Online Wartet Der Tod
die mit seiner Firma verbunden gewesen waren, nur, wie weit verbreitet sein Service unter den New Yorkern mittlerweile war.
Ungeachtet dessen war Stern strikt dagegen, der Polizei persönliche Informationen zukommen zu lassen. Die Zusicherung von Anonymität, das betonte er immer wieder, war das höchste Gut von FirstDate. Er hatte die Schotten dichtgemacht und seinen Angestellten eingeschärft, dass sie alle Anfragen in dieser Angelegenheit sofort an ihn weiterzureichen hätten.
Am Ende war Dixon derjenige gewesen, der geholfen hatte, Stern die Cops vom Hals zu schaffen. Ein paar diskrete Telefonate hatten ergeben, dass McIlroy eine tickende Zeitbombe war, ein Detective, der auf der Grundlage imaginärer Beweise wilde Theorien hervorbrachte. Sein Spitzname war McIl-Mulder, zum Teufel. Zur Belohnung dafür, dass er bei einem früheren Fall Glück gehabt hatte, ließen die oberen Chargen ihm jetzt freie Bahn. Sobald er diese Großzügigkeit überstrapazierte, würde sein Stern jedoch sinken.
Also hatte Dixon angerufen. Es war riskant. Er hätte der Polizei zu den gewünschten Informationen verhelfen können. Wenn sie gemerkt hätten, dass es sich um eine Sackgasse handelte, hätten sie sich was anderes überlegt. Aber für ihn stand mit FirstDate zu viel auf dem Spiel. Wenn Stern nervös wurde – und sei es wegen einer wilden Theorie –, würde er seine Gewohnheiten, die Dixon gerade erst zu durchschauen versuchte, womöglich ändern.
Inzwischen hatten McIlroy und seine Partnerin offenbar tief genug gegraben, um auf Tatiana zu stoßen. Erst hatten sie die Polizeiberichte durchforstet, dann waren sie bis raus nach Scarsdale gefahren, um diese Witzfigur von Polizist zu befragen, der nie auch nur annähernd in der Lage gewesen war, irgendetwas von dem Mord an Tatiana zu begreifen. Warum zum Henker interessierten sie sich für Tatiana? Hing das mit der Serienmörder-These zusammen, oder waren sie geradewegs auf sein Territorium vorgedrungen?
Jetzt, da sie Tatiana einmal auf dem Schirm hatten, konnte ihr Tod ihnen eine Richtung weisen, etwas an die Hand geben, auf das sie ihre Aufmerksamkeit richten würden. In diese Serienmörder-Theorie passte sie nicht so recht, also würden sie weitergraben. Sie würden vom Opfer ausgehen und in alle Richtungen suchen. Das wäre die richtige Art zu ermitteln. Aber es war auch genau das Problem. Wenn McIlroy und seine Partnerin auch nur halbwegs begabte Cops waren – anders als dieser andere Kerl –, konnte die Spur direkt zu ihm führen.
Als er eine weitere Frau, die er kannte, in das vietnamesische Restaurant gehen sah, meldete sich das Brennen in seinem Magen. Er hatte sie noch nie in natura gesehen, aber das Foto aus ihrem Führerschein hing an seiner Wohnzimmerwand – wo er eine Übersicht über die Personalstruktur von FirstDate angepinnt hatte. Leibhaftig war sie noch hübscher.
Der Schmerz ließ nach. Sie war ganz unten, sowohl im Wortsinn, an seiner Wand, als auch im übertragenen Sinne, innerhalb der Hierarchie. Sie saß am Empfang. Wie hieß sie noch? Conroy oder so.
Die Hintergründe der FirstDate-Angestellten hatte er sich längst angeschaut. Die Rothaarige war clean. Ihren Chef kannte Dixon inzwischen ein bisschen. Stern war ein Kontroll-Freak. Er hätte nie zugelassen, dass seine Empfangsdame zu viel über die Firma wusste. Ihr Job war es, ans Telefon zu gehen, und sonst gar nichts.
Wenn Detective Hatcher sich während der Mittagspause mit ihr traf, waren sie zweifellos noch auf der Serienmörder-Schiene, versuchten immer noch, eine Liste der Männer zu ergattern, die Kontakt zu der vor ein paar Tagen erwürgten Frau gehabt hatten. Auf die Punkte, die Tatiana Chekova tatsächlich mit FirstDate verbunden hatten, waren sie noch nicht gestoßen – jene Punkte, die eine direkte Linie zu Special Agent Charlie Dixon vom Federal Bureau of Investigation bildeten. Diese Linie lag weit außerhalb der Kompetenzen des NYPD. Und sie würden sie hoffentlich nie finden.
Er rief im FBI-Regionalbüro an, um seinem Chef, dem verantwortlichen Special Agent Barry Mayfield, die erfreulichen Neuigkeiten mitzuteilen.
»Bleiben Sie dran«, sagte Mayfield warnend. »Sind Sie sicher, dass Ihr Kontaktmann bei FirstDate nicht über Ihr Nebenprojekt redet?«
»Bin ich«, erwiderte er. Zu fünfundneunzig Prozent.
»Und lassen Sie alles verschwinden, was Sie mit dem toten Mädchen in Verbindung bringen könnte.«
Dixon fand es ätzend, von Tatiana als totem Mädchen reden zu
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