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Op Oloop

Op Oloop

Titel: Op Oloop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Filloy
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querschlagenden Egoismus, der dazu rät, sparsam mit den Gefühlsausgaben zu sein, um sie in Fülle genießen zu können oder fröhlich zu verprassen, wenn der entscheidende Augenblick des Schicksals kommt.
    Sie befanden sich in dieser lichten Stunde.
    Die Freundschaft – die Vertrauen ist – hatte sich in Liebe verwandelt – die Vertraulichkeit ist. Das wechselseitige Verlangen warf – gestützt auf ein intaktes Guthaben an Illusionen – seinen Vorschuß ab. Die Sinnesbande waren durch die gegenseitige Durchdringung miteinander vernietet worden. Es fehlte nur noch die geistige Verschmelzung, die die eigenen Skrupel und die vorgefaßten Meinungen des anderen auflöst. Und wie es immer geschieht, vollendete sich die Verschmelzung mit dem Eintritt des Gefühlsdenken des einen in das des anderen, um gemeinsam die Behälter zu erhitzen, die Giftstoffe aufzukochen und schließlich die geistigen Essenzen zu gewinnen.
    Die Bewußtlosigkeit, die im Wachzustand durch shocks, Traumata entsteht, verwandelt sich im darauffolgenden Zustand der Hypnose in Bewußtheit. In Franziska und Op Oloop wiederholte sich das Phänomen dieses mysteriösen Vorgangs einmal mehr. Die angegriffene oder schikanierte Materie projiziert außerhalb ihrer selbst Hilferufe und Bitten um Schutz. Der Verstand des Menschen fällt in Ohnmacht, doch nicht der innere Begriff von der Spezies. Seine Mechanismen sind unverwundbar. Unter diesen Umständen empfängt das verflüssigte Gehirn die vom Bewußtsein gegebenen Anordnungen und Suggestionen und strahlt sie aus. Dann verstehen sich die verwandten Geister. Und wenn der äußere Anreiz bereits vergessen ist, geben sich die Seelen den allein ihnen vorbehaltenen Ausdehnungen hin, die wegen ihrer Paranormalität das Privileg genießen, keine Erinnerung zu hinterlassen.
    »Die moderne Wissenschaft neigt immer mehr dazu, mit dem Unsichtbaren zu arbeiten«, behauptet Sir Oliver Lodge. Die der Tierhaftigkeit des Menschen innewohnenden Fähigkeiten schärfen sich. Noch sind sie von theologischen, politischen, rationalen Unreinheiten verkrustet … Ohne Umschweife gesagt, was für das Tier einfach ist, wurde von uns befleckt. Doch vielleicht werden wir bald das noch unbestimmte hellseherische Vermögen zur Übertragung und zum Empfang zurückgewinnen und die Eigenschaften erlangen, die das Leben nach dem Tode fortführen und das Denken von der Materie lösen. Alle Phänomene der Überwelt werden ihren beunruhigenden Charakter verlieren. Das Übernatürliche wird ›die allernatürlichste Sache‹ sein. Die Intelligenz hämmert auf die Bastionen unserer Erblasten ein. Die Intuition, die die dichtesten Schichten des Rätsels durchlöchert, ahnt bereits etwas. Symbole und Allegorien erheben sich. Personen, die als Medium fungieren, kundschaften das Transzendente aus und tragen mit ektoplasmatischen Skizzen klare Zeichen bei. Richet vertieft sich, William Crookes experimentiert. Schon werden keine Vorahnungen mehr zusammengetragen, sondern Gewißheiten. Es verbreiten sich heftige Anzeichen, daß die Entdeckung bevorsteht. Der nach innen reisende Christoph Kolumbus, dazu bestimmt, von unserem physischen Kontinent ausgehend zur Priorität jener Inhalte zu gelangen, wird der Größte der Jahrhunderte sein. Die Schiffe kommen voran. Das Licht, die Elektrizität, der Magnetismus, die Schwerkraft, bis gestern unwägbare Einheiten in der großen Leere des Raums, geben der Verstandeskraft nach. Die vier unbekannten Größen der Philosophie stehen in der verminderten Leere des Geistes vor ihrer Enthüllung. Ein seltsames Herzklopfen geht dem Jubel des Triumphes voraus. Diesseits der mit Welten bevölkerten großen Leere und jenseits dieser mit Fleisch ausgeschlagenen Leere schlägt ein Herz, schlägt ein Herz! Ist es unser Herz oder das Herz der Welt? Die Wissenschaft, die mit dem Unsichtbaren arbeitet, wird es uns verraten … Vielleicht sind es die beiden Herzen, die versenkt im Auf und Ab der kosmischen Kräfte im gleichen Rhythmus schlagen.

21:00
    Die Nacht versank in kaltem Nebel. Es war neun Uhr. Die bewegte Luft, die wie ein langer Talar wehte, legte sich starr um das Blattwerk der Bäume. Scharfe Böen beschleunigten den Fall der Herbstblätter.
    Op Oloop war ein Schatten.
    Ein Parkwächter, der seine abendliche Runde drehte, näherte sich ihm. Er nahm Notiz von seinem gleichmäßigen Atem, seinem vornehmen Habitus und der unbequemen Positur. Gewöhnt daran, Betrunkene hinauszubefördern, Arbeitslose wegzujagen und

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