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Onkel Robinson

Onkel Robinson

Titel: Onkel Robinson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jule Verne
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Kokospalmen! Monsieur Robert, seien Sie doch so nett und pflücken Sie für Ihren Herrn Vater eine Kokosnuß, aber keine allzu reife, hören Sie, damit die Milch besser schmeckt!«
    Robert lief hinaus. Harry Clifton lauschte dem fröhlichen Geplapper des Seemanns und hatte völlig vergessen, nach seinem heißen Getränk zu fragen. Flip war darüber hocherfreut und legte sich noch mehr ins Zeug.
    »Ja, Herr Ingenieur, diese Wälder müssen unendlich sein, und wir kennen erst einen kleinen Teil davon. Monsieur Robert hat dort schon ein reizendes Wasserschwein erlegt! Und jetzt fällt es mir erst ein: Wir haben ja auch unser Kaninchenrevier voller ausgezeichneter Wildkaninchen! Und ein hübsches Inselchen, das wir aus Zeitmangel noch nicht einmal erforscht haben. Und einen See, Monsieur, nein, nein, keinen Teich, einen richtigen See mit herrlichem Wasser und delikaten Fischen, die nichts anderes im Sinn haben, als sich von uns fangen zu lassen!«
    Bei dieser zauberhaften Beschreibung mußte Mr. Clifton lächeln, und Mrs. Clifton sah mit tränenfeuchten Augen zu Flip, der von Belle und Jack mit Blicken förmlich verschlungen wurde. Nie hätten sie gedacht, daß man von ihrem Stück Land mit so viel Begeisterung berichten könne!
    »Und der Berg«, sagte Jack.
    »Und der Berg!« rief Flip. »Der junge Herr hat ja recht! Jetzt hätte ich fast den Berg vergessen mit seinem verschneiten Gipfel! Ein richtiger Gipfel ist das, und nicht etwa eine mickrige Kuppe! Mindestens sechstausend Fuß ist er hoch, und eines Tages werden wir ihn auch besteigen! Ach, ob das hier nun Festland ist oder eine Insel, wir konnten uns wahrhaftig nichts Besseres aussuchen!« Da kam Robert herein und brachte eine frische Kokosnuß mit. Flip goß die Kokosmilch in eine Bambustasse, und der Kranke ließ sich die wohltuende Flüssigkeit sichtlich schmecken.
    Noch eine gute Stunde lang hielt Flip seine Zuhörerschaft in Bann. So wie er dieses Land schilderte, seine unbestreitbaren Vorteile herausstrich und den Ingenieur über leicht realisierbare Pläne unterrichtete, konnte man richtig Lust bekommen, freiwillig in eine solche Gegend auszuwandern.
    »Wir werden die Familie Robinson des Pazifiks sein!« sagte Marc.
    »Ja, Monsieur«, erwiderte Flip.
    »Wunderbar!« rief Jack. »Ich hatte schon immer davon geträumt, mit der Familie des Schweizerischen Robinsons auf einer Insel zu leben!«
    »Nun ja, Monsieur Jack, dann ist Ihr Wunsch ja vollständig in Erfüllung gegangen!«
    Vollständig? Flip vergaß bei diesen Worten, daß in der fiktiven Geschichte vom Schweizerischen Robinson der Autor seinen Schiffbrüchigen alles zur Verfügung gestellt hat, was Natur und Industrie nur zu bieten haben. Zuerst einmal hat er ihnen eine ganz besondere Insel ausgesucht, bei deren Klima keine strengen Winter zu befürchten sind. Dann stoßen sie jeden Tag, beinahe ohne zu suchen, auf das Tier oder die Pflanze, die sie gerade brauchen können. Sie haben Waffen, Werkzeug, Schießpulver, Kleidung; eine Kuh, ein Schaf, einen Esel, ein Schwein und Hühner; aus dem Wrack ihres Schiffes bergen sie beliebige Mengen von Holz, Eisen und Samen aller Art! Nein, sie waren in einer völlig anderen Lage! Diese Schweizer Schiffbrüchigen waren Millionäre! Sie selbst dagegen armselig dahinlebende Habenichtse, die alles um sich herum selbst erschaffen mußten!
    Harry Clifton, der sich zwar bestimmt nichts vormachte, behielt jedoch diese Gedanken, auf die Flips Vergleich ihn gebracht hatte, lieber für sich. Er fragte den Seemann lediglich, ob er denn gar nichts vermisse.
    »Nichts, Monsieur Clifton, rein gar nichts!« antwortete Flip. Ich habe keine Familie. Ich glaube, ich war sogar schon Waise, bevor ich überhaupt auf die Welt gekommen bin!«
    Daraufhin erzählte Flip noch mehr von sich. Er sei gebürtiger Franzose und stamme aus der Marquenterre-Ebene in der Picardie, doch sei er schon durch und durch amerikanisiert. Über Land und Meer sei er auf der ganzen Welt herumgekommen. Da er schon alles gesehen habe, könne ihn auch nichts mehr erschüttern. Was es an Unfällen und Abenteuern auf Erden nur geben könne, sei ihm alles schon zugestoßen. Wenn man also hin und wieder »eine Partie Verzweiflung spielen« wolle, dann brauche man mit ihm ganz bestimmt nicht zu rechnen!
    Wenn man Flip so zuhörte, wie er mit seiner klaren, warmen Stimme sprach, wenn man seine beruhigenden Gebärden sah und sein ganzes vor Kraft und Gesundheit strotzendes Wesen, dann hätte man sich wohl selbst

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