Op Oloop
uns.«
»Mir gefällt diese ebene Landschaft aus durchscheinendem Schilfrohr, geradlinigem Wasser und himmellosem Himmel. Baden wir? Aber mache dich frei von dir selbst. Sei, wie ich, eine nackte Psyche.«
» Oh, Franzi! Welch törichte Unachtsamkeit! Es ist schon vollbracht. Siehst du mich noch?«
»Nein. Jetzt nicht mehr. Selbst die drolligsten Anzeichen deiner fleischlichen Falschheit sind erloschen.«
»Danke. Ich weiß, daß ich ein durchsichtiger Schatten bin. Ich kenne meine Fähigkeit, mich in Licht zu verschließen. Doch manchmal verfolgen mich meine eigenen Sylphen. Und kleiden mich in Gewänder der Kausalität und der nervösen Tunika des irdischen Op Oloop. Doch ich habe meine Tricks. Und verschwinde auf eine Weise, daß nicht einmal ich selbst mich identifizieren kann, solange ich schweige. Du weißt, daß der Gesichtsausdruck die fleischerne Grenze des Geistes ist. Das wirkliche Gesicht ist jenes, welches wir erahnen, gebildet aus den Ausstrahlungen, die seine Weisheit, sein Duft und seine Musik zusammenfügen.«
»Dies fühlte ich intuitiv, als ich dich kennenlernte. Dein ganzes Wesen drang auf melodische Art in ein Gehör, von dem ich selbst nicht wußte, daß ich es besaß.«
»Ja. Wenn man nicht liebt, ist das Gesicht eines jeden ein Damm gegen das Eindringen oder die Dreistigkeit der anderen. Wenn man jedoch liebt, ein Damm, der vom Zärtlichkeitsfluß der Pupillen und den heißen Strömungen des Wortes mitgerissen worden ist.«
»Warum wissen mein Vater und mein Onkel das nicht?«
»Weil sie ihre Eigenliebe anstauen. Die Materie beherrscht sie und verdörrt ihren Geist. Vergib ihnen. Rufe stattdessen die Seele deiner Vorfahren an. Hier schließen sie sich in dir selbst zusammen. Die Seelen der Vorfahren, seien sie vergilbt oder noch frisch in der Erinnerung, leben immer weiter. Und wenn sie sich in uns neu beleben, ist es einfach, die Höhe und Niedrigkeit ihrer Leidenschaften abzuwägen. Die Auferstehung ist eine ursprüngliche Funktion der anderen Seite, also des Jenseits, in dem wir uns befinden. Konzentriere dich. Sobald du sie herbeirufst, werden sie sich in dir versammeln. Hier blühen die Mysterien.«
»O Wunder! Wie viele verwandte Seelen umgeben mich! Ei, da ist die Großmutter meiner Großmutter, die mich segnet. Da ist die Großmutter meiner Mutter, die mich küßt. Da meine Großmutter, die lacht. Da meine Mutter, die schweigt. O Wunder!«
»Nutze den Zauber. Der Bruch mit den Blutsverwandten ist gekittet. Rede mit ihnen. Frage sie um Rat. Hier werden Geheimnisse unweigerlich zu Hindernissen, und die Vorahnungen haben bereits das Wirkungsvermögen der Taten, die sie ankünden.«
»Sie um Rat fragen, worüber denn?«
»Über uns. Sie wissen es. Alle Gedanken, Gefühle, Willensäußerungen dringen bis zu dieser unsterblichen Welt durch. Da wir das Kosmische geerbt haben, das es in ihren Seelen gab, und da die spirituelle Verkettung jene Episoden, die sie ›erlebten‹, mit denen verbindet, die wir erleben, können sie uns lehren und uns ein Beispiel sein; denn da sie vor den gleichen Zweifeln gewankt haben und mit den gleichen Tränen gequält wurden, haben sie uns die Erfahrung unserer Niederlagen und unserer Freuden voraus. Zudem ist in der Überwelt alles von seherischer Klarheit. Indem sie Traumschichten ergründen, gelangen sie vor uns zu dem ursprünglichen Wasser, in dem sich das Bewußtsein badet …«
» … «
»Und?«
»Halleluja! Halleluja! Ich habe mich nicht getäuscht! Sie haben mich umringt. Ich habe eine vielstimmige Lobrede gehört. Und einen Rat von meiner Mutter: ›Das Beständige, nicht das Feurige; die gefestigte Würde, nicht der vorübergehende Wagemut. Und alle drängten mich, zu dir zurückzukehren, mich in deine Seele einzupflanzen, bis zur Auflösung des Rätsels.«
»Sag mir: War deine Mutter in ihrem kurzen Leben glücklich?«
»Nein. Sie selbst hat es mir gesagt. Sie verfehlte das wahre Ziel. War eine Witwe der Gefühle, bevor sie im Tod wiedergeboren wurde. Und so lebt sie weiter. Sie brachte eine unerwiderte Liebe mit her. Und da die Trostlosigkeit jenseits des Grabes die schlimmste Tragödie ist, erleidet sie den lebendigen Tod einer toten Liebe.«
»Daher ist es notwendig, sich nichts vorzumachen. Die wahre Liebe ist eine wechselseitige Versklavung.«
»Unsere Liebe, zum Beispiel …«
»Ja. Legen wir im gegenseitigen Einvernehmen fest, daß unser Joch Liebe ist.«
»So sei es. Eine Liebe der allerfeinsten Art, gereift in
Weitere Kostenlose Bücher