Onkel Robinson
transportieren.«
»Ja«, erwiderte Flip, »und wir haben auch keine Zeit zu verlieren. Ich habe folgendes beschlossen, Monsieur Marc.«
Flip erläuterte dem Jungen sein Vorhaben, mit dem Boot übers Meer bis zu der Stelle zu fahren, wo er Harry Clifton unter der Bewachung Fidos zurückgelassen hatte. Sein Versprechen, um Mitternacht zurück zu sein, wollte er einhalten und deshalb die ansteigende Flut ausnützen, um schneller nach Norden hinaufzugelangen.
»Und meine Mutter?« warf Marc ein. »Soll ich sie benachrichtigen?«
»Monsieur Marc«, antwortete der Seemann, »das ist eine heikle Frage. Tun Sie das, was Ihr Herz Ihnen eingibt; auf jeden Fall muß sie schonend darauf vorbereitet werden …«
»Dann soll ich also nicht mitkommen, Flip?« fragte der Junge.
»Ich glaube, Sie müssen im Interesse Ihrer Mutter hierbleiben, Monsieur Marc.«
»Aber mein Vater! Mein Vater, der auf mich wartet!«
»Nein, junger Herr, Sie sind der älteste Sohn. Sie müssen in meiner Abwesenheit auf die Familie aufpassen. Außerdem werden wir ja spätestens um acht Uhr morgens zurück sein. Ich bitte Sie also, sich nur noch wenige Stunden zu gedulden.«
»Aber«, wandte der Junge noch ein, »falls mein Vater seinen Leiden erliegen sollte und ich nicht da wäre, um …«
»Monsieur Marc«, sagte der wackere Seemann ernst, »versprochen habe ich Ihnen einen lebenden Vater, und deshalb werde ich auch einen lebenden Vater zu seiner Familie bringen!«
Marc mußte sich Flips Argumenten beugen. Es war auch durchaus sinnvoll, daß er bei der Grotte verblieb, denn nicht nur oblag es ihm, über deren Bewohner zu wachen, sondern der Junge konnte so auch seine Mutter auf die ungeheure Freude vorbereiten, die ihrer harrte. Außerdem hätte Marc nicht mitfahren können, ohne Mrs. Clifton vorher davon zu informieren, und sie aus dem Schlaf zu reißen, hätte er nicht fertiggebracht.
Also half Marc dem Seemann, sein Boot vorzubereiten. Das Segel war noch an der Rah befestigt, da Flip vor kurzem erst auf die Austernbank hinausgefahren war. So brauchten sie das Boot nur ins Wasser zu schieben.
Die Strömung aus dem zwischen der Küste und der kleinen Insel gelegenen Kanal ging gerade in Richtung Norden. Auch die aus Südwest wehende Brise würde das Boot schneller vorantreiben. Es war zwar finster, und der Mond würde erst in zwei Stunden aufgehen, aber ein Seemann vom Schlage Flips fand sich auch in der Dunkelheit zurecht. Flip nahm also im Heck des Bootes Platz.
»Grüßen Sie meinen Vater von mir«, rief ihm der Junge noch nach.
»Ja, Monsieur Marc«, antwortete der Seemann, »von Ihnen und von allen anderen.«
Flip setzte sein Segel, und bald verschwand das Boot im Dunkel.
Es war halb elf Uhr abend. Marc blieb in fieberhafter Unruhe allein am Strand zurück. Er konnte sich nicht dazu entschließen, wieder die Grotte aufzusuchen, sondern hatte vielmehr das Bedürfnis, auf und ab zu gehen und die kühle Nachtluft einzuatmen. Nein, er wollte um keinen Preis seine Mutter wecken! Was hätte er ihr dann sagen sollen? Hätte er ihr seine Erregung verbergen und Schweigen bewahren können?
Doch wozu überhaupt schweigen? Hatte Flip ihm nicht empfohlen, Mrs. Clifton nach und nach darauf vorzubereiten, daß sie den für immer verloren Geglaubten wiedersehen würde? Würde denn sein Vater und ihr Gatte nicht in wenigen Stunden eintreffen? Doch was sollte er sagen, ersinnen, tun?
Marc dachte nach und ging dabei unablässig zwischen Grotte und Ufer hin und her. Bald hellten sich die Schatten der Nacht ein wenig auf. Die obere Partie der Steilküste zeichnete sich in einem matten Schimmer ab, und am Horizont erglänzte ein Meeresstreifen. Im Osten war der Mond aufgegangen. Es war nach Mitternacht. Wenn Flip bei seiner Überfahrt auf keine Schwierigkeiten gestoßen war, dann mußte er jetzt bei Harry Clifton sein. Marc dachte daran, daß sein Vater einen zuverlässigen Freund hatte, der über ihn wachte. Bei diesem Gedanken wurde er etwas ruhiger. Mit seiner überreizten Phantasie stellte er sich vor, ja sah geradezu, mit welcher Hingabe der wackere Seemann seinem Vater die Dienste erwies, die er ihm so gerne selbst erwiesen hätte! Dann machte Marc sich ernsthaft Gedanken darüber, was er Mrs. Clifton sagen sollte. Er würde ihr sicher die nächtliche Rückkehr Flips zu erklären haben, dann die Abfahrt mit dem Boot und die Gründe für das Handeln des Seemanns. Er beschloß, seiner Mutter zu erzählen, Flip habe unfern von der Küste eine
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