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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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Gesprächs nicht recht einsehen«, sagte Marie. »Ich möchte nur wissen, wer mehr tut für seine Leute als wir. Dabei hat es gar keinen Zweck – nicht die Spur –, sie treiben es nur immer schlimmer. Was das Zureden anlangt, so habe ich ihnen gut zugeredet, bis ich heiser war, über ihre Pflichten und so weiter. Sie können bei mir zur Kirche gehen, wenn sie Lust haben. Zwar verstehen sie nicht ein Wort von der Predigt, so wenig, wie ein Schwein davon versteht – daher kann ich eigentlich den Sinn nicht einsehen. Aber sie gehen trotzdem und haben also jede Gelegenheit – aber wie ich schon sagte, sie sind eine niedere Rasse, und das werden sie bleiben; ihnen ist nicht zu helfen, soviel man auch versucht, da kann man gar nichts machen. Sehen Sie, Kusine Ophelia, ich habe es versucht und Sie noch nicht; ich bin unter ihnen geboren und erzogen worden, ich muß es wissen.«
    Miß Ophelia fand, sie habe bereits genug gesagt und schwieg. St. Clare pfiff eine Melodie.
    »St. Clare, ich wollte, du ließest das Pfeifen sein«, sagte Marie, »es steigert meine Kopfschmerzen.«
    »Dann will ich es unterlassen«, antwortete St. Clare. »Kann ich sonst noch etwas unterlassen?«
    »Ich wünschte, du hättest etwas Mitgefühl mit meinen Leiden; jedes Gefühl für mich geht dir ab.«
    »Mein lieber Klageengel!«
    »Du reizest mich mit diesen Reden.«
    »Wie soll ich denn reden? Ich werde mich ganz deinem Willen beugen. Sag es nur, damit ich dich in jeder Hinsicht zufriedenstellen kann.«
    Da drang vom Hof her ein heiteres Lachen durch die seidenen Vorhänge der Veranda. St. Clare trat hinaus, hob den Vorhang und stimmte in das Lachen ein.
    »Was gibt's denn?« fragte Miß Ophelia und trat an die Brüstung.
    Auf einer kleinen Moosbank im Hof saß Tom, in jedem Knopfloch ein Jasminsträußchen, und Eva hing ihm mit fröhlichem Lachen einen Rosenkranz um den Hals, und dann setzte sie sich wie ein kleiner Vogel auf seine Knie und lachte immer noch.
    »Ach, Tom, wie lustig du aussiehst!«
    Tom lächelte gutmütig und schien auf seine ruhige Art ebensoviel Spaß an der Sache zu haben wie seine kleine Herrin. Als er seinen Herrn erblickte, sah er mit halber Entschuldigung zu ihm hinauf.
    »Wie kannst du das nur zulassen?« sagte Miß Ophelia.
    »Warum denn nicht.«
    »Ich weiß auch nicht, es stößt mich irgendwie ab.«
    »Du fändest nichts dabei, wenn das Kind einen großen Hund liebkoste, selbst wenn er schwarz wäre. Aber weil er ein Mensch ist mit Verstand und Gefühl und einer unsterblichen Seele, da schaudert dir. Gesteh es nur, Kusine. Ich weiß genau, was ihr im Norden denkt, es ist keine Tugend, daß wir das Gefühl nicht haben, bei uns hat die Gewohnheit das bewirkt, was Sache des Christentums wäre, nämlich jedes persönliche Vorurteil wegzuwischen. Auf meinen Reisen in den Norden habe ich oft bemerkt, wieviel stärker dieses Vorurteil bei euch besteht. Ihr haßt die Schwarzen wie Schlangen oder Kröten. Aber ihr entrüstet euch, wenn ihnen ein Unrecht geschieht. Ihr wollt nicht, daß man sie mißhandelt, aber ihr selber wollt nichts mit ihnen zu tun haben. Am liebsten schicktet ihr sie nach Afrika, damit ihr sie nicht mehr zu sehen und zu riechen braucht, und zwei Missionare hinterher, die dann ihre Bekehrung besorgten. Stimmt es nicht?«
    »Ja, Vetter«, antwortete Miß Ophelia nachdenklich, »da mag wohl etwas Wahres daran sein.«
    »Was sollen diese Armen und Niedrigen anfangen ohne die Kinder,« sprach St. Clare, als er sich über das Geländer beugte und zusah, wie Eva davon trippelte und Tom hinter sich herzog. »Die Kinder sind die wahren Demokraten. Tom zum Beispiel ist für Eva ein Held; seine Geschichten sind Wunder in ihren Augen, seine Lieder und Gesänge besser als jede Oper, und die Kleinigkeiten und Spielereien in seiner Tasche sind für sie eine Goldgrube. Er ist einfach der herrlichste Tom, der je in einer schwarzen Haut steckte. Damit hat Gott eine Rose für die Armen und Niedrigen aus seinem Garten Eden fallen lassen, die gewiß nur wenig andere erhalten.«
    »Wie merkwürdig, Vetter«, sagte Miß Ophelia, »man könnte beinahe denken, du wärst ein Professor, wenn man dich so reden hört.«
    »Ein Professor?« rief St. Clare.
    »Ja, ein Religionsprofessor.«
    »Ach, woher. Nicht ein Professor wie ihr Stadtleute ihn habt. Was aber schlimmer ist, ich fürchte, ich bin nicht einmal ein Praktiker.«
    »Warum redest du dann so?«
    »Nichts ist leichter als reden«, sagte St. Clare. »Ich glaube,

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