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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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seine eigene Person, er läßt sie in jeder Weise gewähren und rührt nie einen Finger. In einer Sache ist St. Clare nun wirklich schrecklich – da erschreckt er mich –, wenn er auch gemeinhin so gutartig aussieht. Also er hat ein für allemal bestimmt, daß in diesem Hause keine Schläge ausgeteilt werden, es sei denn, von uns beiden, und darin ist er so unerbittlich, daß ich ihm nicht zu widersprechen wage. Sie können ermessen, wohin das führt, denn St. Clare würde keine Hand rühren, und wenn sie alle einzeln ihn mit Füßen träten und ich – Sie sehen selbst, wie grausam es wäre, mich dazu zu veranlassen. Die Leute aber sind hier nun nichts weiter als erwachsene Kinder.«
    »Davon verstehe ich nichts, und ich danke Gott dafür«, entgegnete Miß Ophelia kurz.
    »Aber Sie werden es lernen müssen, und auf eigene Kosten, wenn Sie hier bleiben. Sie haben ja keine Ahnung, was für ein aufreizendes, dummes, nachlässiges, unvernünftiges, kindisches und undankbares Volk das ist.«
    Marie war immer wunderbar in Form, wenn sie auf dieses Thema kam. Jetzt öffnete sie die Augen und schien ihr Leiden ganz vergessen zu haben.
    »Sie können es sich nicht vorstellen, welchen Ärger man im Haushalt hat, wie sie einen auf Schritt und Tritt schikanieren. Aber es hat keinen Zweck, sich bei St. Clare zu beschweren. Er redet da ganz verworrenes Zeug. Er sagt, wir haben sie erst dazu gebracht und müssen es nun tragen. Er sagt, sie verdanken uns ihre Fehler, und daß es grausam wäre, sie dann für diese Fehler zu bestrafen. Er sagt, wir würden es an ihrer Stelle genauso machen, als ob man von diesen Leuten auf uns schließen könnte, finden Sie nicht auch?«
    »Glauben Sie nicht, daß Gott sie genauso aus Fleisch und Blut geschaffen hat?« fragte Miß Ophelia nur.
    »Aber nein, kein Gedanke! Das wäre ja eine schöne Geschichte! Sie sind die niedere Rasse.«
    »Glauben Sie nicht, daß auch diese Menschen eine unsterbliche Seele haben?« fragte Miß Ophelia in wachsender Empörung.
    »Nun ja«, sagte Marie und gähnte, »das natürlich – das bezweifelt ja niemand. Aber sie mit mir auch nur in gleichem Atem zu nennen, das ist ganz unmöglich. Aber St. Clare hat tatsächlich geredet, als sei die Trennung von Mammy und ihrem Mann die gleiche wie zwischen uns beiden. Dabei kann man das nicht vergleichen. Mammy kann nicht dieselben Gefühle haben wie ich. Das ist ein großer Unterschied – natürlich, ganz offenkundig –, aber das will St. Clare nicht einsehen, und er meint auch, daß Mammy ihre dreckigen kleinen Bälger ebenso liebhaben könnte wie ich meine Eva! Trotzdem hat St. Clare mir ganz nüchtern vorgestellt – wo ich so kränklich bin und so leiden muß –, ich müßte Mammy zurückschicken und statt dessen jemand anders nehmen. Das war selbst mir zuviel. Ich zeige ja meine Gefühle nicht häufig. Es ist nun einmal mein Grundsatz, in der Stille zu leiden; das gehört zu dem harten Los eines Weibes, und ich trage es. Aber diesmal gab es einen Sturm, so daß er das Thema nie wieder berührt hat. Aber an seinen Blicken und kleinen Bemerkungen ersehe ich, daß seine Einstellung noch dieselbe ist, und das geht mir so entsetzlich auf die Nerven.«
    Miß Ophelia sah ganz so aus, als fürchte sie, eine Antwort geben zu müssen; sie klapperte in einer Weise mit ihren Stricknadeln, die Bände sprach, wenn Marie es nur verstanden hätte.
    »Da sehen Sie also«, fuhr sie fort, »was Ihrer wartet. Ein Haushalt ohne alle Regeln, in dem die Dienstboten tun, was ihnen beliebt, und sich aneignen, was ihnen in die Augen sticht, soweit ich es nicht bei meiner schwachen Gesundheit verhindern kann. Ich habe meinen Lederriemen stets bei mir und benutze ihn auch zuweilen. Wenn St. Clare es nur machen wollte, wie die anderen…«
    »Und das wäre?«
    »Nun, man schickt sie ins Gefängnis oder an einen anderen Ort und läßt sie da auspeitschen, das ist die einzige Möglichkeit. Wäre ich nicht ein so armes und schwaches Geschöpf, so würde ich mit doppelt soviel Energie wie St. Clare dafür sorgen.«
    »Und wie wird St. Clare mit ihnen fertig?« fragte Miß Ophelia. »Sie sagen, er schlägt sie nie?«
    »Ach, wissen Sie, Männer haben doch mehr Autorität; sie haben es leichter. Außerdem wenn man ihm ins Auge blickt – das ist seltsam, diese Augen – und wenn er die Stimme hebt, dann kann er richtig blitzen. Dann bekomme ich selber Angst; und die Leute wissen, daß sie dann gehorchen müssen. Ich erreiche mit Schelten und

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