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Op Oloop

Op Oloop

Titel: Op Oloop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Filloy
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weißes Blutkörperchen, das eingedrungene Fremdstoffe auflösen kann –, ich leugne es nicht, paßt sich dem Gewerbe an. Sie schlingen in sich hinein …«
    »Also bitte, Op Oloop! Würde ich auf identische Weise vorgehen, könnte ich aufzeigen, daß maquereau aus dem Lateinischen kommt: von machaera, Hackmesser, Krummsäbel, Machete. Und ich benutze nicht einmal ein Federmesser …«
    »Uff! Sie nerven schon, hick.«
    »Das hier ist nicht die Sprachakademie.«
    »Regen Sie sich nicht auf, Caballeros. Ich habe die Pflicht, die Technik meines Berufs und die universale Semantik der Unterwelt zu kennen. Wenn hier die gleichen Bezeichnungen: souteneur, thôlier, tenancier, wie in meinem süßen Frankreich verwendet würden, wäre die Sache einfacher. Doch noch mangelt es an einem Émile Chautard, der über den Lunfardo ein dem ›La vie étrange de l'Argot‹ vergleichbares Werk schreiben würde. Wenn wir es besitzen werden, werde ich mich mit dem Partikel ›mac‹ zufriedengeben, dem Zufluß von wöchentlichen Wechseln und meinem täglichen Glas picon-grenadine.«
    Die Arbeit der Kellner, die den Tisch nach dem luxuriösen Auftragen der Nachtische abräumten, war geräuschvoll, obschon diskret, und brachte eine erzwungene Unterbrechung in der allgemeinen Unterhaltung mit sich.
    Slatter nutzte den Augenblick, um zum water-closet zu gehen.
    Erik, das Gesicht immer glänzender und geröteter, tuschelte mit Ivar, dessen glatte und runde Züge durch den Kontrast noch bleicher erschienen. Allem Anschein nach ging es um Op Oloop, denn als dieser sich eine Zigarette anzündete, beobachteten beide eifrig, wie er mit müden Augen versunken die Flamme des Streichholzes betrachtete; mit müden Augen, die von weit entfernten inneren Horizonten zurückkehrten.
    Es gibt perfekte Wesen, die – vielleicht aus Verdruß über ihre Tadellosigkeit – Gefallen daran finden, sich mit ungeschlachten Individuen zu umgeben oder deren Freundschaft zu suchen. Ist dieses Phänomen wohl eher der Gefühlswelt zuzuschreiben oder einem Ausgleich der Natur? Darüber dachten sie nach und gaben ihre Kommentare ab. Gastón Mariettis Persönlichkeit stieß ihnen sauer auf. Seine unausweichliche Logik in der Unlogik und seine unerschütterliche Treue zu den absurdesten Perversionen erschien ihnen von ungesundem Einfluß auf ihren Freund. Ihre Moral, einfach und von nackter Schönheit, erlaubte weder eine Komplexität dieses Ausmaßes noch einen derartigen Gebrauch von Zerstückelungen und Paradoxien. In den mitleidsvollen Gesichtern, die sie ihrem Landsmann zuwandten, zeichneten sich ihre Qual und ihre Besorgnis ab. Rebellion und Blasphemie sind dem Mund des Schüchternen näher als dem des Wagemutigen. Doch das wußten sie nicht. Und während sie sich an den jugendlichen Op Oloop erinnerten, in sich gekehrt und diszipliniert, nahmen sie väterlich Zuflucht zu der Erklärung einer bösartigen Ansteckung durch »die schlechte Gesellschaft« des Zuhälters.
    Gastón Marietti nahm mit einem Blick intuitiv den Unbill dieser Überlegungen wahr. Er wollte seine Erbitterung herausbrechen lassen, doch er hielt sich zurück. Die Anstrengung zog ihm den Magen zusammen und ließ ihn aufseufzen. Verdrießlich schob er einen Aschenbecher aus englischem Silber zwischen die Flüsternden, um das Getuschel zu unterbinden. Die fast inquisitorische Haltung, die seine Geste hervorrief, bestätigte die Abneigung der beiden Finnen. Um seine wahre Absicht zu verschleiern, teilte er ihnen mit: »Die Zigarren kommen.«
    Und er löste den bitteren Ausdruck von seinem Mund.
    Der maître bot dem Studenten die erste Zigarre an und besänftigte so, mit heuchlerischer Ehrerbietung, dessen Verärgerung vom Beginn des Dinners. Slatter nahm bei seiner Rückkehr im Vorbeigehen die zweite. Und alle außer Op Oloop und Gastón brachen Marken, Siegellack, Bauchbinden und Zollverschluß auf, packten die riesige Havanna aus ihrem Glashangar und ließen sie umgehend zwischen ihren Lippen einrasten.
    Eine Atmosphäre, die den Duft von Korduan und Zimt, das Aroma von Sandelholz und Kaffee ausatmete, breitete sich um den Tisch aus. Der Qualmvorhang – die übrigen Lichter des grill room waren bereits gelöscht – nahm im Halbdunkel die real wirkende Erscheinung von Tüll an. Und durch den Kontrast des vom Lampenschirm auf das Eiland der Tischdecke projizierten Lichtkegels, bildete sich ein magisches Szenario mit fünf karminroten Brennpunkten. Op Oloop, dessen müde Blicke von weit entfernten

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