Operation Blackmail
setzte, und begann zu überlegen. Wie kam er an ihren Laptop?
Er war seine letzte Chance, doch noch Solveighs Unschuld nachzuweisen.
Geschlagene zwanzig Minuten zermarterte er sich das Hirn, aber die
einzige Lösung, die ihm einfallen wollte, schmeckte ihm überhaupt nicht.
Langsam wurde ihm kalt auf dem Dach, und da er noch nie ein Freund davon gewesen
war, überfällige Entscheidungen zu vertagen, machte er sich zähneknirschend auf
den Rückweg. Dann eben auf die harte Tour, dachte er bei sich, als er seinen
Rollstuhl auf den Treppenlift bugsierte.
»Hey, Pollux«, rief er von Weitem, als er auf das improvisierte
Gefängnis zusteuerte. Die ECSB besaà keine Extra-Räumlichkeiten für solche Fälle,
die Verhaftung von Solveigh war die erste in der jungen Geschichte ihrer
Einheit. Der groÃe, schwere Mann grinste ihn an, als freue er sich aufrichtig,
ihn zu sehen: »Hallo, Eddy. Willst du zu ihr?«
»Du hast es erraten. Wohin sonst in diesem hinterletzten Winkel
unseres Büros?«, feixte Eddy. »Oder lässt du mich nicht rein?«
»Ich habe Anweisung, sie nicht rauszulassen. Von Reinlassen war
keine Rede. Also roll rüber«, forderte Pollux und hielt ihm die Tür auf.
Solveigh lag rücklings auf einem Feldbett, das sie irgendwo
aufgetrieben hatten. Die Arme hinter dem Kopf verschränkt, starrte sie zur
Decke. Nachdem Pollux die Tür geschlossen hatte, begrüÃte sie Eddy mit ihrer
gewohnt distanzierten Art, die sie niemals abgelegt hatte, obwohl sie sich so
gut kannten: »Na, Eddy?«
Sie hatte nicht mal zur Tür gesehen und wusste, dass er es war.
Wahrscheinlich hatte sie bemerkt, dass sich keine Schritte näherten â oder sie
hatte ihn mit ihrer überfeinen Nase gerochen. Typisch Solveigh. Während er sich
zu ihr rübermanövrierte, schnüffelte er an seinen Achseln. Es ging noch,
entschied er.
»Hey, Slang, wie gehtâs?«
»Na, was glaubst du wohl?«, fragte sie zurück und setzte sich auf.
»Beschissen gehtâs. Danke der Nachfrage.«
»Ist ja schon gut, Slang. Ich brauche deine Hilfe.«
»Und wofür? Schon vergessen, ich bin die Verräterin, Miss Blumenkohl
2010. Und wahrscheinlich Berlusconis Poolgirl.«
»Hör auf damit, und hör mir zu. Natürlich glaube ich kein Wort von
dem, was Andreas sagt.« Andreas war ihr Systemadministrator und derjenige, der
ihre angebliche Spionage bemerkt und gemeldet hatte. »Aber das reicht nicht.
Ich bin sicher, auch Thater hält dich für unschuldig, aber bei der Beweislage
sind ihm die Hände gebunden.«
»Wen hat er nach Frankfurt geschickt?«, wollte Solveigh von ihm
wissen.
»Brix. Aber mach dir nichts draus.«
»Ich mach mir nichts draus. Er ist gut, dann kriegen wir wenigstens
die Ergebnisse, und er versaut uns nicht den Fall, bis das hier vorbei ist.«
Eddy wurde ernst: »Slang, ich glaube, du verkennst die Lage. Die Beweise
sind absolut lückenlos und eindeutig. Das hier wird nicht einfach aufhören. Das
ist kein SpaÃ.«
»Und was sollen wir deiner Meinung nach unternehmen?«, fragte
Solveigh. Eddy erläuterte ihr seinen Plan.
Um 21:59 Uhr war Eddy einigermaÃen sicher, dass er den
Einbruchsversuch wagen konnte. Er rollte zu Solveighs Schreibtisch und zog die
unterste Schublade auf. Hier würde er es finden, hatte sie ihm versprochen. Und
tatsächlich. Da lag das schwarze Nylonetui mit dem Werkzeug, das er brauchen
würde. Die einzige Idee, die ihm auf dem Dach gekommen war, hieà Diebstahl. Es
war ein riskantes Unterfangen, aber ihm war nichts Besseres eingefallen, und Solveigh
hatte ebenso passen müssen.
Mittlerweile verrichtete die Nachtbesetzung ihren Dienst, nur
vereinzelt hörte er das sonst omnipräsente Tippen der Computertastaturen. Die
Flure waren verwaist, das Licht gedimmt, er konnte sich ungehindert
vorwärtsschieben, nur das leise Abrollen der Räder auf dem Holzboden hätte ihn
verraten können. Sie hatten für eine groÃe Asservatenkammer ebenso wenig
Verwendung wie für ein ordentliches Gefängnis. Sie behalfen sich auch hier mit
einem normalen Büroraum. Leider hatte Sicherheitschef de Jong ihm ein modernes
Schloss verpasst, obwohl das Büro der ECSB schon dreifach nach auÃen abgesichert
war. Um hineinzugelangen, brauchte er Solveighs Dietriche, und sie hatte ihm
haarklein erklärt, wie er damit umzugehen hatte. Zunächst hatte
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