Onkel Schwein (German Edition)
zu sein. Die Mutter litt immer wieder an Depressionen und konnte, so paradox es war,mit ihrem Mann, einem Seelsorger, darüber nicht sprechen. Also blieb die Tochter, die damit überfordert war.
Während der Lehre lernte Lisa ihren Mann kennen. Teever merkte, dass es ihr schwer fiel, über dieses Thema zu sprechen. Die Trennung schien ihre Ursache darin zu haben, dass der Mann gelegentlich außereheliche Abenteuer suchte und es vor allem kategorisch ablehnte, Kinder haben zu wollen.
Eine Uhrmacherin mit der Sehnsucht nach Kindern. Teever glaubte zu schweben. Gedankenverloren spielte er an seiner Soyuz.
Das Telefon riss ihn aus seinen Tagträumen. Teever hatte den halben Tag im Bett verbracht und saß nun im Schlafanzug vor einem Becher Kaffee und dem Rest der Kekse. Er kannte die Nummer in seinem Display mittlerweile auswendig. Wilhelmsson.
„Sitzt du?“ fragte er und Teever spürte sofort, dass sein Exkollege darauf brannte, ihm etwas Wichtiges mitzuteilen.
Annika Aulin oder Mein-Calle, dachte er.
„Was meinst du, wer bei uns sitzt, anstatt die Julkorv-Reste von gestern mit Weihnachtsbier runterzuspülen?“
„Berg?“ tippte Teever. Annika Aulin würde kein Bier trinken.
Sag jetzt nicht Bingo, dachte er. Wilhelmsson war ihm eine Spur zu aufgekratzt.
„Der Kandidat hat 100 Punkte.“
Teever rollte mit den Augen.
Da Wilhelmsson das nicht sehen konnte, fuhr er unbeirrt fort.
„Ich bin heute früh gleich hin. Wenn ich arbeiten muss, dürfen andere auch keine Festtage genießen. Ich fahre also mit einem Kollegen auf den Hof und da ist eine alte Frau gerade dabei, den Schnee zu schieben. Dick vermummt und in einem Tempo, sage ich dir, Wahnsinn. Wie eine Schlaftablette. Ich bin schon auf dem Weg ins Haus, da kommt mir ein Gedanke. Sie trug so eine derbe Männerjacke über ihrem eigentlichen Mantel. Es waren die Knöpfe, die mir so bekannt vorkamen. Ich versuche es also mit der ganz direkten Taktik und sage Berg ins Blaue auf den Kopf zu, dass wir Beweise dafür hätten, dass er Selma Waldén umgebracht hat.“
Teever hörte gespannt zu und vergaß fast zu atmen. Sehr subtil, dachte er.
„Nach deiner Erzählung dachte ich, er geht uns an die Gurgel. Aber nein.“ Wilhelmsson nieste. „Steht doch glatt auf, greift nach einem Luftgewehr und schreit uns an: Hiermit vielleicht?“
„War er betrunken?“
„Vielleicht hatte er ein paar Gläser zu viel. Aber ansonsten war er klar.
„Was hat er dann gesagt?“
„Er bestreitet, die Frau umgebracht zu haben, behauptet nicht zu wissen, wo sie sei. Er hätte sich auch schon gewundert, wo sie so lange wäre. Er vermute sie immer noch in Spanien.“
„Warum erzählst du mir das eigentlich alles?“ fragte Teever.
„Interessiert es dich nicht?“
„Doch, natürlich. Ich bin nur überrascht. Laufende Ermittlungen und so weiter.“
„Ich denke, du hast es dir verdient. Ohne dich wären wir nicht so weit.“
„Danke, Daniel, das rechne ich dir hoch an. Besonders nach dem“, er räusperte sich, „ nach dem eher holprigen Beginn.“
„Ach, Schnee von gestern. Wofür sind denn Freunde da. Außerdem“, fügte er freundlich hinzu, „hat sich Przybilski gerade ein paar Sachen erlaubt. Hola!“
Teever fragte nicht nach. Es sollte ihm recht sein, wenn Wilhelmsson seine Mitarbeit suchte. Die Gründe waren Teever egal. Und wenn es dessen Wut war.
Wilhelmsson raschelte mit irgendwas. „Einen Moment mal, Torbjörn.“
Während sein ehemaliger Kollege am anderen Ende der Leitung etwas erledigte, dachte Teever über Freundschaft nach. Hatte er doch Freunde und wollte dies über die Jahre nur nicht wahrhaben? Oder den Gedanken daran nicht zulassen?
Er hatte kürzlich eine Sendung über die Ansichten von Kindern zu diesem Thema gehört. Ein Mädchen hatte gesagt, dass Freundschaft für sie bedeuten würde, dass da jemand ist, der ihr in die Augen sehen könnte und wisse, wie es ihr geht und der hundertprozentig hinter ihr stehen würde. Teever fragte sich, was Helgi im Fall der Fälle tun würde. Den hätte er noch am ehesten als Freund bezeichnet. Zumindest merkte der immer, wenn es ihm schlecht ging.
Aber war er selbst ein guter Freund? Bewies er es gerade gegenüber Axelsson? Oder machte die Tatsache, dass er Geld dafür bekam, aus einem Freundschaftsdienst ein reines Geschäft? Teever lächelte. Schön hatte er gefunden, was ein kleiner Junge gesagt hatte. Freunde würden zusammen in Pfützen springen und Schokolade in Luftballons verstecken. Beides
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