Operation Arche - 1
sie nur an, dann versuchte er, sich langsam wieder zu erheben.
»Sire.«
Sergeant Charlz Gardaner sprach leise, doch er ging zu seinem König hinüber und streckte ihm einen Arm entgegen. Haarahld verzog das Gesicht, doch er griff nach dem Arm und zog sich daran hoch. Jetzt überragte er die beiden Jungen wieder und blickte kurz auf sie herab, dann hob er den jüngeren der beiden hoch und schloss ihn fest in die Arme. Der Junge klammerte sich an seinem Hals fest, presste das Gesicht in den Kasack des Königs, und Haarahld hielt ihn mit einem Arm fest, während er mit dem anderen nach Rayjhis’ Hand griff.
Einen Augenblick lang schaute der ältere der beiden Jungen die Hand nur an. Dann griff er danach, und Haarahld hinkte, nun deutlich langsamer, zu seinem Thron zurück. Der König, das bemerkte Merlin von seinem Platz zu Caylebs Linken, hinter dem Thron des Kronprinzen, verzog jedes Mal das Gesicht, wenn er das Gewicht auf sein rechtes Bein stützen musste.
Haarahld erreichte das Podest, gefolgt von Lady Zhenyfyr Ahrmahk, die erst kürzlich Herzoginwitwe von Tirian geworden war. Dort hielt er inne, setzte den jüngeren der beiden Jungen vorsichtig wieder ab, ließ sich dann in seinen Thron sinken, hob mit beiden Händen das rechte Bein an und legte es wieder auf den Schemel vor sich.
»Zhenyfyr, Rayjhis, Kahlvyn«, sagte er dann leise. »Ihr wisst, warum ihr hier seid, aber bevor wir uns dem Rat stellen, und all den offiziellen Notwendigkeiten, mit denen wir uns werden beschäftigen müssen, muss ich mit euch dreien als Mitglieder meiner Familie sprechen, nicht als König, der zu seinen Untertanen spricht.«
Herzogin Tirian zuckte ein wenig zusammen, als das Wort ›Familie‹ fiel, und Haarahld streckte ihr die Hand entgegen. Ein wenig zögerlich griff sie danach, und er zog sie näher zu sich heran.
»Du solltest keine Schuldgefühle haben, weil du trauerst«, erklärte er ihr sehr sanft. »Denk bitte nicht, ich würde dir das vorwerfen, oder dass irgendjemand das tun müsse. Und denk bitte auch nicht, Cayleb und ich würden nicht ebenfalls trauern.«
Sie blickte ihm in die Augen, ihre Lippen zuckten, und ihre Finger verkrampften sich trostsuchend um die seinen, während ihr langsam Tränen über die Wangen rollten.
»Wir werden lange Zeit brauchen, um genau zu verstehen, was eigentlich geschehen ist − wann genau der Kahlvyn, den wir alle gekannt und geliebt haben, sich in den Mann verwandelt hat, der das zu tun in der Lage war, was er, wie wir jetzt wissen, getan hat«, fuhr der König fort. Noch einen Augenblick lang schaute er Zhenyfyr in die Augen, dann blickte er auf ihren älteren Sohn herab.
»Rayjhis«, sagte er, »das wird sehr schwer für dich werden, es wird das Schwerste sein, was du jemals hast tun müssen. Manche Menschen werden über deinen Vater schreckliche Dinge sagen. Andere werden darauf beharren, es könne unmöglich wahr sein. Und viele werden denken, dass wegen der Dinge, die dein Vater vielleicht getan hat, eines Tages du eine Gefahr oder eine Bedrohung für den Thron darstellen wirst.«
Rayjhis Bemühungen, seinen Gesichtsausdruck so unbewegt wie möglich zu lassen, gerieten ins Wanken, und wieder streckte der König die Hand aus und streichelte ihm sanft über den Kopf.
»Und was dich am meisten schmerzen wird«, erklärte er dem Jungen jetzt, »ist, dass so viele dieser entsetzlichen Dinge wirklich wahr sein werden. Wenn ich dich davor würde beschützen können, sie zu hören, so würde ich das tun. Aber das kann ich nicht. Du bist eigentlich noch viel zu jung, um dich dem stellen zu müssen, aber das vermag niemand dir abzunehmen.«
Schweigend blickte Rayjhis ihn an, mehrere Sekunden lang, dann nickte er mit verkniffenen Lippen. Er hatte verstanden.
»In wenigen Minuten«, fuhr der König fort, »werden wir alle vor den Rat treten müssen, und auch vor Bischof Maikel und Bischof-Vollstrecker Zherald, als Abgesandte der Kirche. Sie werden dir – und auch deiner Mutter …« – kurz blickte er zu Zhenyfyr hinüber – »… viele Fragen stellen. Einige dieser Fragen werden dich sehr zornig machen. Viele werden dir wehtun und dich traurig machen. Und alles, was du tun kannst, ist, sie so ehrlich zu beantworten, wie du nur kannst. Und ich möchte, dass du nicht vergisst – ich möchte, dass ihr alle nicht vergesst −, dass ihr zu meiner Familie gehört. Ich bin euer Onkel, ich bin euer Vetter. Nichts und niemand – nicht euer Vater, nicht der Rat – kann daran jemals
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