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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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Shakespeare läßt jemand sagen: ›Ich könnte eher zwanzig Leuten zeigen, was sie Gutes tun sollen, als einer von den zwanzig sein und das Gute tun.‹ Es geht nichts über Arbeitsteilung. Meine Stärke liegt im Reden, und deine, Kusine, liegt im Tun.«
    Über seine äußere Lage hatte Tom zu dieser Zeit – wie man zu sagen pflegt – nicht zu klagen. Die kleine Eva hatte ihn ins Herz geschlossen – in der instinktiven Dankbarkeit und Lieblichkeit ihres kleinen Herzens – und ihren Vater gebeten, Tom doch zu ihrem ständigen Begleiter zu bestimmen, wenn sie immer auf Spaziergängen und Ausritten eines Dieners bedurfte; also hatte Tom die genaue Anweisung, alles liegenzulassen und Fräulein Eva zu folgen, sobald sie ihn brauchte – eine Anweisung, die ihm, wie unser Leser sich vorstellen kann, durchaus nicht unangenehm war. Man hielt ihm gute Kleider, denn in diesem Punkt war St. Clare sehr eigen. Sein Stalldienst war ein sehr leichtes Amt und bestand lediglich in einer täglichen Aufsicht und Unterweisung eines Stallburschen, denn Mrs. St. Clare hatte erklärt, daß sie einen Pferdegeruch an ihm nicht ertragen könnte, falls er in ihre Nähe käme. Sollte er ihr nicht lästig werden, dürfe er keine niedrigen Dienste verrichten, das hielt ihr zartes Nervensystem nicht aus. Nach ihrer Darstellung genügte eine Nase voll üblen Duftes, und alle ihre Leiden würden für immer ein jähes Ende nehmen. Daher sah Tom in seinem gutgebürsteten Rock von feinem Tuch, in dem runden Hut und glänzenden Stiefeln mit den tadellosen Manschetten und der Halskrause so ehrwürdig aus, wie ein Bischof in Karthago, was in anderen Jahrhunderten Männer seiner Farbe gewesen waren.
    Außerdem befand er sich in einer schönen Umgebung, ein Vorzug, gegen den diese Rasse nie unempfindlich ist. Mit stiller Freude genoß er die Vögel, die Blumen, den Springbrunnen, die Wohlgerüche, das Licht und die Schönheit des Hofes, die seidenen Vorhänge und Bilder, die Leuchter und Standfiguren, die Vergoldung, wonach ihm die Wohnräume drinnen wie Aladins Palast vorkamen.
    Eines Sonntags stand Marie St. Clare, prächtig gekleidet, auf der Veranda und befestigte ein kostbares Brillanten-Armband um ihr schlankes Handgelenk. Sie war jetzt im Begriff, im höchsten Staat – Brillanten, Seide und Spitzen – in eine bekannte Kirche zu gehen und sich dort der Frömmigkeit zu ergeben. Marie machte es sich stets zur Regel, am Sonntag recht fromm zu sein. Da stand sie, schlank und elegant und voller Anmut, ihr Spitzenschal umhüllte sie wie eine leichte Wolke. Sie sah bezaubernd aus und kam sich selbst höchst tugendhaft und elegant vor. Miß Ophelia stand neben ihr als vollkommener Gegensatz. Es lag nicht daran, daß ihr Seidenkleid und ihr Schal nicht ebenso kostbar und ihr Taschentuch nicht ebenso zierlich gewesen wäre, aber Steifheit und Gedrungenheit, die Gradheit einer Bohnenstange waren für sie so kennzeichnend wie Anmut für die andere, freilich nicht die himmlische Anmut, die ist ganz etwas anderes.
    »Wo ist Eva?« frage Marie.
    »Das Kind machte auf der Treppe halt, um Mammy noch etwas zu sagen.«
    Und was sagt sie zu Mammy auf der Treppe? Spitze die Ohren, lieber Leser, du magst es hören, was Marie nicht erfährt.
    »Liebe Mammy, ich weiß, dein Kopf tut furchtbar weh.«
    »Der Herrgott segne dich, Fräulein Eva, mein Kopf tut jetzt immer weh. Mach dir keine Sorgen.«
    »Es ist gut, daß du ausgehst; sieh her« – und das Kind umschlang sie mit beiden Ärmchen. – »Mammy, du sollst mein Riechfläschchen haben.«
    »Was! Das goldene Stück da, mit den Diamanten! Um Himmels willen, Fräulein Eva, das geht auf keinen Fall.«
    »Warum nicht? Du brauchst es und ich nicht. Mama benutzt es immer bei Kopfschmerzen, dir wird es gut tun. Nein, du sollst es haben, nur mir zuliebe, bitte.«
    »Hör einer nur das Herzblatt!« sagte Mammy, als Eva ihr das Riechfläschchen in den Busen schob, sie küßte und der Mutter nacheilte.
    »Wo bist du so lange geblieben?«
    »Ich habe nur Mammy mein Riechfläschchen geschenkt für den Kirchgang.«
    »Eva!« rief Marie und stampfte ungeduldig auf – »dein goldenes Riechfläschchen an Mammy! Weißt du nicht, daß sich das nicht schickt! Geh sofort, und hol es zurück!«
    Eva sah niedergeschlagen und bekümmert aus, langsam kehrte sie sich um.
    »Hör, Marie, laß das Kind in Ruh. Sie soll tun, was sie für richtig hält« sagte St. Clare.
    »St. Clare, wie soll sie jemals weiterkommen in der Welt?«
    »Das

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