Op Oloop
festgestellt. Sorgfältig, umsichtig, wurde meine Begierde von Anfang an von meiner Neigung zu den Zahlen gehemmt. Die maskuline Liebe, von Natur aus mit einem schlechten Gedächtnis ausgestattet, ich habe sie in permanenter Erinnerung systematisiert. Welch enorme Tragödie! Ich habe das genaue Gegenteil von Don Juan, Ihrem ruhmreichen Landsmann, getan …«
»Don Juan, ein Korse?«
»Ja. Unterbrechen Sie ihn nicht. Lesen Sie die Biographie von Don Miguel de Mañara.«
»… der liebte und vergaß. So hat sich meine erotische Genauigkeit in bedrückendes mathematisches Streben verwandelt. Ich habe die Frauen besessen, um ihre Karteikarten zu besitzen. Der ›Besitz‹ hat sich vom Fleisch in die Statistik verlagert. Und ich weiß nicht, welchen seltsamen Zauber ich darin fand, den Geschlechtsverkehr an die Zahl zu koppeln, so daß ich den Genuß der Kopulation verschob und ihn erst in der Glückseligkeit der Berechnung wiedererlangte. Ich sollte Sie nicht mit dem Bericht dieser langen Rundreise durch die tariflich geregelte Liebe belästigen. Ich legte an jeder sinnlichen Mole mit aufgerichtetem Bugspriet an …«
»Es lebe der Bugspriet von Op Oloop! Hick.«
»… und stach sofort wieder befriedigt und mit eingezogenen Segeln in See.«
»Die männliche Liebe ist nichts weiter: ›Eingezogenheit‹ nach dem Orgasmus und Befriedigung dadurch, sich der Sehnsucht hinzugeben …«
»Prächtig, Robín! Der Alkohol verfeinert Sie … Voller Zärtlichkeit setzte ich also auf diese Weise ein extravagantes Logbuch auf, in dem die Wahrheit sich mit der Ausschweifung und der Poesie paart. Es ist das einzig Schöne, was ich in meiner Laufbahn gemacht habe. Hier haben Sie es. Lesen Sie!« »Lesen Sie selbst.«
»Nichts lieber als das. Anfangspunkt: der Tag meiner Ankunft in Amerika: der siebte August neunzehnhundertvierundzwanzig. Ich werde auf die Spaltenüberschriften verzichten:
BIRDIE , 17 Jahre. Blond, »cheveux de lin«. Revuegirl bei Ziegfeld. Was für Brüste! Meine Hände höhlen sich noch immer aus.
SOLANGE , 38, »brünette«, Französin. »Veteranin«. Vier Schwestern, auch Prostituierte. »Chiqueteuse«. Fünfzehn Dollar!
MERKEL , 26, Litauerin, fast Albino. Narbe von einer Kaiserschnittoperation. Schwammig. Ranziger Schweiß. Abstoßend.
DOLORES , 25, Andalusierin, schwarz wie eine Olive. Eine Murillo-Schönheit vor makabrem Hintergrund, eines Valdés Leal würdig.
MARITZA , 42, Wienerin, unauffällig. Eine Freundin von Strauß, dem von »An der schönen blauen Donau«. Sieben Abtreibungen. Der Walzer geht weiter …
FAY , 18, Tochter eines Japaners und einer Mexikanerin. Ölig glänzendes, gescheiteltes schwarzes Haar. Ein Bibelot aus Bronze. Hätschelei und Grausamkeit.
KLYMENE , 31, Griechin, tizianblond. Dürr wie eine Bohnenstange. 19 Jahre »dabei«. Kultur und Koitus stechend.
SHEILA , 22, Marokkanerin aus der Kasbah von Oran. Kupferfarben. Sandige Haut. Affektiert. Selbstsüchtig.
TANKA , 14, Indiomädchen aus dem Cuzco, zitronengelb. Impenetrabel. Argwöhnischer und spitzer Blick eines durch eine Ritze einfallenden Sonnenstrahls.
GWILY , 29, Yankee, rotblond. Ex-Sekretärin der Legation in Quito. Alkaloide. Gewisse Drogen …
COLUMBA , 16, Honduranerin, negroid. Tropisch heiße Scheide. Schlangenhafte Zuckungen. Übelriechend.
DENDERAH , 25, Ägypterin, eine Haarpracht ähnlich wie die von Nofretete. Glubschaugen und Khol. Rasiertes Schamhaar.
LUDMILA , 38, Russin, dunkelhaarig. Tänzerin aus der Truppe von Nijinskij. (?) Enormer Hintern. Hüftschwung einer Gondel.
BEBA , 23, argentinische Mestizin, schwarzglänzendes Haar. Teint »bois de rose«. Sehr eingebildet, aber unbeschreiblich!
»Es reicht, es reicht! Abstoßend, soviel … Statistik.« »Wirklich, Op Oloop … Halt ein.«
Verschlagen, diabolisch hörte der Gastgeber auf zu lesen und pflichtete abwechselnd dem U-Boot-Kapitän und dem Luftfahrtkommissar bei.
»Verzeihen Sie mir. Ich erkenne meinen Mißbrauch. Sie so sehr über und du so sehr unter diesen Dingen! … Von den Wolken aus muß die Liebe etwas Unbedeutendes sein; denn die Höhe verkleinert und löscht. Und vom Grund des Meeres aus etwas Monströses; denn die Wassermasse fungiert als entstellende Linse. Nehmen Sie meine Entschuldigung an. Da wir anderen jedoch auf Straßenhöhe laufen, erlauben Sie mir gerade einmal zwei Worte der Erklärung. Mein Notizbuch ist ein Werk der Erfahrung, nicht der Lust. Es ist weder ein ›Guide-Rose‹ für den Gebrauch
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