Online Wartet Der Tod
»Ihre FirstDate-Accounts haben wir uns schon angeschaut. Jede Menge Männer, jede Menge Nachrichten. An diese Männer wollen wir ran.«
»Gibt es eine greifbare Verbindung zwischen den Frauen? Hat ein Mann beiden gemailt?«
»Das wissen wir nicht. Aber wenn der Bursche schlau ist, hat er sich unter mehreren Namen angemeldet, um seine Spur zu verwischen. Deshalb müssen wir rausfinden, wer hinter den Benutzernamen steckt.«
»Nur dass der E-Mail-Ausdruck nahelegt, dass er euch geradezu auf seine Spur locken will.«
»Warum fühle ich mich wie in einem Kreuzverhör?«
»Weil ich weiß, wie die Anwälte von FirstDate argumentieren werden, wenn der Laden den Bach runtergeht und sie jeden verklagen, der mit diesem Gerichtsbeschluss zu tun hatte. Sag mir bitte, dass ihr noch irgendwas habt. Was meinen eure Computer-Genies?«
»Dass ich mich hinten anstellen soll. Was sollen sie auch sonst sagen? Dass das Internet eine feine Sache ist, aber auch Gefahren birgt? Dass Bösewichte es benutzen können, um die ruchlosesten Taten zu begehen, die wir sowieso nie aufklären, weil wir dafür nicht schlau genug sind?« Flanns Ton bekam etwas Verzweifeltes. »Gestern fandest du das noch alles vollkommen schlüssig. Du hast gesagt, du machst das klar und bringst uns unseren Gerichtsbeschluss mit.«
Seufzend strich Yong sich über das glänzende schwarze Haar. »Da hatte ich den Zettel auf meinem Stuhl noch nicht gefunden.«
»Ich warte schon die ganze Zeit darauf, dass du darauf zurückkommst.«
»Der Zettel stammt von meinem Abteilungsleiter, die Botschaft kommt offenbar von weiter oben – einen Gerichtsbeschluss kann ich euch erst ausstellen, wenn ihr einen Verdächtigen habt.«
Flann warf ihm einen zweifelnden Blick zu. »Du verschaukelst mich, oder? Ich hab dir doch erklärt, dass wir den Gerichtsbeschluss brauchen, um einen Verdächtigen benennen zu können.«
Yong schüttelte den Kopf. Er lächelte nicht mehr. »Ich weiß. Das ist alles große Scheiße. Es nervt. Es ist nicht richtig. Aber in dieser Sache nützt es dir wenig, dass wir zusammen Poker spielen. Ich bin nur ein Rädchen im Getriebe – ein kleiner, machtloser Funktionsträger, der weiß, was es bedeutet, wenn ihm während eines laufenden Prozesses eine Nachricht auf den Stuhl gelegt wird. Tut mir leid, Mann. Wenn ein bisschen mehr Zeit gewesen wäre, hätte ich dich angerufen, dann hättet ihr euch die Fahrt hierher sparen können.«
»Wieso ist diese Botschaft so schnell an deinen Abteilungsleiter gelangt?«
»Das weiß ich nicht. Aber du musst jemandem ernsthaft auf den Schlips getreten sein.«
»Ihr habt schon viel größere Fische an der Angel gehabt als den Geschäftsführer einer noch ziemlich jungen Internetfirma.«
Yong blickte genauso ratlos drein wie McIlroy. »Das hab ich auch gedacht. Ich hab Mark Stern mal gegoogelt, weil ich wissen wollte, wie bedeutend er tatsächlich ist, aber bevor ich ihn überhaupt gefunden hatte, war ich schon auf fünf andere Typen namens Mark Stern gestoßen. Bislang konnte ich nur mal schnuppern – du siehst ja, was ich zu tun habe.« Er bedeutete es ihnen mit einer Armbewegung, die das ganze Verhandlungszimmer mit einschloss. »Falls es dich tröstet: Wenn die Sache hier über die Bühne ist, kann ich mich gern ein bisschen umhören und rausfinden, wo hier bei uns die Strippen gezogen werden.«
»Und dann?«
»Dann wisst ihr es.«
»Wir brauchen diese Namen. Wir müssen wissen, wer zu den beiden Opfern Kontakt hatte. Darum geht es.«
»Dann musst du dir unter deinen Vorgesetzten jemanden suchen, der sich an einen meiner Vorgesetzten wendet, oder du musst auf anderem Weg einen Verdächtigen finden.«
»Und was ist, wenn ich davon überzeugt bin, dass wir nur einen Verdächtigen finden, wenn wir wissen, was die bei FirstDate wissen?«
»Dann, denke ich, musst du an diese Informationen auf anderem Weg herankommen. Vielleicht gibt es einen Insider, der euch hilft, ganz ohne Zutun des Staates. Aber das habe ich nicht gesagt.«
Jetzt nahm der Richter seinen Platz wieder ein, und Flann flüsterte nur noch.
»Was, wenn ich Kontakt zur Presse aufnehme? Die Geschichte durchsickern lasse – von der möglichen Verbindung zwischen den beiden Frauen erzähle und von der Firma, die nicht bereit ist, den Guten bei der Jagd nach dem Mörder zu helfen?«
»Ich fürchte, nicht einmal du kannst mit dem, was du bisher hast, einen Reporter anspitzen. Und selbst wenn – mit ziemlicher Sicherheit würde Mark Stern die
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