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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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in flehendem Ton, »ich glaube beinah, Ihr wollt uns alle umbringen, die Pferde und uns. Wir sind alle nahe am Umfallen, und die Tiere dampfen vor Schweiß. Vor dem Essen können wir nicht mehr aufbrechen. Euer Pferd muß abgerieben werden, es ist ja wie aus dem Wasser gezogen. Und Jerry lahmt bereits. Glaube nicht, daß die Herrin uns so ziehen läßt. Gott behüte, Herr, wir holen alles wieder ein, wenn wir jetzt auch bleiben. Lizzy war in ihrem Leben niemals gut zu Fuß.«
    Jetzt hielt Mrs. Shelby, die höchlich amüsiert von der Veranda aus dieser Unterhaltung gefolgt war, es für angebracht, ihrerseits zu vermitteln. Sie trat näher und, höflich ihr Bedauern über Haleys Unfall ausdrückend, drängte sie ihn, doch zum Essen zu bleiben. Die Köchin sollte es unverzüglich auf den Tisch bringen.
    In Anbetracht all dieser Umstände begab sich Haley mit zwiespältigen Gefühlen in die Wohnräume, während Sam ihm Augen rollend und bedeutungsvoll nachsah und würdevoll die Pferde in die Ställe führte.
    »Hast du ihn gesehen, Andy? Hast du ihn gesehen?« platzte er heraus, als er unter dem Schutz des Daches angekommen und die Pferde am Halfter angebunden hatte. »O Gott, wenn das nicht schöner war als jede Andacht. Wie er schrie und fluchte und vor Wut den Boden stampfte! Hab ich ihn nicht selbst gehört? ›Fluch nur tüchtig, alter Junge‹, sprach ich zu mir selber, ›du mußt doch warten, bis ich dein Pferd fange.‹ O Gott, Andy, mir ist, als sähe ich ihn noch.« Und Sam und Andy legten sich an die Scheunenwand und lachten aus vollem Halse.
    »Du hättest ihn sehen sollen, wie rasend er war, als ich das Pferd zurückbrachte.«

7. Kapitel
    Der Kampf der Mutter
    Kaum konnte man sich ein verlasseneres und hilfloseres Menschenkind vorstellen als Eliza, nachdem sie Onkel Toms Hütte den Rücken gekehrt hatte.
    Ihr Mann in Verzweiflung und Not, ihr Kind in Gefahr, sie selber auf der Flucht, fort von dem einzigen Heim, das sie je gekannt, von der einzigen Freundin, die sie doch liebte und verehrte – dies alles verwirrte sich in ihrem Geist und gab ihr das betäubende Gefühl eines drohenden Wagnisses. Hinzu kam der Abschied von der vertrauten Umgebung, von der Heimat, in der sie aufgewachsen, von den Bäumen, unter denen sie gespielt, von den Sträuchern, unter denen sie in glücklichen Tagen mit dem Geliebten geweilt, alles sprach in der klaren frostigen Sternennacht eine beredte Sprache und schien sie vorwurfsvoll zu fragen, warum sie es im Stich lasse.
    Aber stärker als jedes Gefühl war in ihr die Mutterliebe lebendig, welche die drohende Gefahr zum Wahnsinn steigerte. Das Kind war alt genug, um an ihrer Seite zu gehen, bei einer anderen Gelegenheit hätte sie es an der Hand geführt. Aber jetzt erbebte sie bei dem bloßen Gedanken, den Knaben aus ihren Armen zu lassen. Krampfhaft drückte sie ihn gegen ihre Brust, als sie eilends dahinschritt.
    Der gefrorene Boden knirschte unter ihrem Tritt, ein Geräusch, das sie erzittern ließ. Bei jedem raschelnden Blatt, jedem gleitenden Schatten erstarrte ihr das Blut in den Adern, sie beschleunigte ihre Schritte. Sie wunderte sich selbst über die Kräfte, über die sie plötzlich verfügte; denn das Gewicht des Kindes erschien ihr federleicht. Bei jedem Schauder der Furcht aber spürte sie ihre Kräfte wachsen und von ihren bleichen Lippen ertönte unaufhörlich das Gebet an den Vater über den Sternen: O Herr, hilf mir!
    Das Kind war eingeschlafen. Zuerst hatte ihn noch das Ungewohnte und die Angst wachgehalten. Aber seine Mutter hatte angestrengt jeden Hauch und jedes Geräusch unterdrückt und ihm so bestimmt erklärt, wenn er nur still wäre, dann würde sie ihn retten, daß er sich vertrauensvoll an ihren Hals schmiegte und nur vor dem Einschlafen noch fragte:
    »Mutter, nicht wahr, ich brauche nicht wach zu bleiben?«
    »Nein, mein Herzblatt. Schlafe, wenn du kannst.«
    »Aber Mutter, wenn ich einschlafe, kann man mich dann holen?«
    »Nein, da sei Gott vor«, sagte seine Mutter mit erblassenden Wangen und einem hellen Feuer in ihren großen dunklen Augen.
    »Weißt du das ganz genau, Mutter?«
    »Ja, mein Herz, ganz genau«, sagte Eliza mit einer Stimme, vor der sie selbst erschrak. Sie schien ihr von einem Geist her zu rühren, an dem sie keinen Teil hatte. Das Kind aber ließ sein müdes Köpfchen auf ihre Schulter fallen und war bald fest eingeschlafen. Das Gefühl seiner warmen Ärmchen, der sanfte Atem an ihrem Hals, jede Bewegung des so

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