Operation Amazonas
Augen. Waren das die Indianer, die sich auf ihre Spur gesetzt hatten? In ihm keimte Hoffnung auf. Er hatte schon befürchtet, der Regen könnte Gerald Clarks Spuren verwischen. Das gegenwärtige Unwetter war erst ein Vorbote der Regenzeit. Die Zeit wurde allmählich knapp. Aber jetzt …
»Wir sollten uns dort gleich mal umschauen«, sagte Captain Waxman. »Zunächst aber möchte ich, dass das Dorf von drei Rangern untersucht wird.«
Kouwe hob den Arm. »Es wäre besser, wenn wir uns den Indianern weniger aggressiv nähern würden. Mittlerweile wissen sie, dass wir hier sind. Ich glaube, das ist auch der Grund, weshalb das Dorf verlassen ist.«
Captain Waxman setzte zu einer Entgegnung an, doch Frank kam ihm zuvor. »Was schlagen Sie vor?«
Kouwe wies mit dem Kinn auf Nate. »Lassen Sie uns beide vorausgehen – und zwar allein.«
»Auf keinen Fall!«, platzte Waxman heraus. »Ich lasse Sie nicht schutzlos gehen.«
Frank nahm die Baseballkappe ab und wischte sich über die Stirn. »Ich finde, wir sollten auf den Professor hören. Wenn wir mit schwer bewaffneten Soldaten ins Dorf einfallen, würden es die Indianer bloß mit der Angst bekommen. Wir sind auf ihre Unterstützung angewiesen. Allerdings teile ich Captain Waxmans Bedenken.«
»Dann nehmen wir halt einen Ranger mit«, sagte Nate. »Aber er lässt das Gewehr geschultert. Die Indianer leben zwar abgelegen, aber Gewehre kennen sie vermutlich.«
»Ich würde gern mitkommen«, sagte Anna Fong. Das lange schwarze Haar klebte der Anthropologin an Gesicht und Schultern. »In Begleitung einer Frau würde die Gruppe weniger bedrohlich wirken. Wer Indianerdörfer überfällt, hat keine Frauen dabei.«
Nate nickte. »Dr. Fong hat Recht.«
Captain Waxman schaute finster drein; offenbar konnte er sich mit der Vorstellung, Zivilisten den Vortritt zu lassen, nicht recht anfreunden.
»Dann sollte ich wohl zu ihrem Schutz mitgehen.« Alle richteten ihre Blicke auf Private Carrera. Sie war eine Schönheit, eine dunkelhäutige Latina mit kurz geschorenem schwarzen Haar. Sie wandte sich Captain Waxman zu. »Sir, wenn Frauen als weniger bedrohlich angesehen werden, wäre ich am besten für die Mission geeignet.«
Widerstrebend erklärte sich Waxman einverstanden. »In Ordnung. Einstweilen verlasse ich mich auf Professor Kouwes Einschätzung. Die übrigen Soldaten werden sich allerdings in hundert Metern Entfernung in Bereitschaft halten. Außerdem halten wir Funkkontakt.«
Frank blickte Nate und Kouwe fragend an.
Die beiden Männer nickten.
Frank räusperte sich. »Also, dann los.«
Kelly beobachtete, wie sich das Lager in verschiedene Fraktionen aufspaltete. Nate, Kouwe, Anna Fong und Private Carrera legten bereits mit dem Schlauchboot ab, während Captain Waxman drei Männer aussuchte und mit ihnen in ein zweites Schlauchboot stieg. Sie beabsichtigten, hundert Meter hinter dem ersten Boot herzupaddeln, um im Notfall rasch eingreifen zu können. Drei weitere Ranger sollten sich dem Dorf unter Corporal Jorgensens Kommando auf dem Landweg nähern. Auch sie sollten hundert Meter vom Dorf entfernt Position beziehen. Zu Tarnzwecken bemalten sie sich die Gesichter.
Manny hatte versucht, sich dieser Gruppe anzuschließen, bekam von Captain Waxman jedoch eine Abfuhr. »Die übrigen Zivilisten bleiben hier.«
Als das geregelt war, konnte Kelly den anderen bloß nachschauen. Zwei Ranger – die beiden Nachrücker Private Eddie Jones und Corporal Tom Graves – blieben zur Bewachung des Lagers zurück. Als die anderen weg waren, hörte Kelly, wie Jones sich Graves gegenüber beklagte: »Womit haben wir das verdient, dass wir auf die blöden Schafe aufpassen müssen?«
Kelly gesellte sich zu Frank. Als nomineller Expeditionsleiter hätte ihr Bruder das Recht gehabt, sich einer der beiden Erkundungsgruppen anzuschließen, hatte es jedoch vorgezogen, im Lager zu bleiben – nicht aus Angst, das wusste sie, sondern aus Sorge um seine Zwillingsschwester.
»Olin hat die Satelliten Verbindung hergestellt«, sagte Frank und legte den Arm um seine Schwester. »Wenn du bereit bist, können wir jetzt mit Amerika sprechen.«
Sie nickte. Olin saß nicht weit vom Feuer unter einer Persenning, vor sich einen Laptop und eine Satellitenschüssel. Er tippte eifrig, das Gesicht vor Konzentration ganz zerknautscht. Richard Zane sah ihm dabei über die Schulter.
Schließlich nickte Olin ihnen zu. »Alles bereit«, sagte er. Kelly bemerkte seinen schwachen russischen Akzent. Wenn man nicht darauf
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