Operation Arche - 1
versprechen, wie lange es auch dauern mochte, welchen Herausforderungen er sich auch würde stellen müssen: Das Ziel, für das sie den Tod gefunden hatten, würde erreicht werden.
Langhorne und seine Anhänger hatten diesen Ort ›das Armageddon-Riff‹ getauft, der Ort, an dem ›gut‹ für alle Zeiten über ›böse‹ triumphiert hatte. Doch sie haben sich getäuscht, dachte Merlin kalt. Diese Gräueltat, die sie hier begangen hatten, war nicht die letzte Schlacht dieses Kampfes gewesen, sondern nur die erste, und das Ende des Krieges, den sie damit begonnen hatten, würde deutlich anders aussehen, als sie sich das vorgestellt hatten.
Immer noch stand er dort in der Luft, spürte, wie dieses Versprechen all seine Legierungsknochen zu durchdringen schien, dann wendete er das Schwebeboot, steuerte wieder gen Osten, der Morgenröte entgegen, und verließ diesen Ort der Trauer.
.VIII.
Königlicher Palast, Tellesberg, Königreich Charis
»Euer Majestät«, sagte der vornehm wirkende Mann und neigte in einer Geste des Respekts das Haupt, als er das Ratszimmer betrat.
»Rayjhis«, erwiderte König Haarahld.
Sein Besucher richtete sich auf und ging zu dem Sessel am Fuße des langen Tisches hinüber. Dort hielt er inne und blieb neben dem Sessel stehen, bis Haarahld ihn mit einer Handbewegung aufforderte, Platz zu nehmen. Dieser Aufforderung kam er nach und ließ sich in den aufwändig geschnitzten Sessel sinken.
Mit teilnahmslosem Blick beobachtete Merlin ihn. Seine SNARCs und deren Parasiten-Sonden hatten diesen Mann in den letzten Monaten oft beobachtet und belauscht, doch das war nicht ganz das Gleiche, wie ihn von Angesicht zu Angesicht zu erleben.
Rayjhis Yowance, Graf Gray Harbor, war der Erste Ratgeber Haarahlds VII. und zugleich Leiter des Geheimen Staatsrats – im Prinzip war er der Premierminister von Charis, auch wenn dieser Titel (und das zugehörige Amt) auf Safehold bislang noch nicht erfunden worden war. Für einen Charisianer war er unterdurchschnittlich groß und ein wenig untersetzt, doch er bewegte sich mit dem Selbstvertrauen eines Mannes, der sich seines eigenen Wertes sehr wohl bewusst ist. Er war einige Jahre älter als Haarahld, und im Gegensatz zu seinem König glatt rasiert. Das lange Haar trug, er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, wie es einige der eher rustikal eingestellten Angehörigen des niederen Adels und die Marineoffiziere häufig taten; das Haar wies schon die ersten silbernen Strähnen auf, doch Yowance’ Blick war immer noch klar und wachsam. Die Amtskette, die er um den Hals trug, war nicht so aufwändig gearbeitet wie die Haarahlds, sie war nicht mit glitzernden Edelsteinen besetzt, und auch sein Kasack war deutlich weniger reich bestickt – obschon der Stoff auch dieses Kleidungsstücks äußerst kostbar war –, und auch er trug das goldene Szepter, das ihn als ehemaligen Pilger auswies.
Trotz des ausgezeichneten Schnittes und des unverkennbaren Wertes seiner Kleidung war Yowance eine gewisse körperliche Zähigkeit nicht abzusprechen, und dazu auch nicht die geistige Belastungsfähigkeit, die man vom Ersten Ratgeber eines Königreiches wohl auch erwarten konnte. Das mochte durchaus etwas mit den zwanzig Jahren zu tun haben, die er als Offizier in der Royal Navy gedient hatte, bevor nach dem Tod seines älteren Bruders, der kinderlos geblieben war, der Titel des Grafen Gray Harbor an ihn gefallen war und ihn gezwungen hatte, sein Rücktrittsgesuch einzureichen. Im zarten Alter von elf Jahren hatte der jetzige Graf die Karriere eines Offiziersanwärters eingeschlagen und war als Midshipman zum ersten Mal in See gestochen; im Alter von achtundzwanzig Jahren hatte er die Karriereleiter so weit erklommen, dass er bereits ein eigenes Schiff befehligte – und er hatte einige Seeschlachten und einiges an Blutvergießen miterlebt, bevor er in die Politik eingetreten war.
Gray Harbor erwiderte Merlins Blick, mit einer ähnlich teilnahmslosen Miene, und Merlin verkniff sich ein Lächeln. Innerlich musste der Ratgeber doch vor Neugier brennen – gerade angesichts all der Gerüchte, die sich mittlerweile um den Attentatsversuch auf den Kronprinzen und dessen geheimnisvollen Retter rankten und in jedem Winkel des Palastes zu hören waren. Zweifellos war Gray Harbor deutlich besser informiert als fast jeder andere in Charis – doch das hieß ja auch nicht viel.
Der König hatte gerade den Mund geöffnet, um noch etwas anzumerken, als sich erneut die Tür des
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