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Onkel Robinson

Onkel Robinson

Titel: Onkel Robinson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jule Verne
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zu.
    Als Flip fertig war, tastete er in seiner Tasche nach der Streichholzschachtel, die er als eingefleischter Raucher immer bei sich hatte. Er kramte auch in seinen weiten Hosentaschen, konnte aber zu seiner großen Verblüffung die gesuchte Schachtel nicht finden.
    Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Mrs. Clifton starrte ihn an.
    »Was bin ich doch dumm!« sagte er achselzuckend. »Die Streichhölzer sind in der Tasche meiner Bluse.«
    Seine Matrosenbluse hatte er im Boot liegengelassen. Er stieg hinein, nahm die Bluse und durchwühlte sie: keine Schachtel. Der Seemann erbleichte. Vielleicht war ja die Streichholzschachtel ins Boot gefallen, als die Kinder mit der Bluse zugedeckt waren.
    Er stöberte im Boot herum, suchte in sämtlichen Ecken, unter dem Vordersteven, zwischen den Spanten. Nichts. Er hatte die Schachtel ganz offensichtlich verloren.
    Ihre Lage war nun äußerst ernst. Der Verlust der Streichholzschachtel war nicht wettzumachen. Was sollte ohne Feuer aus ihnen werden? Flip ließ sich zu einer Geste der Verzweiflung hinreißen. Mrs. Clifton ging zu dem Seemann; sie hatte alles begriffen. Wie sollten sie ohne Streichhölzer Feuer machen? Flip konnte zwar mit seinem Messer aus einem Feuerstein Funken schlagen, doch fehlte ihnen der Zunder. Der hätte sich durch verbrannte Wäsche ersetzen lassen, doch dazu hätten sie wiederum Feuer gebraucht. Die von den Wilden angewandte Methode, bei der Feuer durch Aneinanderreihen von zwei trockenen Holzstücken erzeugt wird, brauchten sie gar nicht erst zu probieren, denn dazu war nicht nur eine besondere Holzart vonnöten, über die Flip nicht verfügte, sondern man mußte darin auch sehr geübt sein.
    Flip sah nachdenklich vor sich hin und wagte gar nicht, zu Mrs. Clifton aufzublicken, zu ihren unglücklichen Kindern, zu diesen armen Wesen, die am ganzen Leibe zitterten. Mrs. Clifton ging zum Felsen zurück.
    »Nun, Flip?« fragte Marc den Seemann.
    »Wir haben keine Streichhölzer, Monsieur Marc«, antwortete Flip tonlos.
    Da griff Marc zu der Matrosenbluse. Er drehte sie nach allen Seiten, durchsuchte die Innen-und Außentaschen. Plötzlich entfuhr ihm ein Schrei.
    »Ein Streichholz!« sagte er.
    »Ach, wenn wir nur eines, ein einziges hätten«, rief der Seemann, »dann wären wir gerettet!«
    Flip nahm die Bluse wieder an sich, und wie Marc fühlte tatsächlich auch er im Futter ein kleines Stück Holz. Seine klobigen Hände zitterten. Durch den Stoff hindurch hielten sie das Hölzchen fest, brachten es aber nicht heraus. Mrs. Clifton ging wieder zu ihm.
    »Geben Sie her, mein Freund!« sagte sie.
    Dann nahm sie die Bluse und zog das Holzstückchen heraus. »Ein Streichholz!« rief Flip aus. »Tatsächlich ein Streichholz mit Schwefel und Phosphor! Ach, das ist, als ob wir eine ganze Schiffsladung davon hätten!«
    Und der brave Seemann hüpfte vor Freude, umarmte die Kinder und mußte dabei die Tränen verbergen, die ihm über die Wangen liefen.
    »So«, sagte er, »jetzt haben wir ein Streichholz, das ist sehr gut, aber wir müssen vorsichtig damit umgehen und uns sehr genau überlegen, wie wir es benützen sollen.«
    Bei diesen Worten wischte Flip sein einziges Streichholz sorgfältig ab und vergewisserte sich schnell, daß es auch wirklich trocken war. Dann sagte er: »Jetzt brauchen wir Papier.«
    »Hier ist welches«, antwortete Robert.
    Flip nahm das Papier, das der Junge ihm hinhielt, und lief zu dem Holzstoß. Dort ging er wieder sehr umsichtig zu Werke und stopfte unter das Holz einige Handvoll Moos und trockenes Gras, welches er am Felsen aufgesammelt hatte und so anordnete, daß die Luft leicht hindurchziehen und die Zweige schnell zum Brennen bringen konnte. Das Stück Papier rollte er zu einer Tüte zusammen, wie Raucher das bei starkem Wind zu tun pflegen.
    Dann nahm er das Streichholz und hob einen trockenen Stein auf, eine Art rauhen Kiesel, um das Phosphor daran zu reiben. Schließlich kauerte er in einem möglichst geschützten Winkel am Fuße des Felsens nieder, und während Marc ihm zu aller Vorsicht noch seinen Hut hinhielt, rieb er ganz sanft das Streichholz an den Kiesel.
    Beim ersten Mal tat sich nichts. Flip hatte nicht fest genug gedrückt. Aber der arme Mann befürchtete eben, den Phosphor abzukratzen. Er hielt den Atem an. Die Schläge seines Herzens hätte man mitzählen können.
    Als er zum zweiten Mal sein Streichholz anriß, stach ein bläuliches Flämmchen empor, das einen beißenden Rauch verbreitete. Flip hielt das

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