Operation Arche - 1
Dann wurde Caylebs Miene wieder ernster. »Wichtiger noch: Ich kann jederzeit aus der Hauptstadt verschwinden, um hier mit Ihnen allen zusammenzutreffen, ohne dass es jemandem auffiele – deutlich leichter, als Vater das könnte. Aber ich möchte, dass allen Anwesenden eindeutig klar ist: Von jetzt an spreche ich in seinem Namen.«
Er wartete einige Herzschläge ab, wollte, dass diese Information sacken konnte, dann deutete er auf Merlin.
»Ich bin mir sicher, Sie alle haben schon die wildesten Geschichten über Seijin Merlin gehört. Unser Problem ist, dass die meisten dieser Geschichten, so fantastisch sie auch klingen mögen, immer noch weit hinter der Wirklichkeit zurückbleiben.«
Einige seiner Zuhörer rutschten etwas unruhig auf ihrem Sessel umher, als könnten sie nur schwerlich glauben, was ihnen dort gerade gesagt wurde; Cayleb lächelte schmal.
»Glauben Sie mir: es stimmt. Tatsächlich hat Vater sich immense Mühe gemacht, jeden mit halbwegs gesundem Menschenverstand davon zu überzeugen, diese lächerlichen Geschichten zu glauben, weil sie alle tatsächlich wahr sind. Nur zwei Mitglieder des Königlichen Rates, Bischof Maikel und eine Hand voll Leute, denen wir unbedingt vertrauen – wie etwa Ahrnahld hier – kennen die Wahrheit über den Seijin und seine Fähigkeiten. Für jeden anderen ist er nichts weiter als ein neuer Leibgardist und mein Leibwächter – ich habe mich in letzter Zeit mehrmals öffentlich darüber beklagt, dass man mich mit etwas wie einem ›Leibwächter‹ belastet –, der die Aufgabe hat zu verhindern, dass ich mich in meiner Neugier geradewegs in das nächste Attentat hineinmanövriere: ein wertvoller Gefolgsmann, dem ich auch vertraue, mehr aber auch nicht.
Für dieses Vorgehen gibt es mehrere Gründe, und eines der Ziele, die wir verfolgen, dieses Treffen im Geheimen stattfinden zu lassen, ist es, sagen wir … gewisse andere Personen nicht erfahren zu lassen, wie wichtig er für uns wirklich ist. Wie wir alle aus den alten Geschichten wissen, sind Seijin gelegentlich Lehrer und auch Krieger, und genau das ist Seijin Merlin. Er kann uns Dinge lehren, die uns exakt den Vorteil verschaffen könnten, den wir brauchen, um unsere Feinde zu besiegen. Aber Vater ist der Ansicht, es sei dringend erforderlich, dass Leute wie Nahrmahn von Emerald oder Hektor von Corisande, und auch noch weitere, nicht erfahren dürfen, dass Seijin Merlin derjenige ist, der uns diese Dinge lehrt. Wenn aus keinem anderen Grund, dann allein schon deshalb, weil sie keine Kosten und Mühen scheuen würden, ihn aus dem Weg zu räumen, sobald sie das in Erfahrung gebracht hätten.«
Alle Anwesenden hatten sich zu Merlin herumgedreht, während Cayleb diese Erklärung abgab. Merlin erwiderte ihre Blicke und achtete sorgsam darauf, dass seine Miene neutral und ausdruckslos blieb, und Cayleb lächelte erneut.
»Ziel dieser Zusammenkunft ist es, mehrere Dinge zu erreichen«, fuhr er fort. »Den Anfang wird Seijin Merlin machen, der grob skizzieren wird, wie das, was er weiß, und das, was Sie alle wissen, so zusammenpasst, dass wir unsere Ziele auch erreichen können. Aber als Zweites, und das ist ebenso wichtig, werden wir darüber diskutieren, wie Sie sechs sich jeweils das als eigenen Verdienst werden anrechnen können, was uns Merlin an neuen Dingen lehrt.«
Lock Island richtete sich in seinem Sessel auf, blickte sich am Tisch um und schaute dann Cayleb an.
»Bitte entschuldigt, Euer Hoheit, aber habt Ihr gerade gesagt, wir sollen uns das Wissen von Seijin Merlin als eigenen Verdienst anrechnen?«
»Wenn Ihr gestattet, Euer Hoheit?«, fragte Merlin zaghaft, bevor Cayleb etwas erwidern konnte, und der Prinz nickte ihm zu, sodass jetzt Merlin die Frage des Grafen beantworten konnte.
»High Admiral«, setzte Merlin an und blickte geradewegs zu Lock Island hinüber, »vieles von dem, was ich weiß – vieles von dem, was ich Sie ›lehren‹ kann, wie Prinz Cayleb es ausgedrückt hat – wäre von nur beschränktem Wert ohne die praktische Erfahrung, die Sie und diese anderen Männer besitzen. In vielen Fällen, ja sogar in den meisten, wird es das, was Sie alle bereits wissen, erfordern, um das, was ich Ihnen zeigen kann, auch effektiv zu machen.
Jeder von Ihnen ist ein anerkannter Meister seines Fachs, sozusagen Ihres jeweiligen ›Fachgebietes‹, wenn Sie mir diesen Begriff gestatten. Das bedeutet: Wenn Sie sprechen, werden Ihnen die Leute zuhören, und das wird auch wichtig sein, denn vieles von
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