Onkel ist der Beste
können, weg von dieser emsigen und hartnäckigen kleinen Person.
Gegen Abend machte sie ein bekümmertes Gesicht und klagte über Schwierigkeiten, die sie mit der besonderen Atmosphäre Oxfords hatte. Nach dem Dinner, als Judy mit wütendem Gesicht den Tisch abräumte, sagte sie einschmeichelnd: »Ich stecke in einer argen Klemme, Mr. Macalister. Kommen Sie, helfen Sie mir heraus!«
In der Küche meinte Judy düster: »Das ist noch gar nichts gegen die Klemme, in der Onkel Robert bald stecken wird, wenn ihn niemand rettet. Terry, hab doch ein Herz! Denk daran, wie er dir in der Sache mit Fenton geholfen hat. Es liegt an dir!«
Später hatte sie das Gefühl, daß diese Bemerkung unklug gewesen war, ja sogar fast eine Herausforderung darstellte. Es gibt nichts, was er nicht täte, wenn man ihn herausfordert, dachte sie beunruhigt.
Der Abend schien für Robert kein Ende zu nehmen. Die Unterhaltung hatte sich auf ein Duett zwischen ihm und Mrs. Ward reduziert, und als sie ihn plötzlich um Informationen über die Geschichte eines bestimmten Colleges in Oxford bat, war er froh, sich entschuldigen zu können. Er wollte ein Buch suchen, das ihr vielleicht weiterhelfen konnte. Es war kalt in seinem Zimmer, doch als Terry einige Minuten später an seine Tür klopfte, hatte es Robert mit dem Buch gar nicht so eilig. Er saß vielmehr an seinem Schreibtisch, und Terry sagte später, daß es der gehetzte Ausdruck im Gesicht des alten Knaben gewesen sei, der in ihm einen Entschluß habe reifen lassen. Er bat Robert um einige Bogen Schreibpapier und ging wieder hinaus. Im Gang brannte Licht. Es war niemand da, der sehen konnte, wie Terry über ein loses Stück Teppich stolperte. Er raffte sich sofort auf und sah sich um. Ja, das war eine Falle. Er hielt inne und machte ein nachdenkliches Gesicht. Darauf drehte er das Ganglicht aus und ging.
Er setzte sich wieder in das Wohnzimmer, doch seine Aufmerksamkeit galt nicht dem Brief, den er angeblich schrieb. Er horchte vielmehr auf ein Stolpern im Gang. Wie lange würde Mr. Macalister so dasitzen, wie ein armer alter Hase, der sich in seinem Bau versteckt? Ja, Judy hatte recht! Es war höchste Zeit, daß ihm jemand zu Hilfe kam, auch wenn damit ein Risiko verbunden war. Es war aber nicht sehr wahrscheinlich, daß er sich verletzen würde.
Doch als dann das Geräusch ertönte, war es lauter, als Terry erwartet hatte. Er fuhr aus seinem Sessel auf, stürzte an die Tür und lief auf den Gang hinaus. Im Laufen knipste er das Licht wieder an und schämte sich mit einemmal, als er Robert auf dem Boden liegen sah. Großer Gott, der alte Knabe hatte sich doch nichts gebrochen?
»Nein, nein. Bin nur ein wenig durcheinander. Sehr dumm von mir, einfach so zu stolpern. Aber kein Grund zur Aufregung! Es sind nur ein oder zwei Prellungen. Mehr nicht.«
Terry hatte ihm auf die Beine geholfen und führte ihn mit großen Gewissensbissen in sein Zimmer. Judy und ihre Mutter folgten ihnen besorgt. Von der Tür des Wohnzimmers her warf Elsa einen Blick auf die Szene und trat dann hastig den Rückzug an.
»Wie böse du gestürzt bist, du Ärmster! Das war dieser dumme Teppich. Und ich wollte ihn noch heute festmachen!« sagte Judy.
»Ach was, alles meine Schuld. Sehr ungeschickt von mir, aber im Dunkeln bin ich ziemlich verloren«, erwiderte Robert.
»Im Dunkeln? Aber hat denn das Licht nicht gebrannt? Es sollte immer brennen, wenn jemand über den Gang geht!« rief Dora.
»Es ist meine Schuld, Mrs. Moore«, sagte Terry. »Ich ging eben in Mr. Macalisters Zimmer und habe im Vorübergehen das Licht ausgemacht. Das war sehr dumm von mir.«
Judy sah schnell zu Terry hin und wieder weg, aber Robert sagte nur: »Ganz natürlich. Man macht automatisch das Licht aus, besonders, wenn man dauernd ermahnt wird, Strom zu sparen. Und wie gesagt, es ist ja gar nichts passiert.«
»Vielleicht nicht, aber ins Bett mußt du nun«, sagte Dora. »Das war ein böser Schock, und du brauchst Ruhe.« Zu ihrer Verwunderung war er einverstanden. Das Bett würde erholsam sein, weniger wegen seines Sturzes als wegen der energiegeladenen und redseligen Mrs. Ward vor dem Kamin im Wohnzimmer.
Dora lief, um eine Wärmeflasche und Brandy zu holen. Im Gang blieben Judy und Terry eine Weile allein. Sie flüsterte: »Warst du das?« Doch er verweigerte die Antwort und sagte bloß: »Quatsch nicht. Das ist unsere Chance. Komm und mach weiter mit bei dem guten Werk!«
Sie murmelte: »Du bist ein abgefeimter Teufel!«, folgte
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