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Onkel Robinson

Onkel Robinson

Titel: Onkel Robinson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jule Verne
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Herrn Ingenieur das Vergnügen überlassen, seine Abenteuer selbst zu erzählen!«
    Nun mußten sie aber an das Wohlergehen Harry Cliftons denken. Wenn sie ihm doch beim Aufwachen ein paar Tassen heißer Brühe hätten kredenzen können! Aber daran war nicht zu denken. Flip kam auf die Idee, an Stelle dieses stärkenden Getränks einige frische Austern zuzubereiten, eine rechte Krankenkost also, die auch ein geschwächter Magen leicht vertragen konnte. Mrs. Clifton ging auch gleich zum Austernpark, um die besten Exemplare auszusuchen.
    Inzwischen holte Flip aus dem Boot die von Harry Clifton mitgebrachten Gegenstände, die für sie sehr wertvoll waren: ein Messer mit mehreren Klingen und einer Säge, das ein willkommener Ersatz für Flips zerbrochenes Messer war, und ein Beil, dessen Wert der geschickte Seemann wohl zu schätzen wußte und das in seiner Hand ein Werkzeug von höchstem Nutzen sein würde. Die Pistole hingegen war leider entladen und enthielt kein einziges Gramm Pulver mehr, so daß sie nicht zum Feuermachen dienen konnte. Sie war der am wenigsten brauchbare der drei Gegenstände, wenn auch Robert kriegerisch damit herumfuchtelte.
    Dann warteten sie auf das Erwachen Harry Cliftons. Gegen elf Uhr rief der Ingenieur seine Frau und seine Kinder zu sich. Sofort eilten alle herbei. Der ruhige Schlaf war für Clifton erholsam gewesen. Seine schon weitgehend vernarbte Wunde wurde sogleich von Mrs. Clifton und Flip verbunden. Dann servierte Mrs. Clifton ihrem Mann einige Austern. Sie sahen so appetitlich aus, daß er sie genüßlich verzehrte. Die arme Frau, deren Vorrat an Fleisch und Zwieback erschöpft war, zitterte bei dem Gedanken, daß ihr geliebter Kranker etwa nach solcher Speise verlangen möge. Zumindest für dieses Mal jedoch genügten die Austern. Harry Clifton fühlte sich nun viel besser. Er konnte auch wieder sprechen. Er rief jeden bei seinem Namen. Seine bleichen, hohlen Wangen be-kamen wieder etwas Farbe. Er vermochte sogar, mit einer Pause nach jedem Satz, zu erzählen, was ihm seit der Revolte auf der
Vankouver
widerfahren war.
    Nach dem Tod von Kapitän Harrisson war das Schiff in Richtung Süden gefahren. Das Kommando hatte der Erste Offizier übernommen. Der in seine Kabine gesperrte Clifton konnte mit niemandem Kontakt aufnehmen. Er dachte fortwährend an seine Frau, an seine auf dem Meer ausgesetzten Kinder! Was sollte aus ihnen werden? Über sein eigenes Schicksal gab er sich keiner Illusion hin. Die Rasenden würden ihn töten.
    So vergingen einige Tage, und dann geschah, was immer geschieht, wenn ein Schiff sich in einer solchen Lage befindet. Als die Kanaken sich gegen Kapitän Harrisson aufgelehnt hatten, waren sie vom Ersten Offizier dazu angestachelt worden, doch nun rebellierten sie gegen diesen, der ein ausgemachter Halunke war und sie mit seiner Grausamkeit provozierte.
    Drei Wochen nach der ersten Meuterei kam die wieder in Richtung Norden gesegelte
Vankouver
wegen einer anhaltenden Flaute nicht mehr vorwärts. Sie hatte Land in Sicht, und dieses Land war kein anderes als die bis dahin von Flip noch nicht erforschte Nordküste. So hatte der Seemann das Schiff nicht bemerkt.
    Am Vormittag des 24. April vernahm der noch immer gefangengehaltene Harry Clifton von der Brücke her einen großen Tumult und wildes Geschrei. Er begriff, daß die Situation sich verschlimmerte. Vielleicht war das eine Gelegenheit für ihn, wieder seine Freiheit zu erlangen. Er wurde anscheinend nicht mehr so scharf bewacht und nutzte diesen Umstand aus. Er brach die Kabinentür auf und eilte in die Offiziersmesse, wo er dem Waffenschrank eine geladene Pistole und ein Enterbeil entnahm. Dann lief er an Deck, gefolgt von Fido.
    Die Revolte war zu jenem Zeitpunkt in vollem Gange, und zwischen den Kanaken und der Besatzung herrschte ein blutiger Kampf. Als Clifton auf dem Deck erschien, war die Lage des Ersten Offiziers und seiner Leute bereits hoffnungslos. Die brüllende Menge der mit Spießen und Beilen bewaffneten Kanaken hatte sie schon eng umzingelt, und bald sank der Erste Offizier tödlich getroffen zu Boden.
    Clifton sah, daß es um das Schiff geschehen war und daß er in den Händen der Kanaken würde zugrunde gehen müssen. In zwei Meilen Entfernung war eine Küste in Sicht. Er beschloß, unter Einsatz seines Lebens dorthin zu gelangen, und ging auf das Vordeck zu, um von dort ins Meer zu springen. Doch als Harry Clifton sein Vorhaben in die Tat umsetzen wollte, wurde man seiner gewahr. Zwei der

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