Onkel ist der Beste
jedoch nicht eher hergestellt, als bis die Gäste um fünf Uhr nachmittags aufbrachen, wobei der Wagenbesitzer bis zum Schluß über die schlechte Straße lamentierte. Dora sagte nachher entschuldigend: »Ich fürchte, der Tag war für alle sehr anstrengend, aber es wird sicher auch anders, wenn Elsa allein kommt. Es lag bloß an den vielen Fremden.«
Nachdem sich ihre Mutter entfernt hatte, meinte Judy wütend: »Es waren nicht die vielen Fremden. Es wird immer dasselbe sein, wenn diese Frau kommt. >Liebe kleine Judy, du warst immer ein Lausbub!< wird es heißen und: >Terry, ich habe deine Mutter gut gekannt< >Mr. Macalister, Sie müssen mir vom guten alten England erzählen.< Ich hasse diesen Typ.«
Robert mahnte: »Schließlich hat deine Mutter nicht viele ihrer alten Freunde in erreichbarer Nähe. Ich glaube, sie wird sich über die Besuche von Mrs. Ward freuen.«
»Das bezweifle ich, obwohl sie sich das nie anmerken lassen wird. Und außerdem wird Elsa nicht ihretwegen kommen«, sagte Judy düster. Und dann, scheinbar ohne Zusammenhang: »>Sie haben in Christchurch ein Haus, Mr. Macalister? Wie wunderbar! Ich liebe Christchurch...< Du mußt auf der Hut sein. Klein-Elsa ist eine Gefahr für gutaussehende Onkel!«
Robert stieß einen Laut des Unmuts aus, der wie »Pah« klingen sollte. Judy war wirklich ein boshaftes Kind. Sie hatte gegen Mrs. Ward eine unvernünftige Abneigung gefaßt. Der Gedanke, daß seine eigene Sicherheit wirklich gefährdet sein könnte, entlockte ihm ein Lächeln. Er war einundsechzig, ein staubtrockener alter Schulmeister. Kein Mensch konnte ihm auch nur ein Quentchen Charme nachsagen.
9. Kapitel
»Die anderen Verwalter, Bennett und so — ich nehme an, das waren ältere Männer?« fragte Robert Dora eines Morgens bald nach der Ankunft Colin Chapmans.
»Viel älter. Mitte vierzig etwa.«
Er machte ein nachdenkliches Gesicht. Wie würde Terry wohl auf diese Neuerung reagieren? Es war bereits jetzt eine gewisse Spannung fühlbar, und dies beunruhigte Robert, denn seit der Affäre Fenton hatte sich die Beziehung zwischen ihm und dem Jungen merkwürdig verändert. Terry war ihm zutiefst dankbar, doch hinderte ihn sein gekränkter Stolz daran, sein Gefühl in Worte zu fassen. Robert kannte die Jugend und wußte, daß Terrys freundliche, vertrauensvolle Haltung das Allerhöchste an Gefühlsausdruck war.
Ihm war auch klar, daß er wahrscheinlich den ersten männlichen Einfluß auf Terrys Leben ausübte. Terry war bis jetzt von Frauen beherrscht worden — von seiner Tante, Dora und Judy. Aus den Gesprächen mit dem Jungen wußte er, daß er alle seine Lehrer eigentlich gemocht hatte, mit ihnen aber in einem gutmütigen, leicht gönnerhaften Kriegszustand gelebt hatte. Er hatte sich gegenüber den Aufsichtspersonen im Heim gehorsam und vorsichtig verhalten, war ihnen aber nicht nahegekommen. Und jetzt hatte er jemanden gefunden, den er mochte und respektierte und den er nicht hinters Licht führen konnte.
Wollte er Roberts Zuneigung gewinnen, so mußte er sich ihrer würdig erweisen. Der Ältere kam ihm ohne Mitleid oder Verachtung entgegen. Unbewußt spürte Terry, daß, wenn es ihm gelang, Roberts gute Meinung zu erringen, er es geschafft hatte, seine im Heim verlorene Selbstachtung wiederzufinden.
Robert war sich dessen und auch seiner eigenen veränderten Haltung voll bewußt. Es gab Zeiten, da er sich der Sentimentalität gegenüber dem Jungen beschuldigte. Dann wieder fragte er sich mit gespieltem Zynismus, ob es denn seine Mission sei, diesen schwelenden Brand vor dem Aufflammen zu bewahren. Trotzdem mußte er zugeben, daß er Terry gern hatte und bei jedem Konflikt zwischen ihm und dem neuen Mann auf seiner Seite stehen würde.
Sehr bald schon sollten sich Schwierigkeiten ergeben. Zunächst war Chapman herzlich und freundlich zu Terry, als er entdeckte, daß sie beide dieselbe Schule besucht hatten, und bevor er erfuhr, wie kurz und spektakulär Terrys Aufenthalt dort gewesen war. Nach einer Fahrt zum Dorfladen, wo er offenbar die düsteren Einzelheiten aus Terrys Vergangenheit erfahren hatte, veränderte sich sein Verhalten mit fast unanständiger Plötzlichkeit. Er kehrte nun den Vorgesetzten hervor und erteilte Terry seine Anordnungen wie einem Knecht, der nicht aufmucken durfte.
»Hat gar keinen Zweck, daß du zum Zusammentreiben mitkommst. Du hast keinen Hund, also wäre es reine Zeitverschwendung. Grabe lieber den Gemüsegarten um.«
Judy errötete unter
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