Operation Arche - 1
Gesicht gerichtet, dass er nicht sah, wie die Hand des Haushofmeisters erneut unter seinen Poncho glitt. Als sie wieder hervorkam, umklammerte sie einen Dolch.
Selbst dann bemerkte Lahang die Klinge nicht. Tatsächlich bekam er sie sogar überhaupt nicht mehr zu Gesicht, als sie ihm dann in einer Fontäne sprühenden Blutes die Kehle durchschnitt.
Mit einem Röcheln stürzte Prinz Nahrmahns wichtigster Agent in Charis zu Boden, und Wyllyms trat einen Schritt zurück und verzog das Gesicht, als er die Blutspritzer auf seinem Poncho bemerkte.
Ach, egal, dachte er. Der Regen wird diese Flecken schon ganz schnell fortspülen … ebenso, wie Lahangs Tod sämtliche Informationen über Wyllyms wahren Auftraggeber fortspülte, den Wyllyms ansonsten Wave Thunders Ermittlern gegenüber vielleicht erwähnt hätte.
Jetzt brauchte Wyllyms nur noch nach Emerald zu gelangen.
.XIII.
Saal des Geheimen Staatsrats, Königlicher Palast, Tellesberg
Die Miene Haarahlds VII. war hart und grimmig, eine Maske erzürnter Disziplin, die Trauer verbarg. Sein Sohn saß neben ihm an dem riesigen Tisch in diesem Ratssaal, und im Schein der zahlreichen Lampen konnte man deutlich erkennen, dass Caylebs Gesichtsausdruck noch maskenartiger war als der seines Vaters. Beide schauten zu, schweigend und mit starrem Blick, wie Merlin und Graf Gray Harbor durch die Tür dieses Saales traten.
Auch Bynzhamyn Raice saß an diesem Tisch, neben sich Sir Rhyzhard Seafarmer. Weder Bischof Maikel noch andere Mitglieder des Geheimen Staatsrats waren anwesend, und Merlin fragte sich, ob das jetzt eher ein gutes oder ein schlechtes Zeichen sei. Zumindest schien der König nach wie vor gewillt, Merlin gegenüber in der Öffentlichkeit nicht allzu viel Aufmerksamkeit zu schenken.
Die Königlichen Gardisten hatten sich ihm gegenüber äußerst höflich verhalten, nachdem sie auf die drängende Anweisung des Grafen hin Gray Harbors Kutscher zu Tirians Stadtvilla gefolgt waren, doch zugleich auch sehr, sehr bestimmt. Man konnte es ihnen auch nicht verübeln, wenn man bedachte, welch blutüberströmte Szenerie mit den zahlreichen Leichen sich ihnen geboten hatte, als sie die Bibliothek des mittlerweile verstorbenen Herzogs von Tirian betraten. In der Nähe der Leichen des Vetters Seiner Majestät und fünfzehn seiner Leibgardisten vorgefunden zu werden, musste Merlin doch zumindest ein wenig verdächtig erscheinen lassen.
Wenigstens hatte der Graf sie herbeirufen lassen, und Lieutenant Huntyr, der recht junge Offizier, der den aufmarschierten Trupp angeführt hatte, war auch bereit gewesen, zumindest vorerst anzunehmen, der Erste Ratgeber wisse sehr wohl, was er da tat. Es tat seinem Vertrauen in den Ersten Ratgeber ein wenig Abbruch, als Huntyr erfuhr, wessen Dolch denn da nun eigentlich im Rücken des Herzogs steckte. Doch zumindest vertraute er ihm immer noch so weit, dass er das Haus versiegeln ließ und bereit war, die gesamten Geschehnisse hier geheim zu halten, bis der König selbst informiert war.
Weiter zu gehen war der Lieutenant jedoch nicht bereit, und, Erster Ratgeber oder nicht, Gray Harbor war, wenngleich sehr höflich, unter Arrest gestellt worden. Zu Merlins Belustigung – so weit er unter den gegebenen Umständen irgendetwas als ›belustigend‹ empfinden konnte – hatte sich der junge Gardist ihm gegenüber fast ebenso höflich verhalten wie dem Grafen gegenüber. Dennoch hatte man ihnen beiden die Waffen abgenommen, bevor man sie zum Ratszimmer ›geleitet‹ hatte.
»Owl«, subvokalisierte Merlin jetzt. »Kommunikations- und Telemetrieüberprüfung.«
»Kommunikationsverbindung normal, Lieutenant Commander«, erwiderte die KI. »Sämtliche Telemetrieverbindungen des Schwebebootes nominal«, fuhr sie dann fort, und Merlin nickte unmerklich. Er hatte gehofft, das alles werde kein schlimmes Ende nehmen, doch das hieß noch lange nicht, dass dem auch so sein würde. Es war immer noch möglich, wenngleich recht unwahrscheinlich, dass Haarahld ihre umgehende Hinrichtung anordnete, und das durfte Merlin nicht zulassen. Nicht nur, dass es ihm persönlich recht misslich wäre: Es würde zugleich auch das völlige Scheitern der gesamten Mission von Nimue Alban auf Safehold bedeuten.
Genau deswegen schwebte das Aufklärer-Schwebeboot jetzt unmittelbar über dem Königlichen Palast, trotz des immer noch tosenden Gewitters. Und das war auch der Grund, warum die Waffensysteme des Schwebebootes jetzt, unter Owls Steuerung, vollständig on-line
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