Operation 9.11 - Der Wahrheit auf der Spur
neoimperialer Kriege einleiten«, so Mark Burdman in der
Neuen Solidarität
. Schon am Tag nach dem 11. September bekannten sich einschlägige Kreise zum »Kampf der Kulturen«. Burdman zitiert einen Kommentar aus der Londoner
Times
vom 12. September 2001. Geschrieben wurde der Text von einem gewissen Tim Hames, »der führenden Politikern der Republikanischen Partei und der Regierung Bush nahesteht. Hames schreibt dort, die Doktrin vom ›Kampf der Kulturen‹ beherrsche jetzt die Politik: ›Jegliche Illusion, das Ende des Kalten Kriegs habe eine neue Ära ständigen Friedens und Wohlstands eröffnet, wird mit dem gestrigen Tag zerschlagen worden sein.‹«
Das heißt also, der Menschheitstraum von einer friedlicheren, konfliktfreieren Welt, die auf zivilen Regelungsmechanismen beruht, währte nach der Auflösung des Ostblocks gerade mal zehn Jahre. Diese neue Welt wird seitdem Zug und Zug ersetzt durch eine Welt des Hauens und Stechens.
»Die Idee vom Ende der Geschichte, das Francis Fukuyama im ersten Jahr der Präsidentschaft von George Bush senior vor zwölf Jahren lautstark feierte, ist dadurch völlig entbehrlich geworden«, schreibt die
Times
weiter, um fortzufahren:
»Stattdessen werden die Politiker instinktiv eine andere Schrift wieder aus der Schublade hervorholen, den
Kampf der Kulturen
, 1996 von Samuel Huntington verfasst, wo ein Kräftemessen zwischen den demokratischen Kräften unter Führung der USA und den im extremen Islam wurzelnden, den amerikanischen Werten gewaltsam entgegentretenden Fanatikern prophezeit wird.«
Allerdings muss man die letzte Bemerkung noch vom Kopf auf die Füße stellen: »Tatsächlich hat Huntington überhaupt nichts ›prophezeit‹«, gibt Mark Burdman zu Recht zu bedenken. »Vielmehr setzten er und seine Freunde ihre ›Vorhersagen‹ nur in die Welt, um sicherzustellen, dass diese Wirklichkeit wurden.« [371]
Mit dem »Kampf der Kulturen« wurde lediglich die Ideologie für das bereitgestellt, was nach dem 11. September 2001 passierte. Wie man sieht, waren die Veränderungen seit dem 11. September seit langem angedacht und geplant: Die stärkere Rolle der USA nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, die Aufrüstung, die Kriege gegen Afghanistan, Irak und andere – all das stand schon lange auf der Agenda rund um jene Strategen des PNAC , die später die wichtigsten Posten in der Administration Bush bekleideten. Bis zum 11. September allerdings war davon nichts zu spüren. Die Regierung dümpelte vor sich hin wie ein Windjammer in der Flaute, es war, als wartete sie auf etwas – vielleicht auf den langersehnten Rückenwind, mit dessen Hilfe man sich zu fremden Küsten würde aufmachen können. Noch »am Morgen des 11. September wurde im Leitartikel einer bekannten Tageszeitung kritisiert, dass die Außenpolitik der Regierung Bush weder ein Ziel noch die geringste Vision erkennen ließe«, schreibt Eric Laurent in seinem Buch
Die Kriege der Familie Bush
. Die Regierung Bush, so könnte man den Eindruck gewinnen, war eine Regierung im Wartestand. Eine Regierung, die – wissentlich oder nicht – auf eine einmalige Vorlage wartete, um die Rolle ihres »Lebens« zu finden.
Nach dem 11. September war sofort klar, »dass für Amerika eine neue Zeit begonnen hatte«, sagte Bush-Berater und PNAC -Mann Kristol. »Wir konnten Dinge umsetzen, die vorher politisch schwierig erschienen. Machen Sie sich das einmal klar: Drei bis vier Wochen nach dem 11. September führten wir in Afghanistan Krieg, wir hatten Militärbasen in Zentralasien. Wer hätte vorher gedacht, dass das möglich ist?« [372] Tja, wer nur?
Der 2008 verstorbene Harvard-Professor Samuel Huntington war nicht irgendwer, sondern einer der intellektuellen Köpfe der Bush-Administration. Zwar saß er nicht selbst am Kabinettstisch, dafür aber eine ganze Reihe seiner Gefolgsleute. Huntington war ein mächtiger Vordenker in einem dunklen Netzwerk »neokonservativer« Politiker, die später das Kabinett von George W. Bush und die oberen Ränge seiner Administration bevölkerten. Huntingtons Einfluss beruhte auf jahrzehntelanger Indoktrination, Propaganda und Personalpolitik in Universitäten und ultrarechten Denkzirkeln. Dass der US -Präsident seinen Buchtitel praktisch eins zu eins in seine bisher wichtigste Rede übernahm und zum Programm erklärte, markierte Huntingtons geistige Machtergreifung.
Während der Bush- II -Jahre bildeten Huntingtons Freunde aus den unterschiedlichsten rechtsradikalen
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