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Operation Beirut

Operation Beirut

Titel: Operation Beirut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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und starrte aus dem Fenster. Um Punkt ein Uhr dreißig tauchte sein Kontaktmann auf, ein würdiger kleiner Herr namens Khoury. Fuad hatte ihn bereits vor dem Restaurant erwartet und manövrierte den Mann nun in ein Seitengässchen. Er nahm das Dokument entgegen, um sich sogleich wieder hastig zu verabschieden. Dann eilte er in Richtung West-Beirut zu den Trümmern der Amerikanischen Botschaft.
     
    Bomben bringen in Beirut immer eine Menge Leute auf die Straße. Als Fuad sich um zwei Uhr dreißig langsam näherte, schob sich bereits eine Menschenmenge die Corniche entlang in Richtung Botschaft. Das Gebiet war durch einen Kordon abgeriegelt, und Fuad musste einem Wachtposten der libanesischen Armee seinen amerikanischen Pass zeigen, um nahe genug heranzukommen, dass er das Gebäude sehen konnte.
    Der Anblick trieb ihm die Tränen in die Augen. Es schien, als sei dem Gebäude das Fleisch weggerissen worden und das schwache Skelett darunter zum Vorschein gekommen. Viele der Überlebenden standen noch in kleinen Gruppen davor, zu benommen, um irgendetwas zu unternehmen. Fuad belauschte ihre Gespräche, und langsam setzte sich ein Bild zusammen von dem, was passiert war.
    Die Leute in der Botschaft hatten die Explosion überhaupt nicht gehört. Das Erste, was sie mitbekommen hatten, war ein Blitz aus heiterem Himmel, dann eine ungeheure Druckwelle, die erst die Fenster eindrückte und dann sie selbst, die sie noch immer auf ihren Stühlen saßen, gegen die Wände der Büros schleuderte. Es war, als seien sie in eine Zentrifuge geraten, sagten die Überlebenden. Staub und Glassplitter schienen in Zeitlupe durch die Luft zu fliegen.
    Nachdem der erste Schock sich gelegt hatte, dachten die meisten zuerst, die Botschaft sei von einer Granate getroffen worden. Einige, die schon Angriffe dieser Art miterlebt hatten, blieben auf dem Boden liegen und warteten auf den nächsten Einschlag. Andere krochen unter Herzklopfen durch Schutt und Trümmer, um die Türen ihrer Bürosafes zu schließen.
    Die Eingangshalle der Botschaft glich nun einem Abbild der Hölle: ein rußgeschwärztes Trümmerfeld voller Rauch und Staub. Überall herrschte Chaos, als Krankenwagen, Feuerwehr, Soldaten der libanesischen Armee und Marineinfanteristen vor der ausgebombten Botschaft aufeinandertrafen. Die US Marines hatten rund um die Botschaft Stellung bezogen. Die jungen Soldaten hantierten mit ihren Waffen, während ihre Blicke die wachsende Menge Schaulustiger durchforschten.
    Hinter ihnen, in den Trümmern der Botschaft, bargen Rettungssanitäter Leichenteile aus dem Schutt.
    Fuad überlegte, ob er einen der Botschaftsangehörigen, die wie erstarrt vor dem Gebäude standen, nach Rogers fragen sollte, entschied sich aber dagegen; es wäre ein grober Verstoß gegen die Sicherheitsvorschriften gewesen. Zudem war er nicht sicher, ob er die Wahrheit jetzt schon wissen wollte. Stattdessen drückte er sich in die schattigen Seitenstraßen Richtung Meer. Als er so am Ufer stand, überkam ihn plötzlich ein eisiges Gefühl; so kalt, dass er erschauerte.
     
    Zurück in seinem Hotel, fragte Fuad, ob jemand eine Nachricht für ihn hinterlassen hatte. Rogers könnte vielleicht eine verschlüsselte Botschaft hinterlegt haben. Doch es gab keinerlei Nachrichten. Ein letzter Rest an Hoffnung führte ihn in das Hotel, in dem Rogers gewohnt hatte, ein anonymes Gebäude, weit ab vom Zentrum in einer Nebenstraße der Rue Hamra. Fuad löcherte den Portier mit Fragen. Befand sich Mr.Rogers auf seinem Zimmer? Hatte er irgendwelche Nachrichten hinterlassen? War er ausgegangen? War irgendjemand in seinem Zimmer gewesen?
    Der Portier weigerte sich, auch nur eine einzige Frage zu beantworten, bis ihm Fuad schließlich 100 libanesische Pfund in die Tasche seines Jacketts schob.
    Rogers sei nicht zurückgekehrt, sagte der Portier. Aber vor einer Stunde seien drei Männer von der Botschaft gekommen, die es sehr eilig gehabt hätten. Sie seien auf Rogers’ Zimmer gegangen, hätten seine Siebensachen zusammengepackt und in ein Auto verfrachtet, das vor dem Hotel auf sie gewartet hatte.
    Sie hätten die Rechnung bezahlt und gesagt, Mr.Rogers sei ausgezogen.

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Teil II
    Beirut; Herbst 1969

Kapitel 1 Beirut; September 1969
    Tom Rogers stieg aus der Maschine der Middle East Airlines aus und trat direkt in ein Bild aus
Tausendundeiner Nacht
. Die neuen Bürotürme und Apartmenthäuser West-Beiruts funkelten in der Nachmittagssonne. Die etwas klein geratenen

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