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Operation Amazonas

Titel: Operation Amazonas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins
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zu haben. Andernfalls hätte sie Marshall und Kelly bloß unnötig in Panik versetzt. Lauren hatte vielleicht zu großes Vertrauen in Alvisios Statistikmodell gesetzt. Dem Epidemiologen konnte sie freilich keinen Vorwurf machen. Dr. Alvisio hatte sie gewarnt, dass seine Ergebnisse alles andere als eindeutig seien. Er müsse noch weitere Daten sammeln und sie miteinander in Beziehung setzen.
    Andererseits traf dies derzeit noch auf alle Ebenen der Untersuchung zu. Mit jedem Tag, da sich die Krankheit in Kalifornien und den Südstaaten weiter ausbreitete, wurden zahllose Theorien über Krankheitserreger, Therapieansätze, Diagnoseparameter und Quarantänerichtlinien aufgestellt. Instar war zur Denkfabrik der Nation geworden.
    Das Institut hatte die Aufgabe, einen Weg durch das Labyrinth wissenschaftlicher Mutmaßungen und spekulativer epidemiologischer Modelle zu bahnen und die Spreu vom Weizen zu trennen. Dies stellte eine große Herausforderung dar, da aus allen Landesteilen Daten hereinkamen. Aber schließlich waren hier auch die klügsten Köpfe versammelt. Lauren ließ sich auf den Stuhl fallen und schaltete den Rechner ein. Das Signal für neu eingetroffene E-Mails ertönte. Seufzend setzte sie die Lesebrille auf und beugte sich dichter an den Bildschirm heran. Dreihundertvierzehn Nachrichten. Und das war bloß ihre private Mailbox. Sie scrollte in der Absenderliste nach unten und überflog die Betreffzeilen nach etwas Wichtigem oder Interessantem.

    Beim Scrollen fiel ihr ein Name ins Auge. Er kam ihr bekannt vor, obwohl sie ihn nicht gleich unterbringen konnte. Sie richtete den Mauszeiger darauf: Large Scale Biological Labs. Sie kräuselte die Nase, dann auf einmal fiel es ihr ein. In der Nacht, als Jessie Fieber bekommen hatte, war sie vom selben Absender angepiept worden, und zwar nach Ivlitternacht. Das erkrankte Kind hatte sie jedoch davon abgehalten, den Anruf entgegenzunehmen.
    Wahrscheinlich war die Nachricht unwichtig, trotzdem öffnete sie die Mail, denn ihre Neugier war geweckt. Die Nachricht erschien auf dem Bildschirm. Dr. Xavier Reynolds. Sie lächelte; der Name war ihr bekannt. Er hatte vor einem Jahr bei ihr promoviert und dann eine Stelle bei einem kalifornischen Labor angenommen. Der junge Mann war einer ihrer besten Studenten gewesen. Lauren hatte versucht, ihn für MEDEA anzuwerben, doch er hatte abgelehnt. Seine Verlobte hatte in Berkely eine Anstellung als außerordentliche Professorin gefunden, und er wollte sich verständlicherweise nicht von ihr trennen.
    Während sie die Nachricht las, verflüchtigte sich ihr Lächeln allmählich.
     
    Absender: [email protected] 
    Datum: 14. Aug. 13:48:28
    Empfänger: lauren=_obrien@ instar.org 
    Betreff : Large Scale Biological Labs

    Dr.O’Brien,
    bitte entschuldigen Sie die Störung. Ich habe heute Nacht versucht, Sie zu erreichen, nehme jedoch an, Sie sind sehr beschäftigt. Deshalb will ich mich kurz fassen.
    Wie viele andere Laboratorien im ganzen Land sind auch wir an der Erforschung der ansteckenden Krankheit beteiligt, und ich glaube, wir sind auf etwas Interessantes, wenn nicht gar die Antwort auf die grundlegende Frage gestoßen: Wodurch wird die Krankheit ausgelöst? Bevor ich meine Erkenntnisse veröffentliche, möchte ich jedoch Ihre Meinung einholen.
    Als Leiter der Proteinforschung hier an den Large Scale Biological Labs versuche ich mit meinen Mitarbeitern, das Proteingenom der Menschheit zu indizieren, vergleichbar dem Human Genome Project, das die DNA untersucht. Daher bestand mein Ansatz darin, die Untersuchung der Krankheit sozusagen von hinten aufzuzäumen. Die meisten Krankheitserreger – Bakterien, Viren, Pilzsporen, Parasiten – lösen nicht von sich aus eine Krankheit aus. Vielmehr führen die von ihnen gebildeten Proteine zum Ausbruch der Erkrankung. Deshalb habe ich nach einem Protein gesucht, das allen Patienten gemeinsam ist.
    Und ich habe es entdeckt! Angesichts der komplizierten Faltung des Moleküls kam mir eine Idee. Das neue Protein weist eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Protein auf, das die bovine Spongioenzephalopathie auslöst, den so genannten Rinderwahnsinn. Waren wir somit auf der falschen Spur, als wir nach einem Virenerreger gesucht haben? 
    Hat in diesem Zusammenhang schon jemand an ein Prion gedacht?
    Eine Abbildung des Proteins habe ich beigefügt.

    Name: unbekanntes Prion (?)
    Substanz: gefaltetes Protein, zweifach w-terminale Alpha-Helix 
    Modell:
               

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