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Onkel Robinson

Onkel Robinson

Titel: Onkel Robinson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jule Verne
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Angehörigen der Gattung Nager.
    Das Wasserschwein rührte sich nicht. Es starrte die beiden an und rollte dabei unentwegt mit den großen, aus einer tiefen Fettschicht herausglotzenden Augen. Vielleicht sah es zum ersten Male Menschen und wußte nicht, was es von ihnen zu erwarten hatte!
    Flip hatte die Hand fest um seinen Stock gelegt. Der Nager stand zehn Schritt von ihm entfernt. Da sah Flip zu Robert hinüber. Der bewegte sich genausowenig wie das Wasserschwein, hatte die Arme über der Brust gekreuzt und war sichtlich bemüht, sich zu beherrschen.
    »Gut«, sagte Flip und bedeutete ihm, sich nicht vom Fleck zu rühren.
    In kleinen Schritten begann er dann, das Dickicht, in dem das Tier verharrte, zu umgehen. Bald war er im hohen Gras verschwunden. Robert blieb wie angewurzelt stehen, doch seine Brust bebte. Unverwandt blickte er auf den Nager.
    So vergingen fünf Minuten, bis Flip plötzlich hinter dem Dickicht wieder auftauchte. Das Wasserschwein ahnte die Gefahr und drehte sich um, doch da fuhr auch schon Flips furchtbarer Stock wie der Blitz auf das Tier herab. Das am Hinterteil getroffene Wasserschwein stieß ein heftiges Grunzen aus. Und obwohl es schwer verletzt war, preschte es nach vorne, rannte Robert um und eilte durch den Wald davon.
    Auf Flips besorgtes Rufen hin stand Robert wieder auf und machte sich, noch ganz benommen von seinem Sturz, an die Verfolgung des schon arg angeschlagenen Nagers, den er bald einholen konnte. Als er sich aber gerade auf ihn stürzen wollte, tat das Tier noch einen letzten Satz und gelangte über den Rand des riesigen Waldes hinaus, der hier nicht an eine Wiese anschloß, sondern an eine weite Wasserfläche.
    Zu Roberts großer Überraschung war das Wasserschwein in den See gesprungen und darin verschwunden. Mit erhobenem Stock stand der Junge reglos da und starrte auf das sprudelnde Wasser. Bald kam Flip herbei. Die veränderte Landschaft gewahrte er gar nicht. Er dachte nur an sein Wasserschwein und fragte auch gleich danach.
    »Ach, ich bin so ungeschickt!« rief Robert. »Ich habe es entwischen lassen!«
    »Wo ist es denn jetzt?«
    »Da, unter Wasser!«
    »Dann warten wir darauf, Monsieur Robert! Bald taucht es zum Atmen wieder auf.«
    »Wird es denn nicht ertrinken?«
    »Nein, es hat ja Schwimmfüße. Das ist ein Wasserschwein, wie ich am Orinoko schon mehr als eines erlegt habe. Passen wir nur gut auf!«
    Flip ging am Ufer auf und ab und war diesmal noch ungeduldiger als Robert selbst. Jener Nager war nämlich in seinen Augen von unermeßlichem Wert. In ihrem Abendessen sollte er das Hauptgericht darstellen. Und tatsächlich täuschte Flip sich nicht. Nach einigen Minuten stieg das Tier kaum einen Meter von Robert entfernt aus dem Wasser. Der Junge stürzte sich auf das Wasserschwein und packte es an einem Bein. Flip eilte herbei, und im Handumdrehen war das Wasserschwein erdrosselt.
    »Gut! Gut!« rief Flip. »Aus Ihnen wird noch ein richtiger Jäger, Monsieur Robert! Diesen Nager werden wir bis auf die Knochen abnagen, und als Ersatz für unseren davongeflogenen Auerhahn kommt er uns gerade recht! Aber wo sind wir denn eigentlich hier?«
    Die Gegend war einer näheren Betrachtung würdig. Die große Wasserfläche war ein See, dessen östliches und nördliches Ufer von schönen Bäumen beschattet war. Der Fluß, der aus ihm hervorströmte, bildete gewissermaßen seinen Überlauf. Gegen Süden hin erstreckten sich etwas trockenere Uferpartien, die nur von vereinzelten Baumgruppen bestanden waren. Aus dem See, der an seiner breitesten Stelle einen Durchmesser von etwa einer Meile haben mochte, ragte in einigen hundert Fuß Entfernung vom Waldrand ein Inselchen empor. Von Westen her, durch eine Reihe von Bäumen, unter denen Flip einige Kokospalmen ausmachte, glänzte der Meereshorizont zu ihnen herüber.
    Der Seemann lud sich das Wasserschwein auf die Schulter und machte sich mit Robert in Richtung Westen auf den Weg. So gingen sie etwa zwei Meilen am Ufer entlang, bis sie zu einer Stelle gelangten, an der der See einen spitzen Winkel bildete und von der Küste nur mehr durch eine weite, sattgrüne Wiese getrennt war. Flip beschloß daher, zur Rückkehr auf den Lagerplatz diesen neuen Weg einzuschlagen. Eine Entscheidung, die sich als richtig erwies, denn als die beiden Jäger den Wiesenteppich hinter sich gebracht und auch die Linie der Kokospalmen durchschritten hatten, standen sie am Ende jener südlich gelegenen Felswand, deren Gipfel Flip auf seiner Exkursion

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