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Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Titel: Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schulz
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hört!« sagte EP. »In der Hinsicht wart ihr natürlich clean.«
    »Das tut nichts zur Sache. Wir hatten einen schwerwiegenden Verdacht, und nachdem die Pipkow-Brüder verschwunden waren, robbte Onno also rüber und kuckte mal nach. Ich stand Schmiere«, sagte Raimund.
    »Das war so spannend, nech«, sagte Onno. »Und da stand so’n alter Barhocker rum, und ich dachte, wozu mag der wohl gut sein, und dann ich so: kombiniere, kombiniere, bin draufgestiegen und hab mich auf die Dachbalken hochgezogen, die als Bretterlager dienten. Und das roch so gut nach Holz da, und dann bin ich bis ans Ende der langen Bretter gekrabbelt, Splitter hin, Splitter her, hab aber nichts gefunden. Aber als ich dann zurückrobbte!« Onno glühte. »Wahnsinn! Auf dem Querbalken direkt unterm flachwinkligen Dachfirst, da lagen ’ne Schachtel Lux und Streichhölzer. Wahnsinn, der Anblick, nech.«
    »Und dann haben wir«, sagte Raimund, »einen anonymen Brief an Olga Pipkow verfaßt. Sehr geehrte Frau Olga Pipkow! Wir wollten Ihnen nur ausrichten, daß Ihre Söhne Wilfried und Klaus Pipkow –«
    »Wie viele hatte sie denn?« fragte EP. »Oder hatte sie ein schlechtes Namensgedächtnis?«
    »– rauchen. Falls es Sie interessiert, sehen Sie bitte in der Garage auf den Brettern nach. Mit Skizze und Hinweispfeil. Absender: Club der hilfreichen Hand.«
    »Unglaublich«, schnaubte EP. »Die größten Lumpen hier im Land? Der Club der hilfreichen Hand.«
    »Wir waren stolz wie die ›Fünf Freunde‹ von Enid Blyton, weiter nix«, sagte Onno. »Besonders, nachdem Mudder Viets mir von Olga Pipkow hat ausrichten lassen, daß sie danken läßt.«
    »Stolz? Hab ich anders in Erinnerung«, sagte Raimund. »Erstens haben wir uns gewundert, woher die olle Pipkow eigentlich wußte, daß wir hinter der weltweit berüchtigten, mysteriösen hilfreichen Hand stecken. Und zweitens waren wir enttäuscht, daß der Skandal des Drogenmißbrauchs nicht viel mehr Staub aufgewirbelt hat.«
    »Ah«, sagte EP. »Ihr habt erwartet, daß die Pipkows mindestens geteert und gefedert über die Wilhelmsburger Reichstraße geprügelt werden.«
    »Genau«, sagte Raimund melancholisch.
    »Ich weiß nicht«, sagte Onno. »Ich weiß nur noch … dies unglaublich prickelnde Gefühl, als ich diese rot-weiße Zigarettenschachtel da fand. Das war unglaublich, war das.«
    EP unterdrückte es, doch ich konnte es von seinen Lippen ablesen, das Wörtchen »ewiger Kindskopf«.
    Nun, seien wir weitherzig. Nennen wir es Onnoleszenz.
    Und Fiona? Von Fiona hörte ich seit Onnos Mallorca-Abenteuer fünfmal.
    Das erste Mal, kurz nachdem sie in der HEZ entblößt worden war: da entblößte sie sich in der Hamburger Abendpost, und zwar unter der Überschrift JETZT REDE ICH!
    Das zweite Mal gleich tags darauf: Sie war Gast bei GMG, und es war unglaublich, aber ein gewisser Stolz war durchaus unverkennbar: Stolz, daß sie überhaupt noch einmal für wert erachtet worden war, zwei Spalten und ein Riesenfoto auf der berüchtigten letzten Seite der HEZ zu füllen.
    Das dritte Mal Monate später, beim Promi-Dinner, und das vierte Mal zwei Jahre später, beim Promi-Kotzen. (Sie belegte den undankbaren vierten Platz bei der Wahl zum Dschungelkönig.)
    Und das fünfte Mal vor kurzem erst: Ich hatte meine Autowerkstatt gewechselt, wo – das entdeckte ich während meiner viertelstündigen Wartezeit am Tresen der Auftragsannahme – sie im Büro saß. Ein ölverschmierter Beau sagte: »Fiona? Du hier – und nicht im Pirelli-Kalender?« Und Fiona schüttelte ihre güldenen Locken und strahlte: »Mehmet?! Hallo?! Geht’s noch? Könntest du dir vielleicht mal was Neues ausdenken?«
    Offensichtlich wurde sie sehr wertgeschätzt, wenn nicht verehrt.
    Hein Dattel blieb Gerüchten zufolge in Amerika. Höchstwahrscheinlich taucht er mit achtundachtzig Jahren wieder auf, frisch zurück von der Großmückenjagd am Schnoddrigen Haff oder keine Ahnung, erstattet Onno Bericht über die damalige zagen »Operation Augenschmaus« und zieht ihm als Zeichen des Verzeihens ein Buddelschiff über die Rübe.
    »Und tauft dich«, fügte EP beim Après-Pingpong hinzu – nachdem wir ihm das ganze Desaster in Fortsetzungen erzählt hatten –, »auf den Namen, sagen wir mal: Üröngnangt. «
    Das war ganz schön, sagen wir: bitter. Doch Onno grinste. Ein bißchen diagonal – zwei, drei μ zu diagonal, zagen –, doch allemal gütig. Und es dauerte zwar ein bißchen, aber dann sagte er’s: »Öff, öff«, sagte er.

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