Op Oloop
weichlichen Gewächse. Es sind makabere Züchtungen, die Schöpfungen trunkener Dämone. Gib keiner Versuchung nach. Es ist kein Wasser, was aus der Quelle springt, sondern ätzendes Soda. Durch die Sprünge in den Wänden und die Klüfte im Onyxboden dringen monströse Phosphorwesen, die sich in der feuchten Schwere der Luft ausdehnen und kreuzen. Wir müssen uns in dem unschuldigen Glauben verschanzen, der uns in die Überwelt brachte. Den Schlüssel aus Licht zu unserem eigenen Labyrinth wiedererlangen. Wenn nicht, sind wir verloren.«
»Welch großes Unglück! Was gäbe ich nicht, um dieses Gestrüpp niederzukämpfen! Was gäbe ich nicht, um zu dem Pfad aus Vergißmeinnicht und Immergrün zurückzukehren, der zu den psychischen Brücken führt, die die Wunderwelt mit der Normalität verbinden!«
»Zu geben bedeutet nichts. Sich geben ist, was zählt. Unser Egoismus hat das Idyll der Traurigkeit und des Opfers zerbrochen. Wir haben unseren Willen auf die unmittelbare Erfüllung des Wunsches gesetzt. Es ist unsere Schuld. Uns mangelt es an der heroischen Aufrichtigkeit der reinen Liebe, die sich selbst entsagt.«
»Pst! Ich höre ein Lachen … vielfaches Lachen …«
»Vielfaches Lachen?«
»Ja, von dort … von denen da drüben … Sieh nur, sieh!«
»Ah! Natürlich. Ich kenne sie … Schadenfreude ist wie Kitzeln für die Schamlosen. Sie lachen natürlich ohne Grund. Sie lachen über Landrú, den feurigem Liebhaber, der die Asche seiner Liebchen in seinem Juweliersofen aufgestapelt anfacht. Sie lachen über Heinrich den Achten, der die Liquidation seiner Ehegattinnen durchspielt: Katharina von Aragonien, Anne Boleyn, Catherine Howard, Anne de Cleve … Sie lachen über jene, die die eingeborene Erfahrung der Liebe hatten und die sexuelle Wahrheit im Tod suchten: im Staub des Todes. Dummköpfe!«
»Wer sind sie?«
»Ein paar Gescheiterte: Casanova mit Madame Bovary, Lucrecia Borgia mit Werther, Franziskus von Assisi mit Naná, Christine von Schweden mit Rasputin, Rodolfo Valentin mit Theresia de Jesús …«
»Und diese abgefeimte und höhnische Hyäne, die eine feine zimtfarbene Statue bewacht?«
»Das ist keine Statue. Es ist die einzige treue Ehefrau von Chosrau dem Zweiten. Die anderen vierzehn Ehefrauen liegen in jener rumorenden Spottgrube, in der sich die dreitausend Ehefrauen von Rama dem Fünften befinden, mit ihren stets von Vampiren ausgesaugten Brüsten und von Inkuben mit Schmirgelphalli niedergemachten Geschlechtern. Die Hyäne ist Leporello. Du weißt nicht, wer Leporello ist? Er ist ein Kollege von mir. Der Statistiker von Don Juan, der das Register seiner Abenteuer und die Berechnung seiner Eroberungen aufstellte. Er singt. Möchtest du die Arie hören, die Mozart für ihn komponiert hat? Er wird dir, wie Doña Elvira, von der Anzahl verlassener Liebhaberinnen berichten:
640 Italienerinnen
100 Französinnen
91 Türkinnen
221 Deutsche
1003 Spanierinnen.«
»Nein, nein. Mir reichen deine Zahlen. Laß uns bitte aus diesem Klima hinaustreten, das zugleich beengend und ausladend ist. Mich entnerven seine abwechselnden Windstöße von Sapphismus und Kargheit, von Perversion und Spott.«
»Hinaustreten ist hineintreten. Wir sind wie umgestülpte Handschuhe. Alles in uns ist umgekehrt. Die Marter ist unvermeidlich. Ich weiß es. Ich konnte ihr bei jenen anderen Gelegenheiten nicht ausweichen, als ich verstohlen, in Schlaf gekleidet, allein durch diese magischen Gründe lief.«
»Dort hinten ist ein Licht. Gehen wir.«
»Ein Irrlicht … Die Baracke aus geschliffener Kälte, in der Descartes wohnt, seit er in der Liebe Isabels von Böhmen erfroren ist. Er ist ein verschmitzter und schwer zu packender Verkehrslotse. Man darf nicht mit ihm zweifeln. Seine Anweisungen führen in die Sackgasse. Ich kenne den richtigen Paß. Wir müssen einen Weg wählen, der mit obszönen Grenzsteinen gekennzeichnet ist. Wenn dir noch Schamhaftigkeit geblieben ist, zügele sie. Hier verliert sich die Frau, die errötet; denn die Schamesröte zeigt ihr Wissen um geschlechtliche Liebe und Genuß. Und sie wird von unendlichen Kräften angezogen, die sie zahllose Male in Besitz nehmen. Sei gleichgültig. Wenn du es bist, wird unser Weg kurz sein.«
»Ich glaube, ich falle in Ohnmacht. Gerade weil ich keine Scham vor der geschlechtlichen Liebe habe, beleidigt mich die dichte Realität des Alptraumes. Sie kommt mir vor wie die phallische Kristallisierung aller weiblichen Begierde.«
»Viel mehr … Doch sprechen
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