Operation Amazonas
und streckte den Arm aus, die Bombe in der Hand. Dicke Blutstropfen fielen auf die Granate und ins Wasser, sandten winzige Wellenkreise aus.
So verharrte er, den Daumen auf dem Auslöser. »Komm schon, verdammt noch mal.« In Australien hatte er einmal einen Wildpark besucht und zehn Meter lange Salzwasserkrokodile beobachtet, die darauf trainiert waren, nach frisch geschlachteten Hühnern an einer Stange zu schnappen.
Nates Plan sah ganz ähnlich aus. Bloß dass er selbst das Huhn war.
Er schüttelte ein wenig den Arm, verteilte die Tropfen. »Wo bist du?«, zischte er. Der Arm schlief ihm allmählich ein.
Er beobachtete, wie sich sein Blut auf der Wasseroberfläche sammelte. Ein Kaiman witterte Blut im Wasser aus einer Meile Entfernung. »Komm schon!«
Aus dem Augenwinkel riskierte er einen Blick auf die anderen, die nach wie vor im Trümmerfeld trieben. Da sie nicht wussten, wo der Kaiman war, wagte die Besatzung der beiden verbliebenen Flöße nicht, ihren Kameraden zu Hilfe zu eilen.
Nate hätte beinahe nicht mitbekommen, dass im flachen Wasser etwas Riesiges auf ihn zuschoss.
»Nate!«, rief Kelly.
Er hatte ihn bereits gesehen.
Der Kaiman schnellte aus dem Wasser und sprang ihn mit weit aufgerissenem Maul brüllend an.
Nate drückte den Auslöser der Bombe, dann ließ er das blutige Gerät ins offene Maul hinabfallen. Im selben Moment wurde ihm klar, dass er die Sprungkraft des riesigen Sumpfkaimans bei weitem unterschätzt hatte.
Nate ging auf dem Ast in die Hocke, dann nutzte er den Schwung des zurückfedernden Astes aus und stieß sich mit den Beinen ab. Er brach durchs Laubwerk und packte einen über ihm befindlichen Ast. Bevor das Maul sich schloss, gelang es ihm im letzten Moment, die Füße hochzureißen. Er spürte den Atem des Monsters an seinem Hinterteil. Seiner Beute beraubt, klatschte es inmitten einer Gischtwolke, die beinahe so hoch reichte wie sein Sprung, wieder ins Wasser.
Nate blickte nach unten. Der Ast, auf dem er gehockt hatte, war verschwunden, von den mächtigen Kiefern glatt abgetrennt. Wenn er dort ausgeharrt hätte …
Der Kaiman glitt wieder ins tiefere Wasser, schwamm diesmal jedoch an der Oberfläche, sodass man sah, wie lang er war. Ein Bulle, mindestens fünfunddreißig Meter lang. Am Ast baumelnd fing Nate den frustrierten Blick des Ungeheuers auf. Es wandte sich nun der leichteren Beute zu und näherte sich langsam den im Wasser treibenden Menschen.
Ehe es die Kehre abschließen konnte, erbebte das Tier auf einmal. Nate hatte ganz vergessen, die Sekunden mitzuzählen.
Der Bauch des Tieres blähte sich mächtig auf. Es riss das Maul auf, um zu brüllen, doch heraus kam bloß ein Flammenstrahl. Der Kaiman hatte sich in einen Feuer speienden Drachen verwandelt. Er rollte auf die Seite und versank im trüben Wasser, dann stieg eine gewaltige Explosionswolke empor, eine Mischung aus Wasser, Flammen und Kaimanteilen.
Nate klammerte sich mit Armen und Beinen an den Ast. In der Wurzelhöhlung schrie Kelly erschreckt auf.
Die Explosion verhallte und brennende Fleischfetzen regneten auf den Sumpf herab. Die Panzerhaut des Kaimanriesen hatte die Wucht der Explosion gedämpft.
Vom Wasser her ertönte Triumphgeschrei.
Nate kletterte zu Kelly hinunter. »Alles okay?«, fragte er.
Sie nickte, betastete eine Schramme am Haaransatz. »Der Kopf tut mir ein bisschen weh, aber ansonsten bin ich unverletzt.« Sie hustete. »Ich hab bestimmt eine Gallone Sumpfwasser geschluckt.«
Er half ihr ans Ufer. Während Kostos vom Floß aus Schwimmer und Rucksäcke einsammelte, glitt Nates Floß, bemannt mit seinen Freunden und Rangerin Carrera, ans Ufer, damit sie nicht zu schwimmen brauchten.
Carrera half Kelly an Bord. Manny packte Nate am Handgelenk und zog ihn auf die Bambusplanken. »Da hast du aber schnell geschaltet, Doc«, meinte Manny grinsend.
»Not macht erfinderisch«, erwiderte Nate mit einem müden Lächeln. »Aber ich werde verdammt froh sein, wenn ich wieder festen Boden unter den Füßen habe.«
»Ob es hier noch mehr Kaimane gibt?«, fragte Kelly, als sie zum anderen Floß hinüberpaddelten.
»Das bezweifle ich«, antwortete Manny mit einem Anflug von Bedauern. »Trotz der Größe dieses Ökosystems kann ich mir nicht vorstellen, dass es hier Nahrung für mehr als zwei dieser riesigen Raubtiere gibt. Trotzdem würde ich empfehlen, die Augen offen zu halten. Auch Riesenbabys können Ärger machen.«
Carrera hielt das Gewehr schussbereit, während die anderen paddelten. »Glauben Sie, die
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