Operation Blackmail
der Bank. In
einer Woche würde alles vorbei sein. Und er und sein Partner um 500000000 Euro
reicher.
Während der Magier Roxxor schon in der abgelegenen Burgruine des
Rollenspiels wartete, erinnerte ihn das vertraute »Ping« daran, dass seine
kleine Solveigh wieder ins Netz gegangen war. Da bist du ja endlich wieder, wo
hast du denn so lange gesteckt, meine Hübsche?, fragte sich Mao und wechselte
zu seinem Ãberwachungsprogramm. Der Magier konnte kurz auf sich alleine
aufpassen, zur Not musste Leonid halt ein paar Minuten warten. Ihn interessierte
im Moment viel mehr, was die Ermittlerin umtrieb. Sie informierte sich auf
einigen deutschen Nachrichtenseiten über die aktuelle Berichterstattung zur
EuroBank-Erpressung. Und sie war in Amsterdam, aber nicht im Büro. Die
IP-Adresse stimmte nicht mit dem früheren Nummernkreis überein, hinter dem er
das gut geschützte Netzwerk der ECSB vermutete. Wahrscheinlich war sie zu
Hause. Er stellte sich vor, wie sie in einer viel zu kleinen Altbauwohnung, zu
der eine viel zu steile Treppe führte, auf dem Sofa lag und im Internet surfte.
Wahrscheinlich war es zugig in der Wohnung, und auf einem alten Gasherd dampfte
heiÃes Wasser für eine Tasse billigen Tee. Es war gut, dass sie zu Hause war,
das machte sie für seine Attacken viel anfälliger. Er lehnte sich zurück, um
genüsslich ihre Aktivitäten zu beobachten. Gewisse voyeuristische Züge musste
er sich zugestehen, es machte ihm SpaÃ, an ihrem Leben teilzuhaben, ohne dass
sie es ahnte. Gerade öffnete sie eine Anwendung, die den Kurssturz der
EuroBank-Aktie in den Kapitalverlust des Instituts umrechnete, da fiel ihm
Leonid wieder ein. Er wechselte kurz das Programm und schlüpfte in die Rolle
von Roxxor, dem Magier.
In dem mittelalterlichen Wald lief Roxxor nach drauÃen. Die
virtuelle Welt änderte die Tageszeit analog zur europäischen Zeitzone. Es war
dunkel, der Mond schien über den Baumwipfeln und tauchte die Szene in ein
fahles Licht. Die Vögel schliefen, auÃer dem Wind, der die Ãste gegeneinanderschlagen
lieÃ, war es wunderbar still. Nur das gedämpfte Knirschen seiner Schritte
begleitete ihn auf dem ausgetretenen Pfad, als er in der Ferne Hufgeklapper
vernahm. Das musste Grimmgold sein, der auf der StraÃe von Osten aus dem
kleinen Ort herangeritten kam. Der Magier setzte sich auf den Weg und wartete.
Sekunden später bog der Zwerg um die Ecke und galoppierte auf ihn zu. Ganz der
stürmische Krieger. Nur wenige Meter vor ihm stieg der dicke Zwerg mit dem roten
Rauschebart ab, machte aber keine Anstalten, ihn zu begrüÃen.
»Seid gegrüÃt, Meister Grimmgold. Habt Ihr Neuigkeiten von der Front
im Osten?«
»Hast du etwas für mich?«, tippte der Zwergenkrieger zurück.
»Nein, leider. Ich habe noch nichts von ihm gehört. Halt still, und
bleib, wo du bist, wie wir es besprochen haben.«
»Okay«, sagte der Zwerg und stieg ohne ein weiteres Wort wieder auf
sein Pferd.
»Mögen Eure Reisen sicher sein, Meister Grimmgold«, verabschiedete
ihn der Magier, aber sein Freund war schon über alle Berge. Zurück blieb nur
eine dicke Staubwolke, die sein Rappe hinterlassen hatte. Roxxor kehrte in die
verlassene Burgruine zurück und setzte sich auf den wurmstichigen Holzboden.
Zeit für Miss Lang, bemerkte Mao und wechselte von dem Spiel zu
seinem Desktop, jedoch ohne die Mittelalter-Welt abzuschalten. Er lieà sie fast
immer im Hintergrund laufen, Performance war bei seinem hochgezüchteten Supercomputer
kein Problem. Sie surfte immer noch im Internet, schien sich systematisch durch
die Nachrichtenseiten zu ackern. Sie las beinahe jeden Artikel, ob es sich um
Fusionsgerüchte oder einen Beitrag mit Bewerbungstipps handelte. Mao wusste
nicht genau, warum, aber irgendetwas daran machte ihn stutzig. Ohne lange
darüber nachzudenken, überprüfte er, welche Prozesse auf seinem Rechner
ausgeführt wurden und welche Dateien durch seine Internetverbindung strömten.
Die Prozessliste ergab auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches, aber die
Verbindungsliste war auffällig. Mao zog die Augen zusammen und richtete sich
kerzengerade auf. Irgendein Programm schickte massenweise Daten nach drauÃen.
Das konnte unter bestimmten Umständen schon einmal vorkommen, aber es erschien
ihm trotzdem verdächtig. Noch einmal nahm er sich die Liste der Prozesse vor.
Was verbarg sich hinter
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