Onkel Robinson
nach schob er lauter keilförmige Kiesel unter das Heck, bis es schließlich auf gleicher Höhe wie der Bug war. Der linke Bootsrand lehnte nun gegen die Felsen. Um diesen improvisierten Unterstand noch regenfester zu machen, breitete Flip über die Bootsseiten das Segel, so daß es bis zum Boden herabreichte. Das Ganze bildete somit eine Art Zelt, dessen festes Dach gegen die stärksten Böen gefeit war.
Des weiteren grub Flip aus dem Boden unter dem Boot Sand nach draußen, wo er ihn zu einer Abdichtung formte, um das Einsickern von Regenwasser zu verhindern.
Schließlich sammelten die Kinder und er noch schnell eine große Menge Moos, das am Fuß der Felswand wuchs. Es handelte sich dabei um eine verzweigte, bräunliche Moosart, um Felsmoos. Den sandigen Boden verwandelten sie damit in ein weiches natürliches Daunenbett, über das Flip vor lauter Entzücken ganz außer sich war.
»Ein Haus ist das, ein richtiges Haus«, sagte er immer wieder. »Ich glaube, daß man sich bisher über den Verwendungszweck von Booten getäuscht hat: Dächer sind das eigentlich, und man dreht sie nur um, wenn man damit auf dem Wasser fahren will! Also, meine jungen Herren, ins Nest, ins Nest!«
»Und wer paßt auf das Feuer auf?« fragte Mrs. Clifton.
»Ich, ich«, antworteten Marc und Robert gleichzeitig.
»Nein, meine jungen Freunde«, erwiderte der brave Flip, »überlassen Sie diese Aufgabe nur mir in dieser ersten Nacht. Später teilen wir dann die Wachen unter uns auf.«
Mrs. Clifton wollte sich mit Flip abwechseln, doch ließ sich der Seemann nicht darauf ein, so daß sie schließlich nachgeben mußte.
Bevor die Kinder unter das Boot krochen, knieten sie neben ihrer Mutter nieder. Sie beteten für ihren abwesenden Vater und flehten die Vorsehung um Hilfe an. Nachdem sie dann Mrs. Clifton, dem braven Flip und sich gegenseitig einen Gutenachtkuß gegeben hatten, kuschelten sie sich in ihr Moosbett. Die Mutter drückte Flip noch die Hand und schlüpfte dann ebenfalls unter das Boot. Der aufmerksame Seemann hingegen wachte die ganze Nacht über das wertvolle Feuer, das Regen und Wind unablässig auszulöschen drohten.
Fußnoten
1 Hohlmaß, das 0,93 l entspricht.
Kapitel 6
Die Nacht verlief ereignislos. Gegen drei Uhr morgens hörte es auf zu regnen. Mrs. Clifton, die von ihren traurigen Gedanken wachgehalten wurde, verließ vor ihren ruhig weiterschlafenden Kindern bei Tagesanbruch das Boot. Sie wollte Flip ablösen, und wohl oder übel mußte der Seemann sich ein paar Stunden lang hinlegen.
Um sieben Uhr wurde Flip vom Geplapper der Kinder geweckt, die schon am Strand umherliefen. Mrs. Clifton war mit der Toilette der beiden Kleinen beschäftigt, denen sie mit Süßwasser aus dem Fluß Gesicht und Hände wusch. Jack, der sich während dieser Prozedur sonst recht widerspenstig zeigte, protestierte diesmal gar nicht. Ein Fluß ist ja auch etwas ganz anderes als eine Waschschüssel.
Als Flip sich von seinem Bett aus Sand und Moos erhob, stellte er befriedigt fest, daß der Himmel sich aufgeheitert hatte. Am azurblauen Firmament standen nur vereinzelte hohe Wolken. Dieses schöne Wetter begünstigte die Pläne Flips, der an jenem Tag die Umgegend zu erkunden gedachte.
»Na, wie steht’s, meine jungen Herren?« rief er mit seiner fröhlichen Stimme. »Und wie geht’s Ihnen, Miss Belle, und Ihnen, Mrs. Clifton? Wenn ich bedenke, daß ich als letzter aufstehe, und das in meinem Alter!«
»Haben Sie etwa nicht die ganze Nacht über gewacht, mein Freund?« erwiderte Mrs. Clifton und reichte ihrem treuen Gefährten die Hand. »Kaum zwei Stunden haben Sie geschlafen.«
»Das genügt mir, Verehrteste«, antwortete Flip. »Ah, daran erkennt man die tüchtige Hausfrau. Der Kessel ist schon auf dem Feuer! Ja, wenn Sie alles selbst machen, Mrs. Clifton, dann brauche ich ja nur noch Däumchen zu drehen!«
Bei diesen Worten ging Flip zur Feuerstelle, an der der alte Kessel zwischen zwei von den Flammen schon ganz geschwärzten Steinen hing. Das Feuer prasselte lustig.
»Das ist vielleicht ein Wasser, nicht wahr? So ein schönes Wasser!« rief Flip, der mit bewundernden Ausrufen nicht sparte! »Und wie es schön kocht! Hört sich das nicht wunderbar an? Wie Vogelgezwitscher! Es fehlen uns ja vielleicht noch ein paar Teeblätter oder Kaffeebohnen, um ein anständiges Getränk daraus zu bereiten, aber das kommt schon noch; alles zu seiner Zeit! Also, meine jungen Herren, wer kommt mit auf Entdeckungsreise?«
»Wir, wir«, riefen
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