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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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ohne Umschweife.
    »Das sollte ich meinen«, sagte der ehrliche John mit großem Nachdruck.
    »Dann bin ich beruhigt«, antwortete der Senator.
    »Wenn einer was von mir will«, sagte der gute Mann, sich zur vollen Höhe aufrichtend, »dann soll er nur kommen. Ich habe sieben Söhne, jeder sechs Fuß hoch, die werden ihn schon empfangen. Können ihm ja bestellen, er soll nur anfangen, uns macht das nichts«, meinte John, mit den Fingern durch das Haardickicht fahrend, das ihm wie ein Strohdach in die Stirn hing, und brach in ein lautes Lachen aus.
    Erschöpft, todmüde und gerädert schleppte sich Eliza die Stufen hinauf. Das schlafende Kind lag ihr schwer im Arm. Der rauhe Farmer leuchtete ihr mit der Kerze ins Gesicht, ließ ein mitleidiges Grunzen hören und öffnete ihr die Tür zu einer kleinen Schlafkammer neben der Küche. Er nahm eine neue Kerze, zündete sie an und setzte sie auf den Tisch. Dann wandte er sich an Eliza:
    »Mädel, hab keine Angst mehr. Da mag kommen, wer will. Ich bin auf alles gefaßt«, und er deutete auf zwei oder drei gute Gewehre, die über dem Kamin hingen. »Wer mich kennt, weiß, daß es ihm nicht bekäme, hier jemand gegen meinen Willen herauszuholen. Leg dich ruhig schlafen und denke, deine Mutter wiegt dich ein«, sagte er, als er die Tür schloß.
    »Das ist ein bildschönes Mädchen«, sprach er zum Senator. »Ach ja, die Hübschen müssen oft am weitesten laufen, wenn sie nur ein bißchen Anstand im Leibe haben, das kenne ich schon.«
    Der Senator erzählte in wenigen Worten Elizas Geschichte.
    »O wei, o wei, das soll nur einer hören«, rief der gute Mann voller Mitleid. »Das arme Geschöpf! Muß sich jagen lassen wie ein Wild, nur weil es ein natürliches Gefühl hat und so handelt, wie das jede Mutter tun würde. Ich kann nur sagen, fluchen möchte man, solche Zustände!« sagte der ehrliche John. »Ich will Euch was sagen, Fremder«, fuhr er fort, »ich bin jahrelang der Kirche fern geblieben, weil die Geistlichen sagten, die Bibel vertrete diese Greuel. Darüber kam ich nicht hinweg. Das Griechische und Hebräische, das hatte mir die Bibel auch verleidet. Erst als ich einen Geistlichen fand, der es mit dem Griechischen aufnehmen konnte und das Gegenteil predigte, trat ich bei, da machte ich kurzen Prozeß und schloß mich der Kirche an – so war's basta«, schloß John, der während des Redens eine Flasche schäumenden Apfelweins entkorkt hatte, den er jetzt anbot.
    »Ihr bleibt am besten auch hier bis zum frühen Morgen«, sagte er herzlich. »Ich werde meine Alte rufen, die schlägt Euch im Handumdrehen ein Bett auf.«
    »Ich danke Euch, mein Freund«, erwiderte der Senator. »Aber ich muß weiter, um die Kutsche nach Columbus zu erreichen.«
    »Nun gut, wenn Ihr fort müßt, werde ich Euch ein Stück begleiten und Euch einen Richtweg zeigen, der besser ist als die unwegsame Straße.«
    John zog sich an, nahm eine Laterne und zeigte dem Wagen des Senators einen Weg, der hinter seiner Farm eine Senke hinabführte. Als sie sich trennten, drückte ihm der Senator eine Zehndollarnote in die Hand.
    »Das ist für Sie«, sagte er kurz.
    »Schon gut«, sagte John mit gleicher Knappheit.
    Sie schüttelten sich die Hand und gingen auseinander.

10. Kapitel
    Das Eigentum wird abgeholt
    Grau und regnerisch blickte der Februarmorgen durch das Fenster von Onkel Toms Hütte. Dort waren nur betrübte Gesichter und verweinte Augen zu sehen. Der Tisch stand vor dem Feuer, bedeckt mit einer Plättunterlage, einige grobe, aber blütenreine Hemden hingen frisch geplättet über der Stuhllehne, während Tante Chloe ein drittes vor sich auf dem Tisch ausgebreitet hatte. Sorgfältig plättete sie jeden Saum und jede Falte und hob nur dann und wann die Hand, um eine Träne abzuwischen, die ihr die Backe hinunterlief. Tom saß daneben, das Neue Testament lag offen auf seinen Knien, den Kopf hatte er auf die Hand gestützt – aber keiner von beiden sprach. Es war noch früh am Morgen, und die Kinder lagen schlafend zusammengerollt auf ihrem groben Rollbett. Tom, der das weiche Herz und den starken Familiensinn seiner unglücklichen Rasse besaß, stand auf und ging schweigend hin, um sie sich anzusehen.
    »Zum letztenmal«, sagte er.
    Tante Chloe antwortete nicht, sondern fuhr wieder und wieder über das grobe Hemd, bis es so glatt war, wie es nur Frauenhände glätten können; schließlich setzte sie das Eisen mit jähem Ruck nieder, nahm am Tisch Platz und schluchzte laut.
    »Ich weiß, wir

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