Operation Amazonas
Untreue dieses Narren sie irgendwann erbost hatte. Sie tötete ihn mit seiner eigenen Machete. Obwohl solche Dinge – sowohl die Untreue als auch der Mord – bei den brutalen Shuar häufiger vorkamen, wurde Tshui aus dem Stamm ausgestoßen und nackt in den Dschungel geschickt. Niemand, nicht einmal die Verwandten des Häuptlings, hätten es gewagt, Hand an sie zu legen. Sie war in der ganzen Gegend bekannt als eine der wenigen Schamaninnen, die Wawek praktizierten, die schwarze Hexenkunst. Ihre Fertigkeiten im Mischen von Giften, im Ersinnen von Folterqualen und der kaum mehr bekannten Kunst des Kopfschrumpfens waren gleichermaßen geachtet und gefürchtet. Beim Verlassen des Dorfes hatte sie ein einziges Schmuckstück bei sich getragen: den Schrumpfkopf ihres Ehemanns, der an einer Schnur zwischen ihren Brüsten hing.
So hatte Louis die Frau gefunden, ein wildes, wunderschönes Geschöpf des Dschungels. Obwohl Louis in Frankreich verheiratet war, hatte er sie zu sich genommen. Sie war einverstanden gewesen, zumal er mit seinen Söldnern jeden einzelnen Mann, jede Frau und jedes Kind des Dorfes getötet hatte, um ihre Rachegelüste zu befriedigen.
Seit jenen Tagen waren sie unzertrennlich. Tshui, die geschickt war bei Verhören und sich im Dschungel hervorragend auskannte, begleitete ihn bei seinen Expeditionen. Jedes Mal brachte sie Trophäen mit.
In den Regalen, die alle vier Zimmerwände säumten, lagen dreiundvierzig Tsantza , jeder einzelne Kopf nicht größer als ein verschrumpelter Apfel – Augen und Lippen waren zugenäht, das Haar hing über den Rand des Regals herab wie Bartflechte von einem Baum. Sie verstand sich erstaunlich gut auf das Anfertigen von Schrumpfköpfen. Einmal hatte er der Prozedur von Anfang bis Ende beigewohnt.
Das eine Mal hatte ihm gereicht.
Mit chirurgischem Geschick zog sie die Haut in einem Stück vom Schädel des Opfers ab; bisweilen lebte es dann noch und schrie. Darin war sie wirklich eine Künstlerin. Nachdem sie die Haut mitsamt dem Haar gekocht und über heißer Asche getrocknet hatte, verschloss sie mit einer Knochennadel Mund und Augen, dann füllte sie das Innere mit heißen Kieseln und Sand. Während die ledrige Haut schrumpfte, formte sie sie mit den Fingern. Tshui besaß die unheimliche Gabe, dem Schrumpfkopf eine erstaunliche Ähnlichkeit mit dem ursprünglichen Gesicht des Opfers zu verleihen.
Louis betrachtete ihr neuestes Kunstwerk. Es stand auf dem Nachttisch an der anderen Bettseite. Es handelte sich um einen brasilianischen Offizier, der einen Kokainhändler erpresst hatte. Angefangen vom getrimmten Schnäuzer bis zu dem geraden Pony war die Arbeit erstaunlich lebensecht. Die Angestellten des Hotel Seine glaubten, er sei Anthropologe und sammele diese Exemplare für ein Museum. Falls jemand etwas ahnte, so behielt er seinen Verdacht für sich.
»Ma chérie«, sagte er, als er endlich wieder Worte fand. »Ich habe wundervolle Neuigkeiten.«
Sie wälzte sich zu ihm herum, streckte die Hände nach ihm aus. Sie gab einen leisen, auffordernden Laut von sich. Tshui sprach nur selten. Hin und wieder ein Wort. Ansonsten war sie wie eine Raubkatze, ganz Augen, Bewegung und leises Schnurren.
Louis vermochte nicht zu widerstehen. Er warf den Hut ab und zog das Jackett aus. Bald darauf war auch er nackt. Sein Körper war hager, muskulös und von Narben übersät. Er trank das Natem , das sie ihm hingestellt hatte, während Tshui mit dem Finger träge über eine Narbe streichelte, die sich von seinem Bauch bis zur Innenseite des Oberschenkels zog. Ein Schauder lief ihm über den Rücken.
Als die Alkaloide zu wirken begannen und seine Sinne schärften, legte er sich auf seine Frau. Sie öffnete sich ihm, und er versank dankbar in ihrer Wärme. Sie küsste ihn hingebungsvoll, während sie ihm mit ihren scharfen Fingernägeln über den Rücken kratzte.
Bald darauf tanzten Farben und Lichter vor seinen Augen. Der Raum schwankte leicht. Einen Moment lang meinte er, die aufgereihten Schrumpfköpfe schauten ihrem Liebesspiel zu und beobachteten mit ihren toten Augen, wie er in die Frau hineinstieß. Das Publikum erregte ihn noch mehr. Er nagelte Tshui auf dem Bett fest, krümmte den Rücken und stieß immer wieder und wieder in sie hinein, während sich in seiner Brust ein Schrei aufbaute.
Ringsum blickten Gesichter auf ihn nieder, beobachteten ihn mit blinden Augen.
Ehe die Lust und der köstliche Schmerz ihn überwältigten, hatte Louis noch einen letzten Gedanken. Eine
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