Operation Amazonas
kampieren, bis Verstärkung eingeflogen wurde. Der Verlust dreier weiterer Männer würde Captain Waxman in seinem Vorhaben eher noch bestärken. Die Gruppe wurde von nurmehr vier Rangern beschützt. Die stellten keine Bedrohung dar. Louis’ Team konnte den Rest jederzeit erledigen – und er wollte verhindern, dass sich das Kräfteverhältnis wieder verschlechterte.
Er wandte sich an Jacques. »Wir geben ihnen bis Mitternacht Zeit, sich zu erholen, und wenn sie so richtig schön schlummern, wecken wir sie auf und jagen sie in den Wald. Wer weiß schon, welche Gefahren sie noch für uns aus dem Weg räumen?« Louis zeigte zum Sumpf.
»Jawohl, Sir. Ich werde mein Team bei Sonnenuntergang bereithalten. Wir sammeln das Kerosin aus mehreren Laternen.«
»Gut.« Louis kehrte dem Sumpf den Rücken zu. »Sobald sie wegrennen, folgen wir Ihnen mit den Kanus.«
»Ja, Sir, aber …« Jacques biss sich auf die Unterlippe und blickte auf den Sumpf hinaus.
Louis klopfte seinem Lieutenant auf die Schulter. »Keine Angst. Wenn im Wasser noch weitere Bestien lauern würden, hätten sie die Ranger angegriffen. Ihnen wird schon nichts passieren.« Louis konnte die Besorgnis seines Lieutenants jedoch nachvollziehen. Er selbst hatte schließlich nicht vor, den Sumpf im Taucheranzug mit einem Motorschlitten zu durchqueren, allein durch eine Gummihaut vor den Sumpfbewohnern geschützt. Trotz der Nachtsichtgeräte würde sich die Durchquerung dunkel und unheimlich gestalten.
Jacques aber nickte. Er würde seine Befehle ausführen.
Louis ging zurück zum Lager. Nicht nur der Lieutenant war nervös, auch viele andere zeigten Zeichen von Anspannung. Sie alle hatten im Wald die sterblichen Überreste des Rangers gesehen. Der Soldat war skelletiert gewesen, die Augen fehlten – als sei er bei lebendigem Leib aufgefressen worden. Vereinzelte Heuschrecken waren in der Nähe umhergekrabbelt, der Schwarm aber hatte sich weitgehend zerstreut. Vom Maulwurf vorgewarnt, hatte Louis für alle Fälle mit Tok-tokPulver präparierte Fackeln mitgeführt. Tshui hatte glücklicherweise ausreichend trockene Lianen gefunden, um das Pulver zubereiten zu können.
Trotz der vielen Gefahren lief für Louis bislang alles glatt. Er bildete sich nicht ein, dass sie unbemerkt geblieben waren, doch bislang konzentrierten sich die Ban-ali allein auf die Gruppe der Ranger.
Gleichwohl konnte Louis sich nicht darauf verlassen, dass es so bliebe, zumal sie gerade im Begriff waren, das eigentliche Territorium dieses Geheimnis umwitterten Stammes zu betreten. Und er war nicht der Einzige, der sich Gedanken machte. Im Laufe des Tages hatten sich drei Söldner davongestohlen und zu fliehen versucht. Man hatte die Feiglinge natürlich eingefangen, und Tshui hatte ein Exempel an ihnen statuiert.
Louis hatte das Dschungellager erreicht. Tshui, seine Geliebte, kniete vor dem Zelt. Ihr gegenüber waren die drei Deserteure mit gespreizten Gliedmaßen an Bäume gefesselt. Louis wandte den Blick ab. Tshuis Arbeit konnte man ein hohes Maß an Kunstfertigkeit gewiss nicht absprechen, doch sein Magen war nicht unbegrenzt belastbar.
Als sie ihn hörte, sah sie ihm entgegen. Sie wusch ihr Werkzeug gerade in einer Schüssel Wasser.
Louis grinste sie an. Sie richtete sich auf, nichts als Beine und sehnige Muskeln. Er legte den Arm um sie und geleitete sie zum Zelt.
Als Tshui sich durch den Eingang duckte, stieg eine Art Knurren aus ihrer Brust. Ungeduldig zerrte sie ihn in die dunkle Hitze des Zeltes hinein.
Die verdiente Ruhepause würde noch warten müssen.
13
SCHATTEN
15. August, 15.23 Uhr Instar Institute
Langley, Virginia
Lauren klopfte an Dr. Alvisios Bürotür. Der Epidemiologe hatte sie bereits am Vormittag dringend um ein Gespräch ersucht, doch erst jetzt hatte sie sich freimachen können.
Den Morgen und den Nachmittag über hatte sie mit Dr. Xavier Reynolds und seinem Team von den Large Scale Biological Labs in Vacaville, Kalifornien, eine Videokonferenz abgehalten. Das von ihnen entdeckte Prion war möglicherweise der erste Hinweis auf den Auslöser der Krankheit, die bislang über sechzig Tote gefordert und mehrere hundert Menschen angesteckt hatte. Lauren hatte veranlasst, dass die Untersuchungsergebnisse ihres ehemaligen Studenten von vierzehn weiteren Labors überprüft wurden. Während sie auf die Bestätigung wartete, hatte sie Zeit für eine Unterredung mit dem Epidemiologen.
Die Tür öffnete sich. Der junge Stanford-Doktor sah aus, als habe er seit Wochen
Weitere Kostenlose Bücher