Operation Arche - 1
darum geht, auf welche der beiden Listen neue Namen aufzunehmen sind«, gab Haarahld zurück. »Unternehmen Sie nichts gegen irgendjemanden auf der ersten Liste, ohne das vorher mit mir zu besprechen. Was allerdings Personen auf der zweiten Liste betrifft, bin ich bereit, mich ganz und gar auf Ihr Urteilsvermögen zu verlassen.«
»Verstanden, Euer Majestät«, bestätigte Gray Harbor.
»Ich danke Ihnen.« Haarahld schob seinen Sessel zurück und erhob sich, und sofort standen auch die anderen drei Männer auf und neigten respektvoll ihre Häupter. Der König schaute zu ihnen hinüber, dann lächelte er seinen Ersten Ratgeber an und schüttelte leicht den Kopf.
»Ich weiß genau, was Sie gerade denken, Rayjhis«, sagte er. »Ich vermute, Seijin Merlin ergeht es ebenso. Trotzdem: Sie sind viel zu intelligent, um zuzulassen, dass dieses tief verwurzelte Misstrauen Ihr Entscheidungsvermögen trübt. Außerdem vermute ich, dass Sie von den … Fähigkeiten des Seijin ebenso überrascht sein werden wie ich.«
»Es sind nicht die Fähigkeiten von Seijin Merlin, die mich beunruhigen, Sire«, erwiderte Gray Harbor und lächelte, um die Vermutungen seines Monarchen zu bestätigen.
»Oh, das weiß ich.« Haarahld lachte leise. »Und der Seijin weiß es ebenfalls. Aber ich denke dennoch, dass Sie überrascht sein werden.«
Wieder lächelte er, dieses Mal galt das Lächeln allen drei Männern gleichermaßen, dann hinkte er aus dem Ratszimmer hinaus. »… und vom ›Gekreuzten Anker‹ aus betreibt Mhulvayn für Maysahn eine ganze Abteilung von Agenten«, ließ Merlin fast eine Stunde später seinen Bericht enden. »Der Wirt dieser Schenke gehört zu Mhulvayns Leuten, doch die meisten Agenten, die er dort überwacht, glauben, sie würden in Wirklichkeit für einen Abgesandten eines völlig ehrbaren ausländischen Bankkaufmanns arbeiten, dessen Interessenslage fest mit der Ihrer eigenen Handelshäuser verquickt ist. Sie glauben, sie würden vor allem Handelsinformationen weitergeben – ohne zu begreifen, wie nützlich diese Informationen Hektor sein könnten, oder was sich daraus alles ableiten lässt.«
Wave Thunder nickte, ohne von den zahlreichen Notizblättern aufzublicken, die er im Laufe der letzten Stunde beschrieben hatte. Anders als Gray Harbor war der Baron nicht in den Adelsstand hineingeboren. Sein Vater war ein bürgerlicher Schiffskapitän gewesen, und Bynzhamyn Raice hatte sich seinen Adelstitel erworben, nachdem er zu einem der größten Handelsmagnaten von Tellesberg aufgestiegen war. Währenddessen hatte er die Ausbildung eines Büroschreibers genossen, und er schrieb immer noch mit der gleichen schnellen, deutlich lesbaren Handschrift, die er sich dabei angeeignet hatte. Sie tat ihm immer noch gute Dienste, da er im Zuge der Erfüllung seiner Pflichten als Leiter des königlichen Geheimdienstes äußerst ungerne anderen Schreibern vertraute, wenn es darum ging, Notizen zu heiklen Themen anzufertigen.
Jetzt lehnte er sich in seinem Sessel zurück, überflog noch einmal seine Aufzeichnungen und schaute dann zu Gray Harbor hinüber, bevor er Merlin anblickte.
»Ich bin tatsächlich in exakt dem Maße beeindruckt, wie Seine Majestät es vermutet hat, Seijin Merlin«, sagte er und sammelte die engbeschriebenen Blätter ein – immerhin mehr als ein Dutzend. »Wegen all der Informationen, die Ihr uns gerade habt zukommen lassen, natürlich, aber auch über Eure Fähigkeit, das alles im Kopf zu behalten, ohne selbst Notizen anzufertigen.«
»Auch ich bin beeindruckt«, pflichtete Graf Gray Harbor ihm bei, lehnte sich ebenfalls in seinem Sessel zurück und betrachtete Merlin mit seinen tiefliegenden Augen.
»Zudem bin ich davon beeindruckt«, fuhr Wave Thunder fort, »dass, soweit ich das bislang beurteilen kann, jeder einzelne wichtigere Agent anderer Reiche, den wir bislang als solchen identifizieren konnten, sich auch auf Eurer Liste wiederfindet. Wie Euch sicherlich bewusst ist, sind derartige Bestätigungen stets von immensem Wert. Und um ehrlich zu sein, erhöht das auch den Wert Eurer Informationen über Agenten, die wir bislang noch nicht haben identifizieren können. Wie dieser vollständig unabhängige Spionagering, den Lahang in North Key betreibt.« Er schüttelte den Kopf. »Ich nehme an, wir hätten begreifen müssen, dass er so weit von Tellesberg entfernt noch jemand anderen hat, der ihm als Augen und Ohren dient, aber wir hatten bislang noch nicht einmal den Hauch einer Vermutung, wer das
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