Online Wartet Der Tod
hören, aber unter den gegebenen Umständen war er nicht in der Position, Mayfield zurechtzuweisen.
Ellie hatte nicht viel Zeit. Christine Conboy hatte klargestellt, dass sie genau so lange mit ihr reden würde, wie es dauerte, bis man ihr ihre Portion Schweinefleisch mit Nudeln und die Frühlingsrolle eingepackt hatte, und keine Sekunde länger.
»Ich möchte Ihnen helfen. Wirklich. Nichts macht mir mehr Angst als die Vorstellung, dass da einer rumläuft und weibliche Singles jagt. Aber wie gesagt, ich kenne selbst niemanden, der direkten Zugang zu den Benutzer-Informationen hat.«
»Was ist mit den Kollegen, die die Abrechnung machen?«
»Die kommen nur an die Daten für die Rechnungen ran – wie hoch der Betrag ist und welche Kreditkarte damit belastet werden soll. Sie kennen sicher echte Namen, können sie aber nicht mit den Profilnamen, die Sie auf Ihrer Liste haben, verknüpfen. Glauben Sie mir. Ich habe das gecheckt.«
»Haben Sie ihnen gesagt, dass Sie die Information für die Polizei haben wollen?«
»Sind Sie verrückt? Niemals. Gestern hat Stern ein Memo rumgeschickt, in dem stand, dass die Polizei gerade eine Untersuchung durchführt, die mit der Firma zu tun hat – aber nur indirekt. Das hat er betont. Genauso wie die Anweisung, dass jeglicher Kontakt mit der Polizei über ihn zu laufen hat. Dass die Leute, die die Rechnungen schreiben, Ihnen nicht helfen können, weiß ich, weil ich selbst vor ein paar Monaten online mit jemandem was Ernsteres angefangen und meine Freundin dort um Hilfe gebeten habe. Sie hat geschworen, dass da nichts zu machen ist.«
»Christine, ich halte nicht Ausschau nach einem neuen Freund, ich suche einen Mörder. Können Sie nicht wenigstens noch einmal herumfragen, ob sich jemand bereitfindet zu helfen?«
Mit einem leichten Klaps auf den Unterarm brachte Christine Ellie zum Schweigen. Dabei sah sie sich ein weiteres Mal in dem Restaurant um, um sich zu vergewissern, dass niemand sie kannte.
»Damit Sie denjenigen dann unter Druck setzen können? Offenbar verstehen Sie nicht, was ich sage. Wir sind keine Beamten. Wir haben keine Gewerkschaft. Mark Stern würde jeden von uns auf der Stelle feuern, und auf dem Arbeitsmarkt sieht es nicht gerade gut aus. Aber davon haben Sie ja keine Ahnung.«
Ellie hatte den Fehler gemacht, einen Moment lang zu vergessen, dass sie hier einer unschuldigen Frau zusetzte. Nicht das Zusetzen war das Problem, sondern das Vergessen. Sie hatte Christine gedrängt, ein Risiko einzugehen – wegen einer Sache, die Christine nicht zu verantworten hatte –, und dabei so getan, als sei Christine ihr das schuldig.
»Hören Sie, Christine, es tut mir leid. Ich weiß Ihre Hilfe zu schätzen. Ich weiß es zu schätzen, dass Sie mir Ihre Zeit opfern. Dass Sie sich mit mir getroffen haben. Habe ich schon gesagt, dass ich Sie schätze?« Christine lächelte. »Ich werde einen Weg finden.«
Die Frau an der Kasse rief eine Nummer auf, und Christine hob die Hand. »Das ist meine Bestellung. Tut mir leid, wenn ich ein bisschen gereizt reagiere. Natürlich weiß ich, dass mein Job unbedeutend ist, aber einen anderen habe ich nun mal nicht.«
Als Ellie schon auf dem Weg zur Tür war, hielt Christine sie auf. »Wenn Sie jemanden suchen, der keine Angst vor Stern hat – da gibt es einen, mit dem Sie als Erstes reden sollten. Jason Upton. Er hat lange bei FirstDate gearbeitet. Vor ungefähr einem Jahr, als ihm die Firma zu groß wurde, ist er gegangen.«
»Kennen Sie ihn?«
»Ja, er war einer der ersten Programmierer. Stern sagt immer, dass er viel von ihm hält und dass sie gute Freunde waren, also hat Jason wahrscheinlich keine Angst vor ihm. Wenn es eine Möglichkeit gibt, die Informationen zusammenzukriegen, die Sie brauchen, kann er Ihnen vielleicht wenigstens jemanden nennen, der dabei helfen könnte. Er ist zu Larkin, Baker & Howry gegangen und leitet dort die IT-Abteilung.« Ellie kannte den Namen; es war eine der größten Anwaltskanzleien in der Stadt. »Außerdem ist er nett. Viel netter als Stern. Sie finden ihn bestimmt.«
»Das werde ich. Vielen Dank.«
Ellie sah zu, wie Christine ein Paar Stäbchen und zwei Päckchen Chilisauce in ihre Tüte warf. Als sie ging, begann es gerade zu schneien.
15
Drei Monate bevor Tatiana Chekova ermordet wurde, hatte ein Mann namens Eric Rivero auf seiner American-Express-Abrechnung einen Posten gefunden, den er nicht verstand – jemand hatte bei Circuit City einen Fernseher gekauft. Diese
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