Op Oloop
der seine Erinnerung dadurch überdeckte, daß er häufig neue Krawatten zur Schau trug. Doch Op Oloop betrachtete seinen eigenen Fall nicht. Und er verweilte dabei, wer weiß was für Berechnungen mit 22.4, 224, 4.22, 422, 42.2 anzustellen.
Robín Sureda – olivfarbenes Gesicht, krauses Haar und die Schultern eines Kaiarbeiters – holte ihn zurück in die Realität.
»Hallo, Op Oloop! Wie seltsam, Sie, so spät!«
»Richtig. Ich kann es mir nicht erklären.« Er sprach mechanisch. Doch als er sich selbst hörte, wurde er angeregt, sein Rechenspiel laut fortzuführen. »Aber es ist nicht so schlimm. Immerhin, es ist 42 Uhr 2, ich meine 22 Uhr 4. Haben Sie es bemerkt?
Sehen Sie. Heute ist der 22. Tag des 4. Monats und ich bin um 22 Uhr 4 Minuten angekommen. Das ist ein wundervolles Vorzeichen! Kehren Sie die Ziffern um und sehen Sie selbst. 42 ist das Doppelte von 21, meiner Lieblingszahl, gebildet aus der 19, der goldenen Zahl der Griechen, und der 2, die in der Sphärenharmonik des Pythagoras bedeu …«
Er wurde unterbrochen.
In diesem Augenblick näherten sich seine Freunde Ivar Kittilä, ein von einem lokalen cinematographischen Unternehmen unter Vertrag genommener Toningenieur, und Erik Joensun, ein ehemaliger U-Boot-Kapitän.
Er gab sich redliche Mühe, sie zu begrüßen. Sein vom Rechenspiel auf Touren gebrachter Geist kreischte bei der Vollbremsung.
»Sie kennen sich, nicht wahr? Robín Sureda …«
»Ja.«
»Natürlich. Der ›ewige Student‹ …«
»Der e-wi-ge Stu-dent?« stotterte der Angesprochene.
»Ja. Ein Spaß meinerseits. Ivar kannte Sie durch Referenzen. Da ich immer auf Ihren Drang angespielt habe, Ihre Studien mit der größten Bedachtsamkeit durchzuführen … indem Sie freiwillig durch die Prüfungen fallen … ist eines Tages der Spitzname des ewigen Studenten entstanden …«
»Welch Spaß haben Sie daran, jemanden auf den Arm zu nehmen! Trotz alledem, es ist die Wahrheit. Ich falle absichtlich durch Prüfungen.«
»Natürlich!«
»Selbstverständlich!«
»Nicht der Rede wert! … Doch gehen wir hinein. Dort sind die anderen. Kommen Sie.«
Allein und unübersehbar saß Gastón Marietti mit einem Glas byrrh in der Hand da, vor einer mysteriösen Flasche und dem unberührten tricornet der Vorspeisen. Unmöglich, mehr Würde in einem Körper von zweiundfünfzig Jahren zu finden!
Außerhalb seines Blickfeldes, hinter einem mit Farn und Schildblumen bewachsenen Geländer, tranken ihren vierten Manhattan: Cipriano Slatter – ein Gesicht wie auf einem polizei-dienstlichen Erkennungsbogen – und Luis Augusto Peñaranda – ein Übergewichtiger am Beginn seiner Laufbahn mit blassem und glänzendem Teint.
Op Oloop strahlte vor Wohlgefallen angesichts der Pünktlichkeit seiner Gäste. Er führte sie zusammen. Mit Ausnahme von Ivar Kittilä kannten sich alle. Sie pflegten mehr oder weniger regelmäßigen Umgang und hatten mehrmals auf seine Einladung hin zusammen gespeist.
»Ivar, Señor Slatter ist der Chef des Amtes für Wasserversorgung, von dem ich dir erzählt habe.«
»Ah! Sehr gut. Dann sind Sie also der Zuhälter?«
»Zuhälter? Schön wär's! Luis Augusto Peñaranda, nichts weiter als Luftfahrtkommissar der Republik.«
Das ausgelassene Lachen des quid pro quo brach plötzlich ab. Es näherte sich Gastón Marietti, die tenue tadellos, und mit einer hellen Zigarette zwischen den sorgfältig manikürten Fingern: »Nein, der Zuhälter bin ich.«
Die strenge Nüchternheit der Antwort schüchterte den Toningenieur ein.
»Dies … Ich bekenne … daß ich … dem Wort … keinerlei Hintergedanken zugedacht habe …«
»Noch habe ich ein solches getan. Ich bin ein simpler Ausbeuter von Frauen, nicht mehr und nicht weniger, als die Kapitalisten es von den Männern sind.«
»Hmm! … Es gibt einen Unterschied.«
»Der Unterschied ist zu meinen Gunsten, ich verscherze es mir nicht mit dem Alter.«
»Dafür aber mit der Jugend.«
»Bah! Sie macht es mit soviel Gefallen! Ich kann Ihnen versichern: es ist eine sehr angenehme Arbeit für die Mädchen …«
Op Oloop griff ein.
»Gut. Die Sache ist geklärt. Gehen wir in den Speisesaal. Ich bin es gewohnt, den Aperitif genau dann zu trinken, wenn man es sollte: am Tisch selbst, um den Appetit anzuregen. Ich habe einen zubereiten lassen, der dem Gaumen schmeichelt. Grundlage: Tonic Water, Bodensatz: französischer Wermut, Stärke: Whisky Old Parr, Wärme: Cassis Creme, Parfüm: Bitter Angostura, Geist: Absinth-Tropfen,
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