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Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Titel: Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schulz
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Ohren angelegt, den Schweif elektrisch geladen. Herrchen reißt es zurück.
    Dagmar war inzwischen lediglich bis Tisch 3 vorgerückt und stand neben den bleichen Engländerinnen. Die letzteren Vorgänge sind auf dem Film folglich nur teilweise erkennbar gewesen, teilweise von den Tischen 2 und 1 verdeckt worden. Der Hüne, zwischen dem Love – Typen und dem braungebrannten Rentner stehend, winkt. Winkt ihr. Winkt sie zu sich und spricht.
UT: Komm? Komm? Kommkommkomm?
    Und mit bei jedem Schritt wippender Linse nähert sich die Kamera dem Hünen. Er wartet, winkt, winkt so lange, bis sein fürchterliches Gesicht das Bild voll ausfüllt. Dann fängt er erneut an zu sprechen. Spricht, während sein schwarzer, vollpupilliger Blick sekündlich zwischen denselben fünf, sechs Strahlen wechselt: vermutlich Richtung Steuerbord, Mittelgang, halb Backbord, voll Backbord, Platz 1 C, Boden.
UT: Ich liebe Tiere. – Ich liebe Tiere. – Ich liebe nichts so wie Tiere. Wenn ich überhaupt irgend was liebe, dann Tiere. Menschen …? Dreck. Menschen sind Dreck. Abschaum. Nichts als Abschaum.
    Er nickt, und während er die Kamera mit dem Blick zwingt, ihm, als er sich niederhockt, zu folgen – die Kameralinse mit seinem Blick zu sich herunterlotst –, schwillt im Off das langatmig herausgepreßte rrrrrrrr des weißen Hundes zu RRRRRRR , zwecks Einatmung regelmäßig unterbrochen von raschem, raubtierhaftem Röcheln.
    Der Hüne hat sich auf Stuhl No.   1   B gehockt, dem Schäferhundführer samt Schäferhund zugewandt, dem braungebrannten Rentner wie der gesamten Backbordflanke den Rücken kehrend – genauso gut wie er selbst weiß jeder dort, daß ihn jede Bewegung aufgrund der noch so schwachen Spiegelschemen in den Steuerbordfensterscheiben verriete. Der Hüne dirigiert Dagmar in die beste Position, um hundertachtzig Grad gedreht, nun also über die Steuerbordflanke hinweg in Richtung Heck filmend. (Wobei einmal kurz auch der Blinde und seine Begleitung ins Bild geraten, die an Tisch 5, Steuerbord, sitzen, der bisher nicht im Film zu sehen war. Außerdem, allerdings recht schemenhaft im milchigen, unregelmäßig bläulich aufblitzenden Gegenlicht und darüber hinaus inzwischen bereits erstaunlich weit entfernt, eine bemützte Polizistengestalt. Steht auf dem Anleger vor dem Café Lorbaß, wahrscheinlich mit einem Feldstecher vor den Augen. In ihrer scheinbaren Einsamkeit und starren Haltung bildet sie einen seltsamem Kontrast zu den Geschehnissen. – Die Backbordflanke der Saselbek ist in dieser Perspektive unsichtbar.)
    Der Hundeführer – im Bild hauptsächlich seine Fäuste mit der kürzestmöglich gerafften Leine, die nackten Knie – hat Mühe, seine Hündin zu bändigen, obwohl die kaum Raum zur Kraftentfaltung hat zwischen den Beinen ihres Herrn, halb unter der Stuhlfläche, an der kurzen Leine. Die impulsiven, vergeblichen Kontraktionen ihrer eingezwängten Muskeln modulieren die Tonhöhe des schlagbohrerrauhen Knurrens. Ihre schneereine Anmut wirkt vergiftet; wüst gesträubt die Unterwolle (wie vermutlich auch die langen Haare auf ihrem Widerrist unterhalb der Stuhlfläche), die Ohren angelegt, die Zähne im Maulkorb gefletscht, auf den Augen ein brenzlig schillernder Ölfilm.
    Schsch, macht der Hüne und sagt etwas, das klingt wie:
UT1:  Wie heißt er denn?
    Der Hundehalter antwortet etwas, das klingt wie:
UT2:  Bella. – Bella.
UT1:  Wa?
UT2:  Bella. Bella. – Bella.
UT1:  Bella! – Bella … Wie alt ist sie denn?
    Hundebesitzer unter sich.
UT2:  Wird drei, wird drei im September.
    Bedenklich, ja skeptisch wie ein Arzt wiegt der Hüne seinen Kopf, ja senkt ihn schließlich, traurig, aber gefaßt. Vorsichtig – vermutlich, um die Hündin ruhig zu stimmen; wegen des Maulkorbs kaum aus Bangigkeit – streckt der Hüne Bella den linken Handrücken mit den ZACK – Knöcheln hin. Hält sie ihr unter die vor Angst und Wut gerunzelten Nüstern. Geschlagene achtunddreißig Sekunden lang (während im Hintergrund ein neuerlicher, ständig mißlingender Kanon von Täää täää – Tönen nervt).
    Doch das Tier läßt sich nicht kirremachen. Mit glitzernden Augen bleibt es auf der Hinterhand gespannt wie eine Stahlfeder, Röcheln und Knurren rhythmisch nun ein wenig angeglichen.
    Die Linke nach wie vor unter der Nase des Hundes, schaut der Hüne in die Kamera. Ein böser Lippentic beginnt aktiv zu werden – beide Mundwinkel immer wieder ruckartig herabgezurrt von bleischweren Haßkugeln;

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