Op Oloop
Seelenwanderungen. Die Atmosphäre einer ruhenden Glocke, die großes Freudengeläut und den Aufschwung von Lachen und Tauben verheißt.«
»Ich sehe allerorten Monster. Du redest Unsinn. Das Firmament ist zerknittert. Es weht ein giftiger, brünstiger Geruch. Ich hasse diesen Boden aus steifen Schuppen. Warum lockst du mich in diese phantastische, aufgeblasene Landschaft aus Unterseeflora und Mikrobenfauna?«
»Wie bitte! Siehst du nicht diese Fontänen aus Milch, Honig und Wein?«
»Nein.«
»Nein? Und diese Grazie, die den Äther verzaubert?«
»Nein.«
»Dann, mein Liebling, ist der Saum deines Geistes verschmutzt. Wie hast du die Götter getäuscht, die den Eingang in die Überwelt bewachen? Ich werde dich exorzieren.«
»Warum das? Meine Seele ist immer ein ›einhelliger Konflikt von Weißtönen‹ gewesen.«
»Ja, aber die sich verflüchtigende Materie bringt manchmal die Pest ihrer Erinnerung mit. Reinige dich in einem Feuerbad.«
»Nur wenn du dich zur Verfügung stellst … Du allein bist der für mich geeignete Schmelztiegel.«
»Gut. Komm näher. Auf daß die Verbindung vollkommen sei. Daß wir im Rausch übereinstimmen und unsere Ausströme sich nebeneinanderreihen … So. Bemerkst du etwas?«
»Ja. Ein zähflüssiges Grün, das zergeht …«
»Die Fasern des Hasses!«
»… opalene Kokons, die sich auflösen …»
»Vergängliche Hoffnungen!«
»… und ein morastiger Ockerton, der verschwindet …«
»Deine Wünsche!«
»Es ist seltsam! Jetzt nehme ich deine Stimme ganz deutlich wahr. Mir scheint, daß ich mich in einer rosafarbenen Bucht befinde.«
»Mein Herz umhüllt dich.«
»Ja?! … Doch ich begreife diesen verwunderlichen Umschwung nicht. Welche Hexerei liegt in alledem?«
»Überhaupt keine. Hast du nie im Schlaf gesprochen? Wir sind zwei Schlafredner, die sich miteinander unterhalten, nichts weiter. Die sich unterhalten und sich verstehen. Sei achtsam. In diesem Zustand mischt sich das vorherige Leben mit dem zukünftigen. Du wirst noch sehen … Hier bewegt man sich vorwärtsschreitend zurück, denn es gibt keinen Raum in der Traumzeit.«
»Welch Balsam deine Stimme! Sie ist voller Musik!«
»In dem ›leblosen Leben, das wir leben, klingen alle Seelen unaussprechlich wie ein Gebet. Die deine liebkost mich mit der Süße ihres Schmerzes.«
»Was für ein Unterschied! Ist eine so große Zärtlichkeit denn möglich? Ich befand mich in einer Ödnis aus Ekstase, die Brüste verhärtet und die Augen blutunterlaufen. Die Luft war asketisch. Sie hatte verletzende Schärfen wie das Geheule von Hyänen. Und es gab Hyänen …«
»Ich weiß, Franziska. Lösche deine Erinnerungen aus. Wie habe ich gelitten, um dich zu finden! Deine Klage erreichte mich beschädigt, zerquetscht, über Straßen, billige Rummel und die Verzahnung von Häusern und brachliegenden Grundstücken hinweg. Wie ebenmäßig sind die Wellen und Brisen, die nun Zugang zu uns finden! Fern des Fleisches, des winselnden Fleisches, vereint uns ein weitläufiges Flußbett, das reine Flußbett der Liebe! Welch Wonne! Fühlst du nicht, wie wir in der tiefen Glückseligkeit ihrer Resonanzen erzittern? Erhöht dich nicht dieser Gefühlsfluß, der vom Herzen des einen zur Seele des anderen strömt? Ein Gefühlsfluß, der die Ufer des Geistes erfrischt und die Schöße des Todes befruchtet.«
»Achje!«
»Keine Seufzer. Statte die Wahrhaftigkeit dieser unverletzlichen Einsamkeit nicht mit Nostalgien aus. Hier bestimmt unser Glück die absolute Freiheit. Es gibt eine spezielle Sprache für verwandte Seelen.
Und das Glück transzendiert nicht. Es verschmilzt im allgemeinen Genuß der freien Seelen.«
»Dein Trost wiegt alle gemeinsamen Opfer auf. Zu leiden ist die beste Art zu säen. Welch schöne Ernte fahre ich ein! Ich wollte weiter leiden …«
»Unmöglich. Das kannst du nicht. Hier leidet man nicht. Man ist, merkst du es, man ist. Einzig die Gegenwart entflieht dem Schmerz. Sein! Hier ist das Erleben der Liebe perfekt … Lichtgefülltes stillstehendes Wasser, in dem niemand ertrinkt. Dort … tritt mit der Liebe das Leiden auf …«
»Pst! Laß uns nicht wieder unsere dunstigen Träume dem Vergessen entreißen. Gehen wir.«
»Wozu, wenn wir allgegenwärtig sind?«
»Oh, welch unverhofftes Wunderwerk!«
»So ist es immer. Sieh, wie es sich wandelt. Das Flüchtige garantiert den Fortbestand des Bildes. Wir sind die Objektive, die den Fluß des Lebens einfangen. Alles fließt zu uns, unter uns, in
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