Onkel Robinson
Insel ausgemacht, die ihm bewohnt erscheine. Er habe sich in den Kopf gesetzt, noch vor Sonnenaufgang auf diese Insel hinauszufahren, die wohl Schiffbrüchigen als Zuflucht diene, da dem Seemann so sei, als habe er auf einer Anhöhe einen Signalmasten gesehen, mit dem die Aufmerksamkeit vorbeifahrender Schiffe erregt werden solle. Bei diesen Schiffbrüchigen könne es sich ja um Leute von der
Vankouver
handeln, denn warum solle der um seinen Kapitän gebrachte und von einem unfähigen Ersten Offizier und einer meuternden Mannschaft gesteuerte Dreimaster während seiner Irrfahrt nicht auf eines der an dieser Küste so zahlreichen Riffe aufgelaufen sein? Bei diesem vermeintlichen Wissensstand würde Marc seine Mutter dann vorläufig belassen.
So überlegte Marc stundenlang hin und her. Stets befürchtete er, entweder zu viel oder zu wenig zu sagen. Der Mond stand inzwischen im Meridian, und im Osten kündigte schwacher Lichtschein den baldigen Sonnenaufgang an. Auf diesem relativ niedrigen Breitengrad würde es schnell Tag sein.
Gedankenverloren saß Marc auf einem Felsen. Als er einmal den Kopf hob, sah er seine Mutter vor sich stehen.
»Bist du denn gar nicht zu Bett gegangen, mein Kind?« fragte Mrs. Clifton.
»Nein, Mutter«, antwortete Marc und stand auf, »Nein. Während Flips Abwesenheit hätte ich nicht schlafen können, und es war meine Pflicht, auf alle aufzupassen.« »Lieber Marc, mein liebes Kind«, sagte Mrs. Clifton und faßte dabei die Hände des Jungen. »Und Flip?« fragte sie dann.
»Flip?« sagte Marc ein wenig zögernd. »Nun ja, Flip ist zurückgekommen.«
»Zurückgekommen!« erwiderte Mrs. Clifton und sah umher.
»Ja«, sagte Marc, »zurückgekommen … und wieder losgefahren … mit dem Boot.«
Als seine Mutter ihn so stammeln hörte, sah sie ihm direkt in die Augen.
»Warum ist Flip wieder losgefahren?« fragte sie.
»Mutter, er ist gefahren, weil …«
»Was ist los, Marc? Verheimlichst du mir etwas?«
»Nein, Mutter, ich habe Ihnen gesagt … ich weiß nicht …«
Mrs. Clifton ergriff die Hand ihres Sohnes und verharrte einige Augenblicke in Schweigen. Dann sagte sie: »Marc, was gibt es für Neuigkeiten?«
»Mutter, hören Sie zu«, sagte Marc.
Dann erzählte er Mrs. Clifton, was Flip auf seiner Exkursion angeblich entdeckt hatte. Mrs. Clifton hörte ihm wortlos zu. Doch als ihr Sohn über die Schiffbrüchigen von der
Vankouver
und über die Möglichkeit sprach, sie auf jener Insel wiederzufinden, da ließ Mrs. Clifton Marcs Hand los, stand auf und ging zum Ufer.
In dem Moment kamen ihre anderen Kinder herbeigelaufen und stürzten ihr in die Arme. Mrs. Clifton küßte sie inniger als sonst; sie hätte nicht zu sagen gewußt, warum. Ohne von ihrem ältesten Sohn noch weitere Erklärungen zu fordern, kümmerte sie sich dann mit unbeschreiblicher Erregung im Herzen um die Toilette von Jack und Belle.
Marc ging weiter am Strand umher. Er war entschlossen, nichts mehr zu sagen, da ihm sein Geheimnis sonst über die Lippen gekommen wäre. Er mußte aber noch Robert antworten, der sah, daß das Boot nicht an seinem gewohnten Platz war, und den Grund dafür erfahren wollte.
»Flip ist damit in der Nacht hinausgefahren, um den Norden weiter zu erkunden.«
»Er ist also zurückgekommen?«
»Ja.«
»Und wann kommt er wieder?«
»Wahrscheinlich heute morgen gegen acht Uhr.«
Zu jenem Zeitpunkt war es halb acht Uhr. Mrs. Clifton ging wieder zum Ufer hinunter und sagte: »Kinder, wenn ihr wollt, dann gehen wir unserem Freund Flip ein wenig entgegen.«
Dieser Vorschlag wurde angenommen. Marc wagte seine Mutter gar nicht mehr anzublicken. Er war schon erbleicht, und das Blut hatte ihm gestockt, als er sie nur hatte reden hören.
Die Mutter und ihre Kinder gingen also am Ufer entlang. Bald machte Robert in der Ferne einen weißen Punkt aus. Es war ein Segel, ganz zweifellos; es war das Boot Flips, das vom Sinken der Fluten begünstigt die Nordspitze der Bucht umfuhr. In weniger als einer halben Stunde würde es am Lagerplatz eintreffen.
Mrs. Clifton sah Marc an, der fast gerufen hätte: »Mein Vater, mein Vater ist da!« Doch mit letzter Anstrengung hielt er sich zurück.
Das Boot fuhr nun schnell an der Küste entlang. Der Landwind neigte es leicht zur Seite, und unter dem Bug schäumte das Wasser. Bald war das Boot so nahe, daß Robert zu Recht ausrufen konnte: »Da ist ein Tier an Bord!«
»Ja, ein Hund!« entfuhr es Marc.
Seine Mutter stellte sich neben ihn.
»Ach, wenn das
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