich dazu überredet hat. Mein Zimmer ist sehr behaglich, meine Nichte eine hervorragende Hausfrau — auch nach den Maßstäben, die ich von Ihnen gewöhnt bin. Daher können Sie meinetwegen unbesorgt sein. Bis zu Ihrer und meiner Rückkehr habe ich mein Haus an Mr. Powells Schwester vermietet. Ich hoffe, von Ihnen hin und wieder zu hören.«
Während
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