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Operation Amazonas

Titel: Operation Amazonas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins
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    Unters.-Methode: Röntgenstreuung
    EC-Nummer 3.4.1.18
    Quelle: Patient #24-b12, Anawak-Stamm, unteres Amazonasgebiet
    Raumgruppe: P 21 2021
    Elementarzelle:
    Dim: a60,34 b 52,04 c 44,68
    Winkel: alpha 90.00 beta 90.00 gamma 90.00
    Polymerketten: 156L Reste: 144
    Atome: 1286

    Hier haben Sie die Puzzleteile. Da ich Ihren Sachverstand sehr schätze, würde ich mich freuen, wenn Sie mir Ihre Gedanken, Ansichten oder Einschätzungen übermitteln würden, bevor ich diese radikale Theorie veröffentliche.

    Hochachtungsvoll,
    Xavier Reynolds, Dr. phil.
    »Ein Prion.« Lauren berührte das abgebildete Molekül. Sollte es wirklich für die Krankheit verantwortlich sein?
    Sie erwog die Möglichkeit. Die Bezeichnung »Prion« war eine Begriffsverknüpfung aus »Protein« und »Infektion«. Die Bedeutung der Prione für bestimmte Krankheitsverläufe war erst in der letzten Dekade dokumentiert worden und hatte einem Biochemiker aus den Staaten 1997 den Nobelpreis eingebracht. Prione waren in allen Lebewesen anzutreffen, angefangen von Hefezellen bis zum Menschen. Normalerweise waren sie harmlos, doch ihre Molekülstruktur wies einen heimtückischen Doppelcharakter auf, vergleichbar mit Jekyll und Hyde. Die Grundform verhielt sich Zellen gegenüber neutral. Das selbe Protein aber konnte sich zusammenfalten, wodurch ein Monstrum entstand, das den Zellprozessen großen Schaden zufügte. Dieser Effekt war kumulativ. Sobald ein gefaltetes Protein in einen Organismus eingeführt wurde, wandelte es die körpereigenen Proteine um, die wiederum ihre Nachbarn veränderten, was eine Kettenreaktion zur Folge hatte. Schlimmer noch, der Wirtskörper konnte diesen Prozess auf andere Organismen übertragen – ein wahres Ansteckungsphänomen.
    Prionenerkrankungen waren bei Tieren und beim Menschen dokumentiert: angefangen von der Schafräude bis zur Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beim Menschen. Die bislang bekannteste Prionenerkrankung wurde zwischen zwei Spezies übertragen. Dr. Reynolds hatte sie in seiner Mail erwähnt: die bovine Spongioenzephalopathie beziehungsweise der Rinderwahnsinn.
    Diese Krankheiten waren jedoch eher degenerativer Natur, und die Ansteckung erfolgte ausgesprochen langsam. Gleichwohl waren im vorliegenden Fall Prione als Erreger nicht auszuschließen. Sie hatte Forschungsarbeiten zu Prionen und deren Rolle bei genetischen Mutationen und schwer wiegenderen Manifestationen gelesen. Fand hier etwas Ähnliches statt? Und wie stand es mit der Ansteckung durch die Luft? Prione waren kleiner als Viren, und wenn Viren sich durch die Luft ausbreiten konnten, warum dann nicht auch bestimmte Prione?
    Lauren starrte auf das auf dem Bildschirm abgebildete Proteinmodell und nahm den Hörer ab. Während sie wählte, lief ihr ein eiskalter Schauer über den Rücken. Sie hoffte, ihr ehemaliger Student irrte sich.
    Das Freizeichen ertönte, dann wurde abgenommen. »Dr. Reynolds, Proteinlabor.«
»Xavier?«
»Ja?«
»Hier ist Dr. O’Brien.«
»Dr. O’Brien!« Er begann angeregt zu plaudern, offenbar erfreut über ihren Anruf.
Sie fiel ihm ins Wort. »Xavier, erzählen Sie mir mehr von diesem Protein.« Sie wollte möglichst viel in Erfahrung bringen, je rascher, desto besser. Falls Dr. Reynolds Recht hatte, zählte jede Minute …
Lauren fixierte das krabbenartige Molekül auf dem Monitor. Eines wusste sie jedenfalls über von Prionen ausgelöste Krankheiten.
Es gab kein Heilmittel.
       
    9.18 Uhr
Amazonas-Dschungel
    Nate blickte über Olin Pasternaks Schulter hinweg. Der Funkexperte der CIA, der sich über das Satelliten-Computersystem gebeugt hatte, wurde immer nervöser. Schweiß perlte auf seiner Stirn, teilweise Folge der morgendlichen Schwüle, teilweise Ausdruck seiner Bestürzung.
    »Noch immer kein Signal …, verdammt noch mal!« Olin kaute heftig blinzelnd auf der Unterlippe.
»Probieren Sie es weiter«, sagte Frank drängend.
Nate sah Kelly an, die neben ihrem Bruder stand. Ihre Augen
    waren von Angst umschattet. Nate hatte sich verschiedene Schilderungen des nächtlichen Angriffs der vom brennenden Ban-ali-Zeichen angelockten Heuschrecken angehört. Das Grauen überstieg die Vorstellungskraft, wurde durch Jorgensens Tod aber nur allzu real.
    Nachdem sich die Gruppe im Lager am Rande des Sumpfes wieder vereint hatte, hatten die Ranger Wache gehalten. Die ganze Nacht hindurch patrouillierten Wachen im umliegenden Wald, hielten Ausschau nach Feuern und lauschten auf das Schwirren von Heuschrecken. Doch es geschah nichts.

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