Operation Amazonas
erkennen, dass das Gift wirkte. Flussabwärts schwammen zahlreiche Tiere auf dem Wasser, wurden von der Strömung aber rasch abgetrieben. Der schmale Wasserlauf in ihrem Rücken war fast frei von toten oder bewusstlosen Tieren, doch dem Frieden war nicht zu trauen. Das Gift war von der starken Strömung gewiss schon weggeschwemmt worden. Sie mussten das flussabwärts treibende Gift am Ufer überholen und an einer Stelle, wo die Strömung schwächer und das Gift noch wirksam war, ans andere Ufer waten – bloß wurde ihnen der Fluchtweg durch ein kleines Heer von Mutanten versperrt, die sich im Wald verschanzt hatten.
»Fertig«, sagte Carrera und richtete sich wieder auf.
Sie verschloss den Deckel des Kanisters, ließ jedoch eine Zündschnur heraushängen. Im Tank war noch ein wenig Brennstoff, nicht genug, um den Flammenwerfer in Gang zu bringen, doch für ihre Zwecke reichte es. Zumindest hoffte er das.
Nate hielt mit angelegtem Gewehr die Stellung. »Glauben Sie wirklich, dass es funktionieren wird?«
»Es muss ganz einfach.«
Ihre Antwort klang weniger überzeugt, als Nate sich erhofft hatte.
»Zeigen Sie noch mal aufs Ziel«, sagte sie.
Er schwenkte das Gewehr herum und wies mit dem Lauf auf den etwa dreißig Meter flussabwärts gelegenen Baum mit grauer Rinde.
»Okay.« Carrera zündete das Ende der Zündschnur mit einem Gasfeuerzeug an. »Halten Sie sich bereit.« Sie holte aus und schleuderte den Kanister mit aller Kraft.
Nate hielt den Atem an. Der Kanister flog sich überschlagend in hohem Bogen durch die Luft – und landete genau am Fuße des Baums.
»Dann hat sich mein jahrelanges Softballspiel also doch ausgezahlt«, murmelte Carrera, anschließend setzte sie lauter hinzu: »In Deckung!«
Beide ließen sich auf den laubbedeckten Boden fallen. Nate hielt das Gewehr weiterhin fest umklammert und zielte damit nach vorn. Und das war sein Glück. Ein Piranha-Frosch kam aus einem Busch hervorgehüpft und landete nur eine Handbreit vor seiner Nase. Nate drehte sich auf die Seite und versetzte dem Tier einen Schlag mit dem Gewehrlauf. Anschließend wälzte er sich auf den Bauch und blickte die Rangerin an. »Uni-Baseball«, murmelte er. »Im letzten Studienjahr.« »Runter!« Carrera drückte seinen Kopf in den Dreck.
Die Explosion war ohrenbetäubend; schrapnellartige Splitter flogen durchs Blätterdach. Nate hob den Kopf. Carreras Plan hatte funktioniert. Sie hatte den fast leeren Brennstofftank in einen überdimensionalen Molotow-Cocktail verwandelt. Flammen erhellten die Nacht.
Carrera kniete sich hin. »Was ist mit –?«
Die zweite Explosion hörte sich an wie ein Donnerschlag: das Splittern von Holz, begleitet von einem dröhnenden Krachen. Der umliegende Dschungel wurde zerfetzt, im nächsten Moment regnete brennendes Kopalharz herab.
»Mist!«, fluchte Carrera. Ihr Ärmel hatte Feuer gefangen. Sie erstickte die Flammen im feuchten Lehm.
Nate richtete sich auf, froh darüber, dass ihr Plan funktioniert hatte. Der Baum, ihr Ziel, war völlig zerstört, auf dem Stumpf tanzten bläuliche Flammen. Wie von Nate erwartet, hatte der Molotow-Cocktail den kohlenwasserstoffreichen Saft entzündet und den Baum in eine natürliche Bombe verwandelt, die das ganze Flussufer in Brand gesetzt hatte.
»Kommen Sie!«, rief Nate und stürmte mit Carrera los.
Seite an Seite rannten sie parallel zum Fluss durch den brennenden und zerfetzten Wald, bis sie das im Wasser treibende Gift überholt hatten. An der Wasseroberfläche schwammen Piranha-Frösche und Fische.
»Hier entlang!« Nate rannte zum Ufer. Halb schwamm, halb watete er durchs Wasser. Carrera folgte ihm.
Kurz darauf kletterten sie ans andere Ufer.
»Wir haben es geschafft«, meinte die Rangerin lachend.
Nate seufzte. In der Ferne machte er den Schein von Taschenlampen aus. Auch der Gruppe war die Flussüberquerung gelungen. »Dann wollen wir mal sehen, ob wirklich alle unverletzt sind.«
Sie halfen einander hoch und stolperten vom Ufer weg, ihren Kameraden entgegen.
Als sie aus dem Wald auftauchten, wurden sie von lautem Jubel begrüßt. »Prima Leistung, Carrera«, sagte Kostos mit einem aufrichtigen Lächeln.
Nate wurde nicht minder herzlich begrüßt. Kelly schlang die Arme um seinen Hals und drückte ihn an sich. »Sie haben es geschafft«, murmelte sie ihm ins Ohr. »Sie haben es geschafft.«
»Und keine Minute zu früh«, sagte Nate.
Frank klopfte ihm anerkennend auf den Rücken.
»Gut gemacht, Dr. Rand«, sagte Captain Waxman ungerührt, dann machte
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