Operation Beirut
Libanon – ebenso wie von den Amerikanern – genug hatte, und ging nach London. Die Agentur bot ihm ein annehmbares Arrangement; sie verlangte, dass er einen Vertrag unterzeichnete, in dem er sich zu ewigem Schweigen verpflichtete, was seine nachrichtendienstlichen Aktivitäten anbelangte. Dann wünschte man ihm noch viel Glück mit auf den Weg. Es fiel ihnen nicht schwer, Fuad ziehen zu lassen; außer Rogers hatte eigentlich keiner je richtig mit ihm zu tun gehabt.
Fuad kaufte sich in London ein Apartment, und zwar im «Pentangle», einem modernen Gebäude nördlich des Hyde Park. Eine seltsame Gegend, in der einst die Prostituierten zu Hause gewesen waren, die den Herren südlich des Parks zu Diensten gewesen waren. Jetzt setzte sich die Bevölkerung fast ausschließlich aus Ausländern zusammen: Saudis, Nigerianer, Iraner, Libanesen, Kuwaitis, Venezolaner. Eine moderne Klasse von Huren. Leute, die ihr Geld im Ausland verdient und es aus irgendeinem Grund für klug gehalten hatten, sich in London niederzulassen. Fuad liebte dieses Viertel. Für einen, der sich verstecken wollte, war dies der ideale Ort.
Er kaufte sich einen Hund, einen enthusiastischen Yorkshireterrier, mit dem er gerne im Park spazieren ging. Und während dieser Spaziergänge unter dem freien Himmel Londons ließ er sich die Ereignisse durch den Kopf gehen, deren Zeuge er im Libanon geworden war; den Tod von Jamal und den von Rogers und den von vielen tausend anderen.
Die Nachrichten aus dem Libanon schienen sich von Woche zu Woche zu verschlechtern. Im Oktober 1983 explodierte eine Lkw-Bombe vor der Kaserne der Marineinfanterie am Flughafen von Beirut und tötete 241 Menschen. Die Vereinigten Staaten reagierten wie ein verwundeter Zyklop, brüllten, schlugen um sich, machten viel Lärm, richteten aber wenig Schaden an. Ein Schlachtschiff aus dem Zweiten Weltkrieg beschoss die drusischen Milizen in den libanesischen Bergen mit Granaten von der Größe von VW -Käfern. Marineflugzeuge warfen Bomben auf syrische Stellungen. Diese Zurschaustellung von Feuerkraft beeindruckte die dortigen Kriegsherren jedoch wenig. Der Außenminister Syriens brachte die Gefühle der betroffenen Staaten auf einen Nenner, als er bemerkte, dass die Amerikaner etwas «außer Atem» zu sein schienen. Im Februar 1984 bauten die Amerikaner ihre Zelte ab und flohen aus dem Libanon, was niemanden weiter überraschte. Sie ließen das Land in einem weit chaotischeren Zustand zurück – und in unendlich größerem menschlichem Elend – als dem, in dem sie es einige Jahrzehnte früher vorgefunden hatten, als sie begonnen hatten, die Rolle eines wohlmeinenden Prokonsuls zu übernehmen.
Eines Tages, nachdem Fuad schon fast ein Jahr lang in London gelebt hatte, ging er in einen Elektronikladen in der Edgeware Road und kaufte sich einen Kassettenrecorder. Er nahm ihn mit nach Hause und begann eine Nachricht aufzuzeichnen, und zwar für den einzigen Amerikaner, dem er eine Erklärung schuldig zu sein glaubte – Frank Hoffman, der Mann, der ihn entdeckt und angeworben und dann mit Tom Rogers zusammengebracht hatte. Er nahm eine Reihe von verschiedenen Versionen seiner Botschaft auf und entschied sich schließlich für die, die am ehesten zum Ausdruck brachte, was er fühlte. Er schickte sie Hoffman nach Saudi-Arabien.
Als Hoffman das Band erhielt, hörte er es sich einmal an, ließ es von seiner Sekretärin abschreiben und vernichtete es. Es hätte niemandem von Nutzen sein können. Er schickte die Abschrift an Edward Stone in Washington:
«Effendi,
ich versuche seit langem dahinterzukommen, was für meine Freunde, die Amerikaner, im Libanon schiefgelaufen ist. Jetzt sehe ich einen Teil der Geschichte, und ich habe das Gefühl, ich sollte Ihnen sagen, was ich weiß. Einem Araber fällt es schwer, sich klar auszudrücken und vor allem ehrlich. Meistens tun wir gerade das Gegenteil. Aber ich will es versuchen.
Ich beginne mit einem Sprichwort, das ich meinem Freund Tom Rogers gesagt habe – an jenem Morgen, bevor er starb, als wir zusammen frühstückten. Es handelt sich um ein
badith
, ein Sprichwort des Propheten Mohammed, und es geht folgendermaßen: Ein einfacher Beduine in der Wüste fragt den Propheten: ‹Soll ich mein Kamel frei laufen lassen und auf Gott vertrauen?› – ‹Nein›, sagt der Prophet. ‹Binde dein Kamel an und vertraue auf Gott.›
Dieses
badith
drückt etwas aus, was wir Araber verstehen, nicht aber ihr Amerikaner. Versprechungen
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