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Onkel Robinson

Onkel Robinson

Titel: Onkel Robinson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jule Verne
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und seine Geschicklichkeit verlassen, um auf dem Rückweg nicht in die Bredouille zu geraten. Er konnte nicht geradeaus drauflosmarschieren, da er sich sonst im Sumpf verlaufen hätte, und mußte daher bis zum Beginn der Felswand am Ufer entlanggehen. Dort nahmen die Schwierigkeiten aber erst ihren Anfang. Nun galt es nämlich die schmalen Pfade zu finden, die sich zwischen den Pfuhlen hindurchschlängelten. Unzählige Male trat Flip daneben; er lachte sogar darüber, und leid tat es ihm nur wegen der vergeudeten Zeit. Jeden Augenblick flogen aus dem Schlaf geschreckte Wasservögel auf.
    »Puh!« dachte Flip. »Das reinste Sieb ist dieser Boden! Aber Löcher sind schließlich nichts weiter als Löcher, und solche habe ich in meinem Leben weiß Gott schon andere gesehen! Ich bin schon in übleren Böden steckengeblieben, und aufhalten kann mich so ein Sumpf ohnehin nicht!«
    Mit so einer Einstellung bringt man es natürlich weit! Der von Kopf bis Fuß durchnäßte und schlammverschmierte Flip kämpfte sich weiter und erreichte schließlich die Bresche, durch die er von der Felswand auf den morastigen Boden der Ebene heruntergestiegen war. Zwanzig andere hätten die Stelle in dieser Finsternis nicht wiedergefunden. Flip aber konnte gar nicht fehlgehen; er sah in der Nacht wie ein Tagblinder. Mit der Behendigkeit eines Gemsenjägers kletterte er die Bresche hinauf.
    »Endlich wieder fester Boden unter den Füßen!« dachte er. »Diese verfluchte Sumpfmarschiererei wäre mir doch fast in die Beine gegangen! Ich verspüre sogar eine leichte Müdigkeit … Ach was! Ein kleiner Laufschritt wird mich wieder beleben!«
    Und Flip war es ernst damit. Mit angewinkelten Armen und vorgestreckter Brust eilte er dahin wie ein professioneller Läufer. In wenigen Minuten hatte er das Granitplateau überquert und war am rechten Flußufer angelangt. Die Hose und das Unterhemd aus grobem Leinen ablegen, ein Paket daraus schnüren und es auf den Kopf legen, ins Wasser springen, durch den Fluß schwimmen und sich am anderen Ufer wieder anziehen, war eins. Flip langte bald darauf am ersten Lagerplatz an und lief dann die Felswand entlang auf die Grotte zu. Kurz nach zehn Uhr bog er um die letzte Krümmung und wurde von jemandem angerufen, den er sofort an der Stimme erkannte.
    »He! Flip!«
    »He, Monsieur Marc«, rief er zurück.
    Und schon standen der Seemann und der Junge beisammen. Marc hatte nicht zu Bett gehen wollen. Daß Flip noch abwesend war, beunruhigte ihn. Während seine Mutter drinnen ruhte, wachte er draußen über die ganze Familie und hielt Ausschau nach seinem Freund. Diese erste Nacht, die er weit weg von Flip verbrachte, schien nicht enden zu wollen.
    Der Seemann jedoch hatte nicht damit gerechnet, den jungen Marc hier anzutreffen. Einen Augenblick war er unschlüssig, ob er ihn von der baldigen Rückkunft seines Vaters unterrichten sollte. Würde die unerwartete Nachricht, diese plötzliche Freude nicht zuviel für ihn sein? »Ach nein«, dachte Flip, »der Junge hat die moralische Kraft eines Mannes, und überhaupt: Eine gute Nachricht hat noch keinem wehgetan.« »Na, Flip«, fragte Marc mit heftig pochendem Herzen, »wie steht es mit Ihrer Erkundung?« »Es gibt etwas Neues, Monsieur Marc«, antwortete der Seemann.
    »Ach, Flip!« rief der Junge. »Bringen Sie meiner Mutter wieder ein wenig Hoffnung? Diese Prüfungen sind einfach zuviel für eine Frau! Sie wird noch daran zugrunde gehen!«
    »Monsieur Marc«, erwiderte Flip, »wenn Sie bei der Nachricht, die ich Ihnen bringe, nicht dem Himmel danken, dann müssen Sie ein recht undankbarer Patron sein!«
    »Was ist denn los, Flip? Was ist los?« fragte der vor Aufregung zitternde Junge.
    »Nur ruhig, Monsieur«, fuhr der Seemann fort, »und hören Sie mir zu. Ich habe Fido wiedergefunden.«
    »Fido? Unseren Hund? Den Hund meines Vaters?«
    »Ja, Fido! Er ist abgemagert und zu Tode erschöpft, aber er hat mich sofort erkannt!«
    »Ja und …«, keuchte Marc, »und … reden Sie doch, Flip! Haben Sie Fido denn nicht mitgebracht?«
    »Nein, Monsieur Marc, ich habe ihn dort gelassen, er muß auf … jemanden aufpassen …«
    »Auf meinen Vater?«
    »Ja.«
    Marc wäre zu Boden gestürzt, wenn Flip ihn nicht aufgefangen hätte! Dann weinte der Junge in den Armen des Seemanns. Ergriffen erzählte Flip die Einzelheiten der Begegnung. Marc war außer sich vor Freude! Sein Vater! Sein Vater lebte!
    »Gehen wir sofort los!« rief er dann und sprang auf. »Wir müssen ihn hierher

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