Onkel ist der Beste
er schrieb, hörte er, wie vor seiner Tür Judy offenbar zu Terry sagte: »Schon gehört? Onkel Robert will länger hier bleiben«, und die Antwort: »Ich nehme an, das ist für dich ein Grund zur Freude?«
»Und ob. Mama und ich sind begeistert, und du wirst es auch sein, wenn du ihn erst näher kennst.«
»Im Augenblick mußt du meine nur mäßige Begeisterung entschuldigen.«
»Um Himmels willen, hör mit der Angeberei auf und laß diese hochtrabenden Ausdrücke.«
»Dann sage ich bloß, man wird ja sehen.«
»Was wohl heißen soll, daß du ihn nicht leiden kannst?«
»Ganz im Gegenteil. Trotz seiner mißbilligenden Miene, wenn er in meine Richtung blickt. Ein recht anständiger alter Knabe auf seine Art.«
Während dieses Gesprächs hatte Robert eine Reihe von Hustengeräuschen von sich gegeben, die völlig ignoriert wurden. Zum Glück wurde die Diskussion an diesem Punkt abgebrochen, doch sie hinterließ bei Robert ganz unmotivierte Heiterkeit. Ein unverschämter Junge natürlich, aber wenn man mit ihm zusammenleben mußte, würde sich alles bestimmt geben.
Als erstes mußte man jetzt einen Verwalter suchen. Nach reiflicher Überlegung hatten sie den schlauen Plan gefaßt, in ihrer Anzeige kein festes Gehalt zu erwähnen. Dann würde sich vielleicht ein Menschenfreund finden, der für vierzehn oder nur zwölf Pfund in der Woche käme. Mit hochgespannten Erwartungen schickten sie die Anzeige an das Lokalblättchen und die städtischen Zeitungen.
Sie erschien eine Woche lang; das Ergebnis war niederschmetternd.
Es kamen ein einziger Antwortbrief und zwei Anrufe. Der Brief strotzte von Rechtschreibfehlern und gab zu erkennen, daß der Schreiber »für den Anfang« wenigstens zwei Pfund über den festgesetzten Lohn verlangte und mit guten »Rewerenzen« dienen konnte. Außerdem kenne er sich in der Landwirtschaft gründlich aus. »Vierzehn Pfund für eine solche Type«, bemerkte Judy geringschätzig. »Denk dran, der Mann wird mit uns zusammenleben. Nein, warten wir lieber ab. Wir bekommen sicher bald bessere Antworten.«
Die Anrufe erwiesen sich als ebenso unbrauchbar. Einer kam von einem Einwanderer, der seit seiner Ankunft vor einem Jahr auf einer Milchfarm gearbeitet hatte, sich auf Grund dessen zutraute, ihre schwierige Farm mit gemischter Wirtschaftsform zu übernehmen, und großmütig mit einem Anfangswochenlohn von sechzehn Pfund beginnen wollte. Der zweite Bewerber schien besser, weigerte sich aber, den Job näher in Betracht zu ziehen, als er hörte, daß die Farm dreißig Meilen von der Eisenbahn und einer, wie er es nannte, »richtigen Stadt« entfernt lag.
»Was Kino und Kneipe bedeutet«, sagte Terry. »Er wäre für uns nur eine Last, besonders wenn der Durst über ihn kommt.«
Das alles war erstaunlich für Robert, der erkannte, daß Farmarbeiter ebenso schwierig zu bekommen waren wie Haushälterinnen. Judy sagte: »Wir müssen eben sechzehn Pfund anbieten, dann bekommen wir vielleicht etwas Besseres, aber warten wir ein paar Tage damit, bis die Lämmer geschoren sind. Die Männer können anfangen, sobald sie den Schuppen fertig haben, an dem sie bauen. Wir möchten uns die Wolle nicht mit Hutuwai verderben.«
Robert erfuhr, daß Hutuwai eine Klette war, die auf zweitklassigen Hügelweiden auftritt, sich in der Wolle verfilzt und damit ihren Wert beträchtlich mindert.
Sie entschieden, daß die Schur Vorrang vor allem besaß, und Dora sagte: »Alan hat heute morgen angerufen. Er wird dir beim Zusammentreiben helfen, wann du willst. Das finde ich reizend von ihm, da er doch besonders viel Arbeit hat, wenn sein Onkel nicht da ist.«
Sie erklärte, daß Alan Winter seinem Onkel Andrew auf der Nachbarfarm helfe. Der Alte war ein Witwer, hatte verheiratete Töchter, aber keine Söhne. »Vor kurzem wurde der Arme plötzlich krank und mußte zur Operation ins Krankenhaus. Er wird noch eine Zeitlang dort bleiben. Alan ist sehr nett, weil er uns so hilft«, schloß sie, doch Judy bemerkte ziemlich schroff, daß es ein Segen wäre, wenn sie einen Verwalter hätten und nicht auf Nachbarschaftshilfe angewiesen wären.
»Auf den Hängen lassen sich die Schafe sehr schwierig zusammentreiben. Wir müssen sie aber auf die vorderen Weiden bringen, damit wir sie rasch zur Hand haben, wenn die Schur beginnt. Terry ist zwar eine großartige Hilfe, er hat aber keinen Hund.«
»Ich sause auf einem geduldigen Esel umher, rudere mit den Armen und bringe Geräusche hervor, von denen ich hoffe, daß die
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