Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Onkel Robinson

Onkel Robinson

Titel: Onkel Robinson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jule Verne
Vom Netzwerk:
sich leicht an sie heranschleichen und sie mit einem Stock erschlagen.«
    »Also los!« rief Robert und wollte schon davonstürzen.
    »Nicht so schnell, Herr Ungeduldig!« rief der Seemann.
    »Nicht so schnell! Wenn Sie so hitzig sind, wird aus Ihnen nie ein richtiger Jäger!«
    »Ach, wenn ich nur ein Gewehr hätte!« sagte Robert.
    »Ob mit einem Gewehr oder mit einem Stock: Stets muß man es schlau anfangen. Wenn Sie erst mal in Reichweite sind, können Sie sofort losschießen oder losschlagen. Bis es soweit ist, jedoch immer mit der Ruhe. So! Jetzt machen Sie mir alles genau nach, und dann schaffen wir es vielleicht, Mrs. Clifton wenigstens ein Kurukus-Gericht mit nach Hause zu bringen.«
    Flip und Robert schlichen sich durch das Gras bis zu dem Baum, dessen untere Äste mit jenen Vögelchen vollbesetzt waren. Die Kurukus warteten dort darauf, daß die Insekten vorbeiflogen, von denen sie sich ernährten. Man sah, wie sie ihre bis zu den Klauen gefiederten Beine fest um die mittelgroßen Äste klammerten, die ihnen als Sitzplatz dienten.
    Die beiden Jäger waren also an ihrem Ziel angelangt. Robert zügelte seine Ungeduld und nahm sich vor, eine besonders fette Beute zu machen. Um so enttäuschter war er, als er merkte, daß er mit seinem Stock an das friedlich dasitzende Wild überhaupt nicht heranreichen konnte. Flip gab ihm daher durch Zeichen zu verstehen, er solle sich im hohen Gras verstecken. Der Seemann selbst sprang plötzlich auf und schlug die Kurukus reihenweise von den Ästen. Die über einen solchen Angriff völlig verblüfften Vögel kamen gar nicht auf den Gedanken, fortzufliegen, und ließen sich in dümmlicher Gelassenheit niedermetzeln. So lagen schon etwa hundert von ihnen auf dem Boden, als die anderen sich schließlich doch zur Flucht entschieden.
    Endlich durfte Robert sich rühren. Wenn er es auch noch nicht zu Jägerswürden gebracht hatte, so wurde er doch für fähig genug gehalten, um sich als Hetzhund zu betätigen. In dieser Rolle, für die er die idealen Voraussetzungen mitbrachte, leistete er Hervorragendes. Er kämpfte sich durchs Gestrüpp, sprang über die Stümpfe umgestürzter Bäume und raffte die verletzten Vögel zusammen, die sich unters Gras zu retten versuchten. Bald lagen neun bis zehn Dutzend davon auf einem Haufen.
    »Hurra!« schrie Flip »Damit ist schon eine beachtliche Mahlzeit zusammengekommen. Aber das genügt noch nicht. Dieser Wald muß vor Wild richtiggehend strotzen. Suchen wir weiter!«
    Wie Lerchen wurden die Kurukus auf Binsen aufgereiht, und dann setzten die Jäger unter dem Waldesgrün ihren Weg fort. Flip bemerkte, daß sich der Flußlauf leicht krümmte und einen Bogen in südlicher Richtung beschrieb. Als Beweis dafür diente ihm, daß ihn die Sonne nunmehr seitlich beschien und nicht mehr wie bisher von vorne. Allzuweit konnte aber nach Ansicht des Seemanns diese Abweichung nach Süden nicht fortdauern, da der Fluß ja am Fuße des Berges entspringen und sich vom Schmelzwasser der den Gipfel bedeckenden Schneemassen nähren mußte. Flip beschloß daher, weiter am Ufer entlangzugehen, und hoffte, daß sie bald aus dem Wald herauskommen würden, dessen Dichte keinen Blick auf die Umgegend zuließ.
    Flip wurde nicht müde, die prachtvollen Bäume zu bewundern; eßbare Früchte trug jedoch keiner von ihnen. Vergeblich suchte der Seemann nach irgendeiner der wertvollen Palmenarten, die sich im Haushalt zu so verschiedenerlei Verwendung eignen. Ihre Abwesenheit versetzte ihn zu Recht in Erstaunen, sind diese Bäume doch in der nördlichen Hemisphäre bis zum vierzigsten Breitengrad und in der südlichen bis zum fünfunddreißigsten anzutreffen. In diesem Wald jedoch waren nur Nadelhölzer vertreten, Douglasfichten etwa, die den an der Nordwestküste Amerikas wachsenden ähnelten, oder prächtige Tannen, die an der Basis sechzig Zentimeter Durchmesser hatten und bis zu sechzig Meter hoch waren.
    »Sind das schöne Bäume!« rief Flip, »aber leider können wir nichts damit anfangen!«
    »Vielleicht doch!« erwiderte Robert, der einen Einfall hatte.
    »Was denn?«
    »Wir können hinaufsteigen und uns von oben die Gegend anschauen.«
    »Und Sie glauben, Sie könnten …«
    Flip hatte seinen Satz noch gar nicht zu Ende gesprochen, als der Junge auch schon wie ein Katze auf die ersten Äste einer riesigen Tanne hinaufsprang. Mit einer unglaublichen Behendigkeit kletterte er empor, wobei ihm die günstige Anordnung des Astwerks zustatten kam. Der brave Flip

Weitere Kostenlose Bücher